Die Mieterinnen und Mieter der Wohnanlage „Elisa“ in Hamm verliehen am Dienstag in einer Pressekonferenz ihrem Unmut über den geplanten Abriss der Backsteinbauten Ausdruck. Die Vereinigte Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft gab bereits in der vergangenen Woche den Abriss der Wohnanlage bekannt, obwohl der Runde Tisch noch nicht beendet war.
In der vergangenen Woche informierte die Vereinigte Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft die Mieterinnen und Mieter darüber, dass „Elisa“ in Hamm abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden soll (Mittendrin berichtete). Ein Gutachten des Architekturbüros Dittert und Reumschüssel habe belegt, dass die Statik des Gebäudes für eine Sanierung nicht geeignet sei. Aus diesem Grund bestätigen „sowohl der Gutachter, als auch der Fördergeber BSU, dass eine sinnvolle Sanierung des Gebäudes nicht durchgeführt werden kann“. Dies bedeute, dass „die derzeitigen Gebäude ab dem nächsten Jahr durch einen öffentlich geförderten Neubau ersetzt“ werden. Dies bestätigte Otto Hahn aus dem Vorstand der vhw auch am sechsten Runden Tisch am Montag. Aus dem Gutachten gehe hervor, dass der Mörtel, der bei dem Bau der Häuser verwendet wurde, einer Sanierung nicht standhalten würde. Tatsächlich liege dieses Gutachten jedoch nicht in schriftlicher Form vor.
Die Mieterinitiative „Rettet Elisa!“ zeigt sich empört über das Verhalten der vhw, da das Vorgehen der Genossenschaft sowie die Kommunikation mit den Mieterinnen und Mietern intransparent und nicht aufrichtig sei. „Dieses ‚Gutachten‘ ist ein Butterbrotpapier! Wir fordern, dass offen gelegt wird, warum eine Sanierung nicht möglich sein soll“, sagt Michael Brackhahn von der Mieterinitiative. Die Genossenschaft erfülle mit ihrem Verhalten eine negative Vorbildfunktion. Einen Neubau mit einer mit öffentlichen Förderung empfinden die Mitglieder der Initiative als „Abwrackprämie“.
„Die VHW führt hier angebliche technische Gründe an, aufgrund derer einen eine Sanierung nicht möglich sei“, sagt Architekt Michael Reinig, der die Initiative bereits länger berät. Die vhw gibt an, dass aus dem Gutachten hervorgehe, dass der verwendete Mörtel für eine Sanierung nicht geeignet sei. „Es handelt sich um die Mörtelgruppe 1. Dieser Mörtel wurde in zahlreichen Gebäuden in Hamburg verwendet. Davon ausgehend wäre ja das gesamte ‚rote Hamburg‘ bedroht“, sagt Reinig weiter. Er geht davon aus, dass es eine Möglichkeit gebe die Häuser behutsam zu sanieren. „Wir unterstützen die Mieterinnen und Mieter hier. Wir hoffen, dass es hier nicht zu einem Rechtsstreit kommt. Sollte dies doch der Fall sein, werden wir den Mieterinnen und Mieter mit allen Mitteln zur Seite stehen“, sagt Wilfried Lehmpfuhl vom Mieterverein Hamburg. Auch die Bezirkspolitik kritisiert das Vorgehen der vhw. „Es ist schwer nachvollziehbar, dass die vhw nicht bereit ist das Gebäude zu erhalten“, sagt Falko Droßmann, Fraktionsvorsitzender der SPD-Bezirksfraktion. „Wir fordern, dass ein Neubau städtebaulich und sozial in den Stadtteil passt. Ein Neubau muss für alle Beteiligten eine echte Verbesserung sein.
Die Mieten in Hamm müssen niedrig bleiben“, sagt Droßmann weiter. „Wir sind von diesem intransparenten Vorgehen sehr irritiert. Der Runde Tisch galt für uns als Ort der Entscheidungsfindung und des Dialogs. Er wurde ursprünglich einberufen, um Neuerungen und Strategien auf Augenhöhe zu besprechen. Wir wollen alle Fakten kennen, damit wir uns ein Bild der Situation machen können und dann im Sinne des Runden Tisches mit allen Betroffenen gemeinsam Lösungen erarbeiten“, zeigt sich Michael Osterburg, Fraktionsvorsitzender der Grünen, sehr enttäuscht von dem Vorgehen. „Dieses Verhalten wäre kaum verwunderlich, wenn es sich um einen Finanzinvestor handeln würde. Die vhw nennt sich allerdings ‚Genossenschaft‘. Sie nimmt damit eine Tradition für sich in Anspruch, die das Wohl der Genossen im Auge haben sollte und deren Belange nicht nur hört, sondern auch umsetzt. Damit hat das Verhalten des Vorstands der vhw nichts mehr zu tun, “ so Sandra Clemens, die für die Linksfraktion das Verfahren zwischen der Mieterinitiative und der vhw über anderthalb Jahre begleitet hat.
Auch die CDU bedauert die Abrissentscheidung, auch wenn dies aus betriebswirtschaftlicher Sicht nachvollziehbar sei. „Die Kritik richtet sich nach wie vor an die vhw, da sie dieses Gebäude lange hat verfallen lassen. Mir liegt viel daran, jedes für das Stadtbild bedeutende Gebäude zu erhalten. Ich bedaure sehr, dass dies hier nicht möglich ist. Eine Sanierung hätte zu unvertretbar hohen Kosten und somit Mieten geführt. Die Bürgerinitiative Rettet Elisa muss jetzt an den weiteren Planungen beteiligt werden“, sagt Holger Schmidt, der baupolitische Sprecher der CDU-Fraktion.
Die Initiative „Rettet Elisa!“ will weiter kämpfen und die Abrisspläne nicht einfach hinnehmen. „Viele Mieterinnen und Mieter haben ihre Wohnungen auf eigene Kosten renoviert und hängen sehr an ihren Wohnungen“, sagt Lars Langner von der Mieterinitiative. „Mit ihrer Ankündigung, dass vor September kein Abriss stattfinde, betreibt die vhw soziale Erosion! Die Bewohnerinnen und Bewohner hier haben Angst“, sagt Langner weiter. In der Wohnanlage leben auch viele ältere Menschen für die ein Umzug nicht ohne weiteres möglich ist. „Wir bleiben“ rufen die Mitglieder der Initiative gemeinsam. Sie wollen weiter kämpfen – notfalls auch bis der erste Bagger kommt.
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C. Gülzow
6. März 2013 at 00:20
Ich wohne auch in Elisa, und das mit Freuden! Denn ich kann bei gern in Kauf genommener „geringer“ Ausstattung (inkl. eigener Investion in Sachen Heizung und „Schönmachen“) auch bei kleinem Einkommen am gesellschaftlichem Leben teilnehmen, weil die „Miete“ in Elisa „relativ“ gering ist. Deshalb bin ich aber auch in einer Genossenschaft! Deshalb waren in „meinen“ 17 Jahren hier immer alle Wohnungen vermietet!
Was passiert jedoch:
Eine Instanthaltung wird jahrzehntelang nicht durchgeführt. Angesichts eines Instanthaltungsstaus (wo natürlich die Kosten höher wurden) möchte meine Genossenschaft ein Schlupfloch nutzen und anstatt zu Sanieren sich dank Staatlicher Förderung (Steuergelder, bei keiner „neuer“=zusätzlicher Wohnung!) mit einem Neubau wortwörtlich „billig“ aus der Affaire ziehen.
Das ist die Lage unterm Strich. Anders nicht interpretierbar, da das aufwendige Gutachten 2012 belegte eine Sanierung wäre möglich, die Bausubstanz ist eben nicht marode. Siehe Weiteres im Artikel oben.
Grotesk genug, das renomierte Architekten offensichtlich in ihrer Kompetenz bezweifelt werden, oder wie soll man das Ignorieren der Fachmeinungen bekannter Hamburger Architekten wie Joachim Reinig u.a. verstehen? (Dokumentiert in vielen TV-Beträgen zu Elisa)
Ich vermisse Folgendes:
Thema Genossenschaft!
-> Ein ernsthafter genossenschaftlicher Umgang mit uns Bewohnern, was z.B. konkret hieße, eine behutsame Sanierung gemeinsam zu prüfen, wie die Initiative es vorschlug (Das es Möglichkeiten zur Kostenreduktion gibt, ist allen bekannt).
-> Ein Besinnen auf die Tradition einer Genossenschaft, dessen ursprüngliches Anliegen war, bezahlbaren Wohnraum auch gerade für „Geringverdiener und Altersarme“ bereitzustellen.
Thema Hamburgs architektonisches Erbe!
-> Die zur Kenntnissnahme durch die vhw, dass es sich bei dem Gebäudekomplex ein für den Stadtteil historischbedeutetendes Backstein-Ensemble der Schumacherzeit handelt! Und dies entsprechend gewürdigt = Elisa erhält! Hier hat m.E. nach die vhw gegenüber allen Hamburgern verantwortungsvoll zu handeln! Es geht um ein besonderes Gebäude, um Hamburgs architektonisches Erbe.
Die vhw könnte in diesem Sinne für Hamburg und die Bewohner handeln, den Glauben in den Genossenschaftlichen Gedanken erneuern und wir zusammen Elisa zu einem „Vorzeigeprojekt“ machen!
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