Im Rahmen des Christopher Street Day und der Pride-Week steht in Hamburg alles im Zeichen der Regenbogenfahne. Bei Aktionen, Veranstaltungen und der Parade am kommenden Wochenende wird erneut deutlich, dass Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans* weiter für ihre Rechte eintreten und sich nicht verstecken. Gleichzeitig zeigen antihomosexuelle Gewalttaten in dieser Woche, dass noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten ist, damit Diskriminierung und Benachteiligung endgültig der Vergangenheit angehören.
Seit Mittwoch weht die Regenbogenfahne kurz vor Beginn des 33. Christopher Street Day (CSD) wieder gut sichtbar über dem Rathausmarkt. Als Zeichen für die Forderung nach Gleichberechtigung für Homosexuelle und gegen die Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans* hisste die Senatorin für Justiz und Gleichstellung, Jana Schiedek, gemeinsam mit Mitgliedern des Vorstandes von Hamburg Pride e.V. das Symbol auf dem Balkon des Rathauses. „Wir zeigen Flagge für die vollständige Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen“, sagt Jana Schiedek. Eine überwältigende Mehrheit der BürgerInnen befürworte die Gleichstellung von eingetragener Lebenspartnerschaft und heterosexueller Ehe. „Dennoch müssen Lesben und Schwule jedes einzelne Recht vor Gericht erstreiten. Das ist keine gestaltende Politik sondern beschämend“, sagt Schiedek in Richtung der Bundesregierung. Der CSD steht in diesem Jahr unter dem Motto „Mehrheit für Vielfalt: Du hast die Wahl“. Ohne eine Wahlempfehlung abgeben zu wollen macht die Community so deutlich, dass bei der Bundestagswahl am 22. September auch das Thema Gleichstellung eine wichtige Rolle spielen wird. Dieser Forderung wird auch am Sonnabend ab 12 Uhr auf der bunten Parade durch die Hamburger Innenstadt Ausdruck verliehen. Anschließend bietet sich die Gelegenheit rund um die Alster ausgelassen zu feiern.
Gedämpft wird die Feierstimmung durch mehrere antihomosexuelle Gewalttaten in den vergangenen Tagen. Am Sonntag wurden im Stadtpark gezielt schwule Männer von Jugendlichen beleidigt und mit Elektroschockern bedroht. Die Überfälle wurden bereits bei der Polizei zur Anzeige gebracht. In der Nacht zu Mittwoch wurden dann die Frontscheiben des Magnus-Hirschfeld-Centrums für Lesben, Schwule, Bi und Trans* von Unbekannten mit Pflastersteinen beworfen. Die Polizei hat die Ermittlungen bereits übernommen. Ein zum Zeitpunkt des Angriffs anwesender Mitarbeiter blieb unverletzt. „Gerade jetzt zum CSD zeigt der Angriff, wie wichtig es ist, ständig für Toleranz und gegen Homophobie zu kämpfen“, sagt Philipp-Sebastian Kühn, Fachsprecher für Schwule und Lesben der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Jeder sei am Wochenende aufgerufen gegen antihomosexuelle Gewalt und für ein friedliches Miteinander auf die Straße zu gehen.
Ein wichtiger Baustein, um gegen Intoleranz und Gewalt gegenüber Homosexuellen vorzugehen, ist die frühzeitige Aufklärung. „Die Angst vor dem Unbekannten ist sehr hoch, das ist typisch menschlich“, sagt Jascha Kolster vom Aufklärungsprojekt SOORUM. Homophobie, die in Gewalt münde, sei jedoch niemals zu tolerieren. Das Projekt, das in den Räumlichkeiten des Magnus-Hirschfeld-Centrums angesiedelt ist, bietet Seminare für Schulklassen zum Thema Homosexualität an. „Der Angriff motiviert weiter zu machen, da ich noch keine Klasse erlebt habe, bei der unsere Arbeit keinen Erfolg gezeigt hat“, sagt Kolster. Das Thema Aufklärungsarbeit an Schulen wurde am Mittwoch bei einer Podiumsdiskussion der SPD-Bürgerschaftsfraktion intensiv diskutiert. „LehrerInnen haben einen großen Einfluss auf ihre SchülerInnen. Wenn das Thema Homosexualität in der Schule als normal behandelt wird, sind die SchülerInnen in der Regel auch sehr tolerant gegenüber Homosexuellen“, sagt Finn Jagow von den Schwulen Lehrern Hamburg. Es sei dabei besonders wichtig, dass Schwule, Lesben, Bisexuelle und Trans* an den Schulen sichtbar seien. Viele LehrerInnen sind jedoch unsicher, wie sie dieses Thema in ihren Unterricht einbinden sollen. An den Schulen ist jedoch derzeit eine Veränderung erkennbar, durch die Homosexualität verstärkt im Schulalltag thematisiert wird. „Schulen erkundigen sich nach Beratungsmöglichkeiten für die Lehrkräfte. Das hat es vor vier bis fünf Jahren noch nicht gegeben“, sagt Beate Proll vom Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung.
Trotz aller Initiative von ehrenamtlichen Projekten, wie SOORUM, und dem Engagement von LehrerInnen in den Schulen, ist die Aufklärungsarbeit, besonders finanziell, auf die Unterstützung der Politik angewiesen. „Das Thema sexuelle Orientierung in der Bildungspolitik zu platzieren ist leider schwierig“, sagt Lars Holster, schulpolitischer Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion. Er setze sich jedoch auch dafür ein, bestehenden Projekten weitere Unterstützung garantieren zu können.
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