Wie viele Male die “Metal Gods” Judas Priest schon Hamburg beehrten? Schwere Frage. Allzu oft dürfte es künftig vielleicht nicht mehr sein – einer der vielen Gründe, warum Justus Ledig die Band um Szene-Ikone Rob Halford sehen musste. Enttäuscht wurde er nicht.
45 Jahre erfolgreich im Geschäft, 17 Studioalben, darunter wegweisende Werke wie “British Steel” oder “Painkiller” – auf die Idee, Judas Priest ihre Bedeutung abzusprechen, wird wohl kaum jemand kommen, der sich mal mit härterer Musik befasst hat. Es gibt wenig Bands aus dem Metal-Zirkus mit einem ähnlichen Renommee. Einer weiteren Vorstellung bedarf es also kaum.
Schwacher Opener
Also nichts wie in die Sporthalle. Gut besucht, aber nicht völlig ausverkauft ist die wenig geliebte Location im Norden Winterhudes. Als Vorband stehen Five Finger Death Punch auf dem Programm, die bereits vor dem offiziellen Beginn angefangen haben – leider mittlerweile typisch, an vorab genannte Zeiten hält sich heutzutage keiner mehr. Allerdings offenbaren sich die Amerikaner ohnehin als ziemlich langweilig: Der moderne Metal-/Rock-Sound tut niemandem weh, reißt aber auch überhaupt nicht vom Hocker.
Vor allem weist er wenig Berührungspunkte mit der Musik des Hauptacts auf. So braucht man sich nicht über die verhaltene Begeisterung im Publikum zu wundern. Insgesamt kommt die Truppe auf der Bühne viel zu druckarm herüber, was heute auch nicht an dem durchaus guten Sound der Sporthalle liegt. Am besten gefällt noch der Cthuluh-mäßige Bart von Basser Chris Kael. Selbst einige Fans von Five Finger Death Punch zeigen sich enttäuscht.
Hamburg wird schnell warm
Doch wegen der Vorband ist ja eben auch kaum jemand hier. Die Vorfreude auf Judas Priest steigt und Sprechchöre sind hörbar, bis ungefähr viertel nach neun der gigantische Vorhang fällt. Da sind sie, die Legenden. Untypischerweise geht es mit dem Opener des aktuellen Albums “Redeemer of Souls” los, doch richtig Feuer kommt erst mit den bald folgenden Klassikern auf. Davon gibt es nicht wenige an diesem Abend: Von “Metal Gods” über “Turbo Lover”, “Beyond the Realms of Death” und das frenetisch gefeierte “Breaking the Law” reicht schon einmal das normale Set, immer wieder unterbrochen von aktuellen Nummern.
Und die Band? Judas Priest untermauern trotz ihres fortgeschrittenen Alters ihren Status als eindrucksvolle Live-Band, die über die vielen Jahre nichts verlernt hat. Rob Halford singt vielleicht nicht mehr wie ein junger (Metal-)Gott, hat aber noch immer beachtliche Screams auf dem Kasten. Die Saitenfraktion, bestehend aus Richie Faulkner, Glenn Tipton und Ian Hill, feuert scharfe Salven aus ihren Geräten und Scott Travis an den Drums reißt spätestens im ersten Zugabenblock bei “Painