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Hamburger Initiativen für den Arabischen Frühling – „Yalla“

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Paul Steffen

*1967 | Leiter der Jungen Akademie für Zukunftsfragen in Hamburg | Politologe & Dozent: Politik, Gesellschaft, Kultur | Kontakt: paul.n.steffen@web.de

Foto: Arne List Gründungsworkshop von Yalla im Oktober 2011Dies ist der erste Teil einer Serie über Hamburger Initiativen und Vereine, die  jüngste Protestbewegungen weltweit unterstützen. Paul Steffen, Leiter der Jungen Akademie für Zukunftsfragen, führt dafür Interviews mit den Mitgliedern der Initiativen. Im ersten Teil stellt Imen Bessassi die Initiative „Yalla – für Freiheit und Demokratie“ vor. Die 30-Jährige studiert Kulturanthropologie und Politikwissenschaften an der Universität Hamburg und ist eine Mitbegründerin von „Yalla“. 

Paul Steffen: Imen Bessassi, was ist „Yalla“?

Imen Bessassi: „Yalla“ bedeutet auf deutsch „Vorwärts“ oder auch „Los geht’s“. Wir sind eine Initiative meist arabischer Hamburger, die sich – inspiriert durch den so genannten Arabischen Frühling – für die Freiheits- und Demokratiebewegungen in den arabischen Ländern auch hier vor Ort einsetzen. Dafür wollen wir erst mal mit öffentlichen Veranstaltungen die Hamburger für die jüngsten Entwicklungen im arabischen Raum interessieren oder sie darüber auf dem Laufenden halten.
 Dabei können wir mit unseren Kontakten und Kultur- und Sprachkenntnissen, ergänzend zu den Medien, auch andere und konkretere Informationen zugänglich machen. Wir verstehen uns also als Begegnungsforum – offen und transparent – für Interessierte, Gleichgesinnte und Sympathisanten des Arabischen Frühlings und als Brücke zur Arabischen Welt nach der Revolution.

Paul Steffen: Wer seid ihr genau und wie seid ihr organisiert?

Imen Bessassi: Eigentlich sind wir ganz unterschiedlich zusammengesetzt. Na ja, manche von uns kommen ursprünglich aus dem nordarabischen Raum, oder ihre Eltern kommen daher. Andere haben sich schon immer für den Islam oder die Arabische Welt interessiert. Wir sind eher jüngere Berufstätige, Studenten, Fotografen usw., arbeiten ehrenamtlich und jenseits traditioneller Partei- oder Verbandsstrukturen, also finanziell unabhängig und als Initiative ohne religiöse Ausrichtung, obwohl manche von uns Muslime sind. Organisiert sind wir als Initiative, beziehungsweise als relativ flexibles Netzwerk. Wir haben zwar ein gemeinsames Konzept und einen Internetauftritt, aber keine Vereinssatzung oder eine feste Mitgliederliste. Dazu gibt es viel zu viele Freunde von Yalla, die nur zu einzelnen Veranstaltungen bei uns dabei sind. Manchmal sind wir mehr Ägypter oder Syrer, das hängt von der jeweiligen Veranstaltung ab. Diese Offenheit ist für uns bisher die richtige Organisationsform. Im Prinzip kann ja jede/r bei uns mitmachen, der oder die den Arabischen Frühling unterstützt.

Paul Steffen: Wie ist Yalla entstanden?

Imen Bessassi: Also Yalla ist langsam gewachsen – schlicht aus einer Gruppe von Leuten, die sich auf Hamburger Demonstrationen zu den Umbrüchen in Tunesien und Ägypten getroffen haben. Nach den Demonstrationen haben wir uns dann zusammengesetzt, um über  neueste Nachrichten und Entwicklungen zu diskutieren – und wir haben uns gegenseitig erklärt, warum wir denn da so mit fiebern.

Was wollt ihr und was macht ihr?

