Die Hamburger Band Findus veröffentlicht am Freitag, 14. März, ihre dritte Platte. „Vis a Vis“ wird das gut Stück heißen, das Sänger Lüam, die beiden Gitarristen Danny Steinmeier und Kristian Kühl, Bassist Stefan Kühl und Schlagzeuger Timo Meinen ab dem 10. April auf Tour durch Deutschland präsentieren. Wir haben vorab mit Lüam und Stefan über das dritte Album, das Thema Wut und das Tourleben gesprochen.
Mittendrin: Euer letztes Album ist 2011 erschienen. Habt ihr seitdem die ganze Zeit an „Vis a Vis“ gearbeitet?
Lüam: Wir haben immer viele Konzerte gespielt. Das macht Spaß, aber da vergeht die Zeit halt auch ganz schnell. Man probt erst für die Konzerte, geht auf Tour, spielt auf Festivals. Wir haben ja nie aufgehört Konzerte zu spielen. Wir haben einfach Lieder gesammelt. Ohne Stress. Dass es sich dann um fast ein Jahr verzögert hat, lag daran, dass unser einer Gitarrist aus persönlichen Gründen ausgestiegen ist. Dann war die Frage, wie das überhaupt weitergeht mit Findus, ob es mit Findus als Findus weitergeht. Sonst wäre das Album auch aller Voraussicht nach schon erschienen.
Was steckt hinter dem Album Titel „Vis a Vis“?
Lüam: Den Titel haben wir zusammen gefunden als Band. Wir haben hin und her überlegt, man muss dem Kind ja einen Namen geben. Aber was steckt dahinter? In erster Linie ist es halt „nur“ ein Albumtitel. Wir sind an dieses dritte Album schon mit der Idee von Reflektion rangegangen. Zum einen in den Liedern zum anderen im Artwork. Die Menschen, die da zu sehen sind, sind Leute, die uns nahe stehen oder in der Geschichte der Band viel gemacht haben. Das „Vis a Vis“ trägt so ein bisschen diese Gegenüberstellung. Eine Mischung aus Persönlichem und Gemeinsamem.
Oft wird gesagt, die erste Platte ist wie das erste Kind. Wie ist dieses Album für euch? Was bedeutet diese dritte Platte für euch als Band?
Stefan: Vielleicht ist es das Kind, das man aus der Schule abholt und bei den Hausaufgaben betreut. Man sagt ja über die zweite Platte auch, dass sie immer die schwerste ist. Wir probieren auch bei der dritten Platte immer noch aus, haben unseren Stil noch nicht so richtig gefunden. Das habe ich letztens als Kritik in einem Review gelesen. Ich finde das eher positiv. Ich glaube es gibt nichts Schlimmeres für Musiker, als sich gefunden zu haben. Wir gestalten das weiterhin spannend. Also ist die Platte doch irgendwie das rotzige Kind, das aus der Schule kommt und das man fragt, ob es Hausaufgaben auf hat.
Lüam: Als Band macht man sich da gar nicht so die Gedanken drum. Es wird oft erwartet, dass man sich beim dritten Album gefunden hat, aber bei uns ist es überhaupt nicht so. Wir haben gar nicht das Gefühl, am Ende von etwas zu sein. Ich glaube, es fällt vielen schwer, das zu kategorisieren.Wir können es selbst gar nicht kategorisieren, weil wir uns irgendwie zwischen den Stühlen bewegen. Ohne jetzt zu sagen, dass wir die unfassbar einzigartige Band sind in Deutschland. Aber waren nie eine richtige Punkband. Das haben uns echte Punker oft genug gesagt. Wir sind aber eben auch keine Indie- oder Popband gewesen. Wir haben nicht den innerlichen Auftrag, die Musiklandschaft zu revolutionieren. Aber wir wollen uns auch nicht irgendwo anpassen. Wenn man bei der Kind-Metapher bleiben will, ist es vielleicht schon größer, aber eben noch Kind.
Wie unterscheidet sich „Vis a Vis“ von euren vorigen Platten?
Lüam: Wir haben ganz viele Sachen einfach mal ganz anders gemacht. Ich finde, es ist abwechslungsreicher. Es ist so ein bisschen die Quintessenz der beiden ersten Alben. Das sind immer so Momentaufnahmen. Bei „Vis a Vis“ tauchen Sachen auf, die wir auf dem ersten Album hatten, auf dem zweiten aber gar nicht und umgekehrt. Nur vielleicht anders verpackt.
Wie habt ihr euch als Band seit der letzten Platte verändert?
Stefan: Auf der einen Seite eben personell. Das war ein sehr wichtiger Schritt. Und von einer gewissen Veränderung kann man sich auf der anderen Seite ja persönlich nicht lossagen. Das wirkt sich auch auf die Musik aus. Unsere Umwelt verändert sich und die eigenen Interessen im Vergleich zu früher halt auch.
Seid ihr weniger wütend?
