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Kommentar zum Kersten-Miles-Klo: Zurück zum Zaun?

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Schon wieder stehen die Obdachlosen unter der Kersten-Miles-Brücke auf St. Pauli im Kreuzfeuer von Medien und Politik. Für unseren Autor Dominik Brück nur ein weiterer Akt in der langen Geschichte der Verdrängung unliebsamer Menschen.

Die Bildzeitung besinnt sich wieder auf das, was sie am besten kann und hetzt gegen Schwächere. „Dieser Park ist eine Schande für Hamburg“ schreibt das Blatt am Mittwoch. Gemeint ist damit der alte Elbpark auf St. Pauli – genauer das Toilettenhäuschen unter der Kersten-Miles-Brücke. Hamburgs erste Adresse wenn es um das Verbreiten von Angst und Vorurteilen geht, zitiert zugleich Menschen, die wissen müssen wie schlimm die Zustände unter der Brücke sind: vorbeilaufende Touristen. Aber auch Politiker und das Bezirksamt sind sofort dabei, wenn es um die Beschreibung der angeblich unhaltbaren Zustände geht. All diejenigen, die jetzt laut nach einem Abriss des Klohäuschens schreien, sollten einmal überlegen, warum die Toilette dort überhaupt gebaut wurde.

Ein Zaun wird stadtbekannt

Die neue Kampagne der Bildzeitung ist nicht neu. Bereits 2011 machte die Brücke an den Landungsbrücken Schlagzeilen. In den Medien häuften sich schon damals die Berichte über schlimme Zustände. Es sei schmutzig, würde stinken und die Obdachlosen seien gewalttätig hieß es damals. Ein solches Bild von der schönsten Stadt der Welt wollte man den Touristen natürlich nicht zumuten – schließlich braucht Hamburg vor allem eins und das sind mehr Besucher für all die Attraktionen der Stadt. Da lag es nahe, die Menschen die nicht ins Bild der sauberen Hansestadt passen, auszusperren – und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Der damalige Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) ließ einen Zaun unter der Brücke errichten, um den Obdachlosen endgültig den Zugang zu ihrem Schlafplatz zu verwehren. Vorher hatte man bereits versucht durch das Setzen von Steinen und das Anstauen von Wasser den Aufenthalt unter der Brücke so unangenehm wie möglich zu machen. Schreiber hatte sich jedoch verrechnet: Statt das Thema aus der Welt zu schaffen – oder besser gesagt zu verdrängen – kam es zu einer Protestwelle gegen den Zaun. Auch das wollte man den heißgeliebten Touristen natürlich nicht zumuten und baute die innerhamburgsiche Grenze zwischen Arm und Reich wieder ab. Schreiber musste kurz darauf seinen Stuhl räumen, das Klo wurde gebaut, um die hygienischen Zustände unter der Brücke zu verbessern.

Wir reden hier von Menschen

Das Hetzblatt Bild ist nun überrascht, dass Menschen, die im Freien leben müssen, in dem Toilettenhäuschen Schutz und Wärme suchen. Und die zitierten Touristen wundern sich, warum es an einem Ort unhygienisch ist, an dem ein Dutzend Menschen auf engem Raum Zuflucht suchen. Für mich ist das keine Überraschung, sondern Ausdruck dessen worüber man wirklich nachdenken sollte: Das Klo steht für den Versuch eine als störend empfundene Gruppe so gut wie möglich aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit zu schaffen. Die Toilette war nie als Lösung im Sinne der Menschen gedacht, sondern der vermeintlich günstigste Weg das Bild von der sauberen Hanse- und Touristenstadt Hamburg aufrecht zu erhalten.

Der Plan ist fehlgeschlagen und das aus gutem Grund: Die Verantwortlichen haben vergessen, dass wir hier nicht über kaputte Straßen oder ungepflegte Grünanlagen reden, sondern über menschliche Wesen. Die Bild und alle, die jetzt nach einem Abriss der Toilette schreien, sollten sich diesen Fakt einmal vor Augen führen. Wenn dann hinter Machtgier und wirtschaftlichen Interessen noch ein Funken Menschlichkeit geblieben ist, kann man versuchen eine Lösung der Situation zu finden, indem man den Obdachlosen dort wirklich hilft – und zwar mit Sozialarbeitern und vor allem günstigen Wohnungen.

Wir können uns natürlich auch für den einfachen Weg entscheiden. Dieser heißt: Zurück zum Zaun! Im Zuge der Umgestaltung des Alten Elbparks würde dann gleich ein Zaun um die Anlage gezogen und der Park überwacht, so wie man es bei Planten und Bloomen bereits tut und in Wilhelmsburg plant. Den Menschen unter der Brücke würde das zwar nicht helfen, aber die Touristen könnten ungestört nach einer wilden Nacht auf der Reeperbahn in den Park pinkeln.

