Mit einer Kundgebung auf dem Rathausmarkt haben etwa 600 Hebammen und Eltern aus ganz Deutschland am Donnerstag für eine flächendeckende Hebammenversorgung und bessere Arbeitsbedingungen für die Geburtshelferinnen gefordert.
Der Deutsche Hebammenverband hatte anlässlich der GesundheitsministerInnenkonferenz zu der Demonstration aufgerufen. Die Konferenz findet in diesem Jahr unter Vorsitz der SPD-Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks in Hamburg statt. Auch das Thema Hebammen steht auf der Tagesordnung. Anlässlich der Veranstaltung übergaben die AktivistInnen die sogenannte „Landkarte der Unterversorgung“ sowie die Online-Petition „Retten Sie unsere Hebammen!“ mit über 420.000 Unterschriften an Prüfer-Storcks und Bundesminister Hermann Gröhe. Diese verschwanden nach der Entgegennahme jedoch unter Pfiffen und Buhrufen zügig ins Rathaus, ohne noch ein paar Worte an die Versammelten zu richten.
Auf dem Platz waren Schnüre gespannt, an denen Tausende von Statements hingen: diese bildeten „längste Nabelschnur der Welt“. Die Statements waren schon auf vorigen Demos eingereicht worden. Die „Nabelschnur“ ist inzwischen über zwei Kilometer lang und wächst weiter. Wer selbst in der Situation ist, keine Hebamme in der Nähe zu finden, kann sich außerdem immer noch an der Onlineversion der Landkarte der Unterversorgung der Kampagne „Meine Geburt – Natürlich und sicher“ beteiligen und so Engpässe aufzeigen.
Sprecherinnen aus dem Präsidium des Deutschen Hebammenverband e.V. erklärten, dass sich das Problem der Unterversorgung mit Hebammen nicht nur auf den ländlichen Raum beschränke sondern auch in Hamburg bestehe. Durch die fehlende Versorgung sei die Wahlfreiheit des Geburtsortes für ein Kind, die in der Theorie garantiert ist, nicht mehr gewährleistet: „Das sind keine Einzelfälle. Dieser Missstand kann und darf nicht im Interesse der PolitikerInnen sein. Die haben scheinbar Zeit – wir nicht“, so eine der RednerInnen. Sie forderte, eine verlässliche Datengrundlage zu schaffen und Taten folgen zu lassen. „Bisher wurden nur Symptome behandelt, nicht aber die Ursachen angegangen. Jetzt muss endlich eine strukturelle Lösung her.“ Zumal Hebammen inzwischen nicht nur kaum zu leistende Versicherungsbeiträge zahlen müssten, sondern erst gar keine Angebote für eine Haftpflichtversicherung mehr bekämen.
Vertreterinnen der einzelnen Bundesländer zeigten regionale Probleme auf. So seien etwa im Saarland nur vier von zehn Geburtskliniken Belegkliniken, in Niedersachsen sei die Zahl der freiberuflichen Hebammen von 340 im Jahr 2007 auf 119 im Jahr 2014 gesunken. Elke Pirrhs vom Hebammen-Landesverband Thüringen zeigte sich „arg betroffen und sehr wütend“ über den Zustand der Geburtshilfe in Deutschland. Sie berichtete, dass viele Hebammen in ehrenamtlicher Arbeit versuchten, die Lücken zu schließen. Dabei blieben sie aber weit hinter ihren eigenen Ansprüchen zurück, der Aufwand sei einfach nicht mehr schaffbar. Gleichzeitig könnten freie Stellen nicht mehr besetzt werden. „Es ist jetzt wirklich fünf nach zwölf – wir brauchen wieder gute Arbeitsbedingungen“, forderte sie. Schon seit Jahren gehen die Hebammen für eine Verbesserung ihrer Situation auf die Straße. Und sie sind sich einig, dass sie das auch in Zukunft weiterhin tun werden, sollte sich ihre Lage nicht bald verbessern.
Fotos: Tobias Johanning
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