In Horn wird die ehemalige Kapernaumkirche in eine Moschee umgewandelt. Ein Besuch auf der Baustelle zeigt, dass hier mehr als ein Gebetshaus geschaffen wird, sondern eine Verbindungsstelle der Religionen.
Von außen ist kaum etwas zu sehen, doch innen hat sich bereits einiges getan. Die ehemalige Kapernaumkirche in Horn wurde entkernt, hat einen neuen Fußboden erhalten und die Innenwände sind verkleidet worden. Zudem ist der alte Altar verschwunden und die Vorarbeiten für die neue, nach Osten gerichtete Gebetsecke haben begonnen. Stück für Stück entsteht die neue Jesus-Moschee in Horn. „Der Bau folgt dem Prinzip von innen nach außen arbeiten. Dabei wird viel Neues geschaffen, aber auch Altes bewahrt,“ erläutert Nancy Corbett, Generalkonsulin der USA in Deutschland in ihrem Grußwort.
Leuchtturm für gesellschaftliches Engagement
Um den Hornern einen Einblick in die Bauarbeiten zu geben sowie um zu zeigen, was bewahrt wird und was neu entsteht, luden das Islamische Zentrum Al-Nour, die das Kirchengebäude Ende 2012 gekauft hatte, zusammen mit der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Horn, zu einem Dialog auf die Baustelle. Das Interesse war groß: Denn die Einladung war auch als Dankeschön für den Stadtteil zu verstehen: „Die Menschen in Horn haben uns gezeigt, was Willkommenskultur heißt,“ eröffnete Daniel Abdin, Vorsitzender des Al-Nour-Gemeinde sowie der Schura die Veranstaltung. Er versprach erneut, dass sich die Gemeinde in Horn gesellschaftlich engagieren werde. Er verbindet dieses Versprechen jedoch mit einer allgemeinen Kritik: „Gesellschaftliches Engagement kann nicht aus Kellern und Tiefgaragen kommen.“ Die Al-Nour-Gemeinde hatte jahrelang eine Tiefgarage als Gebetsraum nutzen müssen. Viele Gemeinden agierten noch immer unsichtbar und könnten somit kaum belegen, wie aktiv sie sind. Daher bezeichnete Abdin die neue Jesus-Moschee auch als „Leuchtturm“, der das Engagement der Al-Nour-Gemeinde in das Licht der Öffentlichkeit bringen werde, um zu beweisen, dass viele muslimische Gemeinden sich selbstverständlich und aktiv am Leben ihrer Umgebung beteiligen.
Respekt und Vertrauen
Pastor Axel Matyba, Islambeauftragter der Nordkirche, bestätigt den lebendigen Dialog in Horn: „Interessant sind vor allem die Gespräche zwischen den Mitgliedern der ehemaligen Kapernaum-Gemeinde und der Al-Nour-Gemeinde. Beide Gemeinden haben nicht umsonst 2013 den Sozialpreis für ihren vorbildlichen interreligiösen Dialog erhalten.“ Die gute Verständigung der beiden Gemeinden bereichere bereits jetzt, das Zusammenleben in Horn. Sammy Jossifoff, jüdischer Vorsitzender der Gesellschaft christlich-jüdische Zusammenarbeit in Hamburg, ergänzt: „Dieser Dialog und die gemeinsamen Erfahrungen sind wichtig, denn nur so können wir herausfinden, was dem anderen wichtig und heilig ist. Es entstehen Respekt und Vertrauen.“
Diese Feststellung verbindet Dr. Ali-Özgür Özdil, Direktor des islamwissenschaftlichen Bildungsinstituts mit der Bitte, Moscheen zu besuchen. „So gut wie alle Moscheen sind sieben Tage die Woche offen. Leider weiß kaum jemand davon und daher werden sie nur selten besucht. Viele Moscheen haben selbst wenig Erfahrungen mit Besuchern.“ Doch nur durch gegenseitiges Erfahren, so die Teilnehmer der Veranstaltung einhellig, könne ein ernsthafter und zunehmend ungezwungener Dialog entstehen.
Derselbe Gott
Ein deutliches Zeichen einer interreligiösen Verständigung setzt die Al-Nour-Gemeinde auf der Spitze der ehemaligen evangelischen Kirche in Horn. Auf der Jesus-Moschee wird das Kreuz, statt durch einen Halbmond, durch das Wort „Allah“ (dt.: der Gott) ersetzt. Es unterstreicht das Fazit des Tages: Die drei großen Religionen Judentum, Christentum und Islam glauben vielleicht nicht an den gleichen Gott, aber an denselben. Unter diesem Dach kann man sich gut versammeln.
Der „Dialog auf der Baustelle – Heilige Räume“ findet im Rahmen des Projektes „Wege zum Frieden“ statt, einer Dialogreihe zum Gedenken an den 100. Jahrestag des Beginns des 1. Weltkrieges sowie an den 75. Jahrestag des Beginns des 2. Weltkrieges. Veranstaltet wird diese Reihe vom 28. August bis zum 09. Oktober von der Hauptkirche St. Michaelis, dem Goethe-Gymnasium Hamburg, der Schura – Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg sowie der Evangelischen Jugend Hamburg.
Foto: Mathias Eichhorn
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