Foto: Joceline Berger Yalla-Mitglieder auf dem Ostermarsch 2011Imen Bessassi: Bald nach dem Zusammenkommen wollten wir auch aktiv werden, selber Demonstrationen oder Ähnliches organisieren, um Solidarität zu zeigen und auch um noch mehr zu informieren. Wir tauschen bis jetzt untereinander Ideen aus, schlagen Unternehmungen vor und laden zu Diskussionen ein. Wir wollten von Anfang an den Arabischen Frühling auf die Straße bringen, zeigen, dass da was ziemlich Cooles und Überraschendes passiert. Der Name „Yalla“ soll ja den revolutionären Spirit zum Ausdruck bringen, der die arabische Jugend in Tunesien, Ägypten und anderen arabische Ländern dazu bewogen hat, erstmals auf die Straßen zu gehen, um sich aus den Fängen der Diktaturen zu befreien und ihre politische Meinung zu äußern. Wir finden, dass kann auch junge Menschen hier motivieren, sich mehr mit Politik und Demokratie zu beschäftigen, sich für mehr für Freiheit und Menschenrechte zu engagieren. Aber das Zusammenkommen in der Gruppe selbst ist schon ein großer Gewinn. Da entstehen ganz zwanglos und meist ohne Tagesordnung Gespräche zwischen den Menschen, die diese Interessen verbinden. Das ist uns sehr wichtig. Neben dem Reden und Diskutieren steht das Netzwerken. Wir wollen die deutsch-arabische Community besser kennen lernen.

Paul Steffen: Seit wann gibt´s denn Yalla?

Imen Bessassi: Zum Beginn 2011 haben sich die ersten von uns zusammen gefunden. Dann entstand nach ein paar Monaten die Facebook-Seite und im Oktober 2011 haben wir das oben genannte Konzept entwickelt.

Paul Steffen: Für wen kann diese Initiative wichtig sein?

Imen Bessassi: Es geht ja einmal darum, dass hier etwas aus familiären oder wissenschaftlichen Gründen oder wegen der eigenen Identitätsfindung wichtig und spannend ist. Man kann aber auch was lernen für sich selber, hier. Die Menschen, die in Nordafrika auf die Straße gegangen sind, haben ja universelle Werte erkämpft oder erkämpfen wollen. Und bei unseren Demonstrationen gehen junge Migranten aus Solidarität für diese Leute auf die Straße, denen bisweilen nicht mal zugetraut wird, sich für ihre eigene Zukunft zu engagieren.

Paul Steffen: Was für Erfahrungen habt ihr noch gemacht?

Imen Bessassi: Das Hamburger ganz gut darauf reagiert haben. Das verschiedene Menschen uns unterstützen. Und vor allem, dass wir mit neuen Bekanntschaften und Vernetzungen wirklich gute Informationsarbeit machen können. So haben wir zum Beispiel mit dem Metropolis Kino, tunesischen Filmemachern und Partnern aus Berlin eine tunesische Filmreihe zeigen können.

Paul Steffen: Habt ihr Pläne für die Zukunft?

Imen Bessassi: Konkret planen wir mit einem Hamburger Träger für internationale Jugendbegegnungen* ein Treffen in Tunesien, in dem Vertreter zivilgesellschaftlicher Organisationen aus Europa und dem arabischen Raum über die Herausforderungen der arabischen Welt diskutieren werden. Darüber hinaus wollen wir für unser Thema weiter in der Öffentlichkeit und gerne auch an Schulen Aufklärungsarbeit machen.

Kontakt: E-Mail: yalla.initiative@googlemail.com  / bei Facebook

* Der Träger ist e.p.a. (european play work association e.V., epa@go-epa.org)

Titelbild: Arne List: Gründungsworkshop von Yalla im 2011/ Foto 2: Joceline Berger:  Yalla-Mitglieder auf dem Ostermarsch 2011

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