Am Freitagvormittag wurde im Gängeviertel in der Caffamacherreihe 43-49 einer Baubeginnparty anlässlich des Sanierungsstarts gefeiert. Die Initiative „Komm in die Gänge“ nutzt diesen Schritt in der Weiterentwicklung des Gängeviertels jedoch auch, um einen kritischen Blick auf die Kooperation mit der Stadt zu werfen.
Konfetti und Geldscheine aus Papier wehen am Freitag durch die Caffamacherreihe. Dazu schallt aus den Boxen Nena mit „99 Luftballons“. Eben solche schmücken auch den Eingang des hinter einem Baugerüst versteckten Gebäudes. Mit fast einem Jahr Verspätung beginnt hier heute offiziell die Sanierung des Gängeviertels. Durch die Instandsetzung einer Fernwärmeleitung von Vattenfall verzögerte sich der Beginn der Modernisierung. „Vor mehr als vier Jahren haben wir, die Initiative „Komm in die Gänge„, das Gängeviertel gerettet. Wir haben den langjährigen Leerstand der zwölf historischen Häuser beendet und es zu einem lebendigen Möglichkeitsraum im Herzen Hamburgs gemacht“, heißt es in dem Positionspapier der Initiative und der Gängeviertel Genossenschaft anlässlich des Sanierungsbeginns. Die Sanierung sei ein wichtiger Schritt, für den die Initiative lange gekämpft habe.
„Es ist großartig, dass die Sanierung nun beginnt“, sagt Michael Mathe, Leiter des Fachamts Stadt- und Landschaftsplanung. „Wir beginnen mit der Sanierung zweier Wohnhäuser. Im Frühjahr 2014 soll es dann auch mit der Fabrik weitergehen.“ Grade Fragen des Denkmalsschutzes und der Möglichkeiten des Erhalts der historischen Fassaden werden den Sanierungsprozess weiterhin begleiten. „Deshalb wird die Sanierung auch durch den Sanierungsbeirat Gängeviertel begleitet“, sagt Mathe weiter. Die konkreten Arbeiten in den beiden Gebäuden sollen im Wesentlichen folgende Maßnahmen umfassen: Instandsetzung und Ertüchtigung der Gebäudekonstruktion, Instandsetzung und Erneuerung des Daches, der Fenster und der Haustechnik, Verbesserung von Schall-, Wärme- und Brandschutz, Herstellung der erforderlichen Abstellräume, Einbau von Bädern und Küchen, wodurch auch kleinere Grundrissänderungen vorgesehen sind, um die Wohnqualität zu erhöhen. Nach voraussichtlich eineinhalb Jahren Bauzeit sollen die insgesamt 13 Wohnungen und fünf Gewerbeeinheiten wieder bezogen werden können.
Auch die Initiative begrüßt den Beginn der Sanierungsarbeiten, lässt jedoch auch den bisherigen Prozess der Zusammenarbeit mit der Stadt Revue passieren: „Wir haben uns unter Kooperation etwas anderes vorgestellt und uns mehr versprochen, als wir im September 2011 mit der Stadt Hamburg eine Kooperationsvereinbarung unterschrieben haben“. Besonders kritisiert die Initiative, dass es seit dem Einsetzen der „steg“ als Treuhänderin und Sanierungsträgerin keine Gespräche mehr mit der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt gegeben habe. „Wir haben dringenden Redebedarf“, heißt es in dem Positionspapier. Mit dem Verweis auf die Einhaltung von Zeit- und Kostenplänen seien schon jetzt relevante Sanierungsziele vom Tisch gewischt worden. Insbesondere im Bezug auf den Denkmalschutz fordert die Initiative einen stärkeren Dialog und kreative Lösungen. „Gerade in komplexen Bauabschnitten wie der Schier´s Passage ist es unbedingt nötig, neue Wege im Denken und Handeln zu beschreiten“. Werde hier die sonst übliche Schwammsanierung angewendet, gefährde dies die Bausubstanz. Werde hier herkömmliche Außendämmung aufgebracht, würden darunter die Klinkerfassaden verschwinden. „Wenn wir das akzeptieren, hätten wir es uns damals sparen können, die Häuser vor dem Abriss zu bewahren“, heißt es aus der Initiative. Auch der Sanierungsbeirat fordere eine stärkere Berücksichtigung des Denkmalschutzes bei der Sanierung des Gängeviertels ein.
Gerade, weil die Häuser auch nach der Sanierung durch die Gängeviertel Genossenschaft weiter selbst verwaltet werden sollen, liegt den Beteiligten die Nachhaltigkeit der Sanierung besonders am Herzen. „Wir akzeptieren nicht, dass mit dem Totschlagargument der Kostendeckelung die Sanierung des Gängeviertels im Standard des Üblichen stecken bleibt.“ Die bei Bausymposien mit Experten, wie Architekt Joachim Reinig, erarbeiteten alternativen Lösungsmöglichkeiten sollen aus Sicht der Initiative bei der Sanierung nun auch Beachtung finden.
„Beim bisherigen Prozess wurde das Ziel einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe aus unserer Sicht verfehlt“, heißt es in dem Positionspapier der Initiative. Im weiteren kritisiert diese vor allem, dass die Stadt das Projekt Gängeviertel für die eigene Außendarstellung nutzt, die Initiative „Komm in die Gänge“ dabei jedoch kaum Erwähnung finde. „Die Chance muss ergriffen werden, mit dem Gängeviertel ein kooperatives Projekt zu realisieren, welches auch in der Sanierungsphase mit innovativen Schritten den Weg in die Zukunft wagt, das Experimente zulässt, Alternativen erforscht und das nicht primär an Vorschriften, sondern am Menschen orientiert“, fordert die Initiative „Komm in die Gänge“ mit Nachdruck.
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