Lüam: Ne. Ich würde sagen, wir sind eher wütender als vorher. Das artikuliert sich anders, es steckt mehr im Detail. Aber die Naivität beim Thema Wut hat sich auf jeden Fall verändert. Wir haben als Band dann doch schon verhältnismäßig viel gesehen und obwohl wir keine Band sind, die von der Musik leben und sich nur auf das Konzentrieren kann, betreiben wir das Musikmachen mit genau so großer Intensität. Wir spielen im Schnitt 70 Konzerte im Jahr und auch jedes Jahr. Und wir haben dahingehend auf jeden Fall unsere Naivität verloren, gerade wenn es um Angebote und Versprechungen geht. Wir machen einfach unsere Musik und geben uns dieser Aufgeregtheit nicht mehr so hin, wie man das früher gemacht hat. Man sitzt halt am Tag danach doch wieder mit denselben Leuten im Bus, genau wie vorher.
Songtitel wie „Geld frisst Stadt“ und Textzeilen wie „Hamburg, du Mörder“ passen zur aktuellen politischen Lage in Hamburg. Was steckt dahinter? Ist das beabsichtigt?
Lüam: Ja und nein. Bei „Geld frisst Stadt“ ging es von Anfang an um das Thema Gentrifizierung. Alle reden drüber, aber die Menschen wohnen hier trotzdem und zahlen viel Miete. Das war so unser Gedanke bei dem Song. Wie kann man das artikulieren? Das Lied gibt keine Antwort, es ist eher eine Frage. Es geht viel mehr darum, Gentrifizierung in einer künstlerischen Form zu thematisieren, als um den politischen Protest. Bei „Vis a Vis“ aus dem die Textzeile „Hamburg, du Mörder“ kommt, ist es eher so etwas Persönliches. Das klingt sehr anklagend, aber in erster Linie geht es darum, wie müde es mich selbst macht oder wie es mir meine Wut raubt, weil es einem in Hamburg ja offensichtlich gut geht. „Hamburg, du Mörder“ hätte man auch auf viele andere Städte anwenden können. In diesem Fall ist es nun Hamburg, weil es die Stadt ist, in der wir leben.
Geht ihr mit der Platte auf Tour?
Lüam: Ja, wir gehen auf Tour. Wir spielen am 14. März ein Konzert in der Hanseplatte hier in Hamburg. Da spielen wir nur das neue Album, das wird richtig vorgestellt. Und dann sind wir vom 10. April bis zum 4. Mai auf Tour. Wir fangen in Oberhausen an, fahren dann über Österreich und die Schweiz wieder nach Deutschland. Unter anderem spielen wir in Lüneburg am 24. April und am 25. in Husum. Die Tourdaten findet man auch auf unserer Website oder auf Facebook.
Was habt ihr am liebsten am Tourleben?
Lüam: Für mich ist es tatsächlich das Unterwegssein. Die Konzerte sind natürlich super und machen richtig Spaß, aber das gemeinsame Unterwegssein ist für mich das beste daran. Man sieht neue Städte, auch wenn man da kein Sightseeing macht. Man geht sich ja in Bonn jetzt nicht unbedingt den alten Bundestag angucken.
Stefan: Das hab ich gemacht.
Lüam: Ja, na gut. Das macht man auch mal. Aber ich persönlich mag halt dieses Vagabundenleben. Gerade wenn man mal einen Monat unterwegs ist, kommt das so richtig auf, weil man jeden Tag woanders ist.
Stefan: Mir geht es ähnlich. Ein großer Punkt ist aber auch, die Leute, die man im Laufe der Jahre kennengelernt hat, an den verschiedenen Orten wiederzutreffen. Die kriegt man ja nicht so oft zu Gesicht und dann ist es umso schöner, die dann mal wieder zu sehen.
Was nehmt ihr auf jeden Fall immer auf Tour mit?
Lüam: Eine Zeit lang hatten wir immer so ein Boule-Spiel dabei. Wir haben das, glaube ich, nur einmal gespielt oder so, aber es war dabei. Ich habe neuerdings immer eine Nasendusche dabei, das machen aber wahrscheinlich mehr Sänger als es zugeben. Irgendwann hatten wir auch mal ein Skateboard mit, obwohl niemand von uns wirklich skaten kann.
Stefan: Und das Fußballquiz, aus dem wir keine Frage beantworten konnten.
Lüam: Ja, wir haben so eine Sammelkiste mit Sachen drin, die wir jedes Mal wieder in den Bus reintun und am Ende genau eins zu eins so wieder raus räumen. Da ist ein Quartett drin, ’ne Luftpumpe, einen Fußball hatten wir auch ganz lange mit, mittlerweile ist nur noch die Luftpumpe dabei.
Das Releasekonzert am Freitag, 14. März, startet ab 20 Uhr in der Hanseplatte, Neuer Kamp 32. Der Eintritt ist frei, es gibt Kartoffelsuppe und Sekt. Anschließend geht es mit Nord Amused zur Aftershowparty in die Astra Stube.
Das Interview führte Marvin Mertens
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