Kommentare anzeigen (4)

4 Kommentare

  1. Sascha

    5. März 2014 at 12:03

    Aus den Augen aus dem Sinn. Das war schon immer so und wird auch immer so bleiben. Traurige Gesellschaft. Wir haben aus der Vergangenheit nichts gelernt, im gegenteil.

  2. Jens-Peter

    5. März 2014 at 14:29

    Moin,

    Voraus schicken möchte ich das ich den BILD Beitrag auch für daneben halte.

    Ich bin allerdings schon der Meinung das durchaus wenn auch wenige Plätze gibt, an denen man Obdachlose nicht dulden muss. Allerdings nur wenn im gleichen Zuge auch andere Angebote wie Sozialarbeitern und Wohnangeboten.

    Bis zu den Geschehnissen 2011 gehörte für mich die Kersten-Miles-Brücke dazu.

    Doch zunächst wurde nach der Sanierung der Brücke die Fläche darunter wie bei öffentlichen Plätzen üblich gestaltet. Die Findlinge und der kleine Bachlauf waren ursprünglich nicht zur Vertreibung der Obdachlosen gedacht sondern einfach nur damit es vernünftig aussieht.

    Durch die Proteste die nach dem Zaun folgten hat bei mir durchaus ein Umdenken eingesetzt. Ich musste erkennen das an dieser Stelle die Obdachlosen wohl zum Lokalkolorit gehören.

    Es passierte das was oft in solchen Fällen getan wurde, es gab einen runden Tisch mit allen die sich zu diesen Thema berufen fühlten zu reden.

    Diese Vorgehensweise ist Bürgerbeteiligung die Förder- und unterstützungswürdig ist. Es wurde also nicht von amts wegen so gehandelt.

    Es wurde eine Lösung, die ein Klo vorsahen das von den Obdachlosen in Eigenregie gepflegt wurde, sowie eine verstärkte Betreuung durch Sozialarbeiter.

    Das Klo steht also für die Menschen da, weil der weg zu den in den Landungsbrücken vorhanden öffentlichen Toiletten nicht zumutbar war.

    Zunächst war das Bezirksamt jedoch erst einmal damit beschäftigt einige LKW-Ladungen Hilfsgüter – genauer Sperrmüll – abzutransportieren die sich
    zwischenzeitlich dort angesammelt hatten.

    Das Klo wurde gebaut und außer dem Amt gingen nun alle Beteiligten ihrer Wege.

    Das das Klo nicht zur Übernachtung geplant war ist denke ich jedem klar. Es ist auch davon auszugehen das die Menschen unter der Brücke nicht mehr dieselben sind.

    Wenn nun die Verhältnisse dort unhaltbar geworden ist würde ich gerne in der „Mittendrin“ einmal erfahren wie die Sichtweise der zuständigen Sozialarbeiter ist, und hoffe das dies Ansätze zu sinnvollen Verbesserungen gibt.

    • Kuni

      7. März 2014 at 09:54

      Ihr Kommentar ist Menschenverachtend und zeugt von wenig bis keiner Empathiefähigkeit Ihrerseits!

    • Hannes

      7. März 2014 at 17:49

      „Ich bin allerdings schon der Meinung das durchaus wenn auch wenige Plätze gibt, an denen man Obdachlose nicht dulden muss.“

      Schon mal was von dem Begriff „öffentlicher Raum“ gehört?

      „Die Findlinge und der kleine Bachlauf waren ursprünglich nicht zur Vertreibung der Obdachlosen gedacht sondern einfach nur damit es vernünftig aussieht.“

      Das ist falsch! Man hat das bewußt so gebaut, um auf dem Boden nicht mehr sitzen/liegen zu können.

      „Ich musste erkennen das an dieser Stelle die Obdachlosen wohl zum Lokalkolorit gehören.“

      Blödsinnige Polemik.

      „Das Klo steht also für die Menschen da, weil der weg zu den in den Landungsbrücken vorhanden öffentlichen Toiletten nicht zumutbar war.“

      Die Menschen „wohnen“ und leben dort. Ich schätze mal, dass zwischen Bett und Deinem Klo in deiner Wohnung auch nicht mehrere hundert Meter liegen.
      Im Übrigen stammen die Verunreinigungen dort, aber auch in anderen gegenden des Kiezes, vor allem von den zig tausend Beuschern des Selbigen.

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