Politik

Angst um Elisa

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Die alte Dame hat in ihrem langen Leben viel gesehen. Die rasanten Veränderungen im Hamburger Osten in den 20er Jahren, die Machergreifung der Nazis, Bombardements und Feuerstürme haben die 1929 geborene Elisa in ihrer Jugend geprägt. Im Feuersturm über Hamburg schwer verletzt, hat sie sich nach dem Krieg schnell wieder erholt und blieb ihrem Stadtteil erhalten. Sie gab Generationen von Familien ein Zuhause. In Hamm ist sie wohlbekannt und geachtet. Seit einem Jahr wird über ihr Schicksal verhandelt. Ihr droht das Todesurteil. Am Mittwochabend wird voraussichtlich über die Zukunft von Elisa entschieden.

Die Wohnanlage am Elisabethgehölz, von den Mietern liebevoll Elisa genannt, sollte 2011 nach den Plänen der Vereinigten Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft abgerissen und durch eine Neubau ersetzt werden. Die Mieten wären durch diese Maßnahme von jetzt 4,50 Euro pro Quadratmeter auf über 8 Euro gestiegen. Die Bewohner fühlten sich durch diese plötzliche Entscheidung überrumpelt und setzten sich zur Wehr. Die Initiative „Rettet Elisa“ forderte den Erhalt, die Sanierung und die Modernisierung des alten Bauwerkes. Das Gebäude sollte so erhalten und die Mieten für die Bewohner bezahlbar bleiben. Die Bezirkspolitik vermittelte einen Runden Tisch. Am Mittwochabend tagt dieser nun zum fünften Mal. Die Beteiligten rechnen damit, dass die VHW hier ihre Entscheidung vorstellen wird.

Die Wohnanlage Elisa ist eines der wenigen erhaltenen Bauwerke im Osten Hamburgs mit einer einst so typischen roten Backsteinfassade. „Dieser Baustil hat das Stadtbild geprägt und ist ein wichtiger Zeitzeuge für die wechselhafte Geschichte des Stadtteils Hamm“, sagt Winfried Prehn von der Initiative. Nach Angabe von Architekt Joachim Reinig kann das Gebäude erhalten werden. „Die Backsteinbauten im Hamburger Osten sind jetzt von einem neuen Feuersturm bedroht“, sagt Prehn. „Große Teile von Elisa haben den Krieg überstanden. Der Rest wurde mühevoll wieder aufgebaut und soll jetzt den Profitinteressen der VHW weichen“.

Im Fall Elisa geht es jedoch um mehr als ein historisches Bauwerk. Hamburg erlebt aktuell eine große Protestwelle, die auf den Mangel an bezahlbarem Wohnraum aufmerksam machen will. „Die Menschen brauchen Wohnungen, die sie sich leisten können. Elisa bietet genau das“, sagt Lars Langner, der für die Initiative am Runden Tisch beteiligt ist. Die Bewohner von Elisa fühlen sich durch die VHW bevormundet. „Man sagt uns, dass wir hier nicht mehr zeitgemäß leben würden“, sagt eine Frau, die schon seit 16 Jahren in der Wohnanlage lebt. Sie sei bewusst in dieses Haus eingezogen und fände auch an den Besonderheiten der Wohnungen gefallen. „Mein Waschbecken ist in der Dusche angebracht. Für viele senkt dies den Wert der Wohnung, doch ich kann nur sagen, dass es für mich sehr praktisch ist, mir unter der Dusche die Zähne zu putzen“, sagt die Mieterin. Den Bewohnern gefällt ihre Elisa. Viele haben selbst Arbeit und Geld in den Ausbau und die Sanierung ihrer Wohnungen investiert. Von Seiten der Genossenschaft sei seit 30 Jahren keine Sanierungsmaßnahme ausgeführt worden.

In einem Gutachten hatte die VHW prüfen lassen, welche Alternativen zum Abriss in Frage kämen. Neben den zwei unterschiedlichen Sanierungsvarianten war dabei auch ein Teilabriss betrachtet worden. Alternative vier, der vollständige Abriss und Neubau, stellt jedochweiterhin eine Handlungsoption dar. Am Mittwochabend soll nun der Runde Tisch informiert werden. Viele Bewohner fühlen sich an jenen Abend 2011 erinnert, an dem bei Schnittchen und Getränken das Schicksal von Elisa besiegelt werden sollte. „Wir wurden damals sehr freundlich begrüßt. Für jeden gab es ein persönliches Namensschild. Nach der Schreckensbotschaft sollte es dann zum Buffet gehen“, erinnert sich eine Mieterin. Die Furcht erneut vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden geht um in der Wohnanlage. „Wir wissen nicht was auf uns zukommt“, sagt Lars Langner. „Bereits am Donnerstag sollen alle Mieter über den Beschluss informiert werden. Das lässt der Initiative kaum Zeit auf das Ergebnis des Runden Tisches zu reagieren“. Zudem beklagen Bezirkspolitiker, dass nicht alle Informationen von Seiten der VHW zur Verfügung gestellt wurden. „Selbst wir als Politiker haben nicht alles Unterlagen von der Genossenschaft erhalten“, sagt Ingolf Goritz von den Grünen.

Die alte Dame Elisa steht weiter vor einer ungewissen Zukunft. Im Verlaufe des Donnerstags wird Klarheit geschaffen werden, ob die Handwerker oder die Abrissbirne kommen werden. „Wenn die VHW an einem Neubau festhält, werden wir weiter kämpfen“, sagt Lars Langner. „Ein Abriss von Elisa ist für uns nicht hinnehmbar“.

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