Der Senat lässt sich eine Aufklärungskampagne zum Cannabiskonsum rund 100.000 Euro kosten – auch die RedakteurInnen von Mittendrin waren kreativ und haben Plakat-Ideen der etwas anderen Art gesammelt.
„Glaubwürdig“ wolle man sein, nah dran an den Jugendlichen und dabei nicht mit erhobenem Zeigefinger auftreten: Mit einer neuen Aufklärungskampagne will der Senat über die Risiken des Cannabiskonsums aufklären und dabei ganz locker-leicht in den Dialog mit jungen Menschen treten. Also kommt die Kampagne im Gewand eines interaktiven Kreativwettbewerbs daher: Irgendwie bunt, frisch, modern und eben total kreativ soll das Ganze wirken – die TeilnehmerInnen können selbst gestaltete Plakate und Videoclips einsenden, auch kreative Performances in der Stadt, die „für Aufregung sorgen“, sind gern gesehene Beiträge. Am Ende werden die besten Ideen mit diversen Preisen ausgezeichnet – Geld, iPads und PlayStation-Konsolen versüßen die Teilnahme. Rund 100.000 Euro lässt sich der Senat die Aufklärungskampagne kosten – gut angelegtes Geld, wenn man den Worten der Gesundheitssenatorin Glauben schenken mag. Schließlich sei der Cannabiskonsum unter Jugendlichen in Hamburg deutlich angestiegen – „besorgniserregend“ sei das, Störungen der Lern- und Gedächtnisleistungen und ein erhöhtes Unfallrisiko seien mögliche Folgen.
In der Mittendrin-Redaktion hat die Senatskampagne für rege Diskussionen gesorgt – und selbstverständlich stellen auch wir uns nur zu gern derart kreativen Herausforderungen. In Anlehnung an das offizielle Plakat zur Anti-Cannabis-Kampagne haben wir daher eigene Vorschläge erarbeitet. Dass wir uns dabei ein wenig vom ursprünglichen Themenkomplex entfernt haben, sei uns verziehen: „Egal ob humorvoll, nachdenklich oder völlig durchgeknallt. Alles ist erwünscht. Alles ist erlaubt“, heißt es schließlich im Aufruf zur Kampagne selbst. Also haben wir uns erlaubt, soziale und ökologische Probleme in den Fokus zu stellen, die es leider noch nicht bis zur eigenen Kampagne geschafft haben – aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Also, lieber Senat: Statt 100.000 Euro für die Realisierung vermeintlich hipper und partizipativer Präventionskampagnen zu zahlen, wirf doch bitte einen Blick auf folgende Themenvorschläge.
Luftverschmutzung im Hafen
Kreuzfahrtschiffe wie die „Queen Elizabeth“ oder die „Aida“ sorgen regelmäßig für andächtiges Staunen unter den Touristenscharen – Umweltverbänden zufolge schaden die Dampfer jedoch Gesundheit und Umwelt: Eine Analyse des NABU ergab, dass kaum ein Schiff über eine ausreichende Abgasreinigung und Rußpartikelfilter verfügt, außerdem setzen weiter alle Reeder auf Schweröl als Kraftstoff. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt vor einer massiven Gefährdung von Anwohnern, Gästen und Crewmitgliedern durch Schiffsabgase.
Polizeigewalt
Nicht erst seit den Protesten rund um die Lampedusa-Flüchtlinge oder die rote Flora steht die Hamburger Polizei immer wieder in der Kritik. Ein umstrittener Polizeieinsatz während einer Demonstration am 21. Dezember 2013, in dem verschiedene Beobachter und Journalisten eine Verletzung der Versammlungsfreiheit sehen, bleibt bis heute unaufgeklärt. Von hunderten zivilen Verletzten wurden im Anschluss lediglich zwei Verletzte von Seiten der Innenbehörde bestätigt. Die Einrichtung eines Gefahrengebietes im Januar sorgte bundesweit für Aufsehen und stand erneut in Konflikt mit den Grundrechten. Auch während eines friedlichen Protestes einer Gruppe Flüchtlinge auf dem Rathausmarkt setzten Polizeibeamte massiv Gewalt ein, während andere Beamte remonstrierten. Doch eine öffentliche, politische Auseinandersetzung mit der Rechtmäßigkeit von Polizeieinsätzen fehlt bis heute.
Soziale Ungleichheit
Während die soziale Spaltung in Hamburg immer größer wird, hält der Senat auch weiterhin an der Ausrichtung des traditionsreichen „Matthiae-Mahls“ fest. Seit 1356 treffen sich Regierungschefs, gekrönte Häupter und wirtschaftliche Eliten zum festlichen Schmaus im Hamburger Rathaus – und jedes Jahr belaufen sich die Kosten für das glanzvolle Spektakel auf mehr als 100.000 Euro. Tatsächlich gilt Hamburg als reiche Stadt – doch die Langzeitarbeitslosigkeit liegt auf einem hohen Niveau, viele SeniorInnen sind von Altersarmut betroffen, das Verarmungsrisiko ist hoch.
Fracking
Viele HamburgerInnen fürchten die gesundheitlichen Risiken des so genannten Frackings: Bei der modernen Fördertechnik von Öl- und Erdgasressourcen kommen Chemikalien zum Einsatz, die das Trinkwasser belasten können. Wie groß die Risiken genau sind, ist bisher kaum erforscht. In Deutschland wird die Entscheidung, das Fracking zuzulassen, immer wieder vertagt. Im Hamburger Süden wird derzeit jedoch bereits nach Gasvorkommen gesucht.
Grafiken: Tobias Johanning
Titelbild: BGV
Ralf
26. Juni 2014 at 06:05
Bin immer wieder am Grübeln, ob wir nun einen verkoksten oder doch eher geistig verkorksten Senat, mit entprechenden Hofnarrengefolge namens Bürgerschaft haben. Ich kann mich irgendwie nicht entscheiden und ziehe mir also eine kleine Rolle rein, um die Sachlage weiter zu bewerten. Ein kleiner Verdacht keimt natürlich immer wieder auf, könnte es sein, das der Alkohol- und Pharmamafia, der Arsch so auf Grundeis geht, das diese schon auf ihren Schwarzgeldvorrat zurückgreifen und Ihre Interessenvertreter, PolitikerInnen, käuflichen „WissenschaftlerInnen“ und irgendwelchen korrupten JournalistInnen, damit „füttern“, um sich weiterhin an ihrem Drogenmonopol zu klammern?
FREE DOPE FOR EUROPE !!!
jo
26. Juni 2014 at 13:45
Wow, guter Artikel und schöne Postervorsschläge. Schade nur dass der Luftschutz so schlecht abschneidet. In Hamburg-Mitte ist die Luft echt sau mies! Der Artikel ist der beste, in den letzten Wochen bei euch gelesen habe!
Ralf
26. Juni 2014 at 14:20
Jepp Jo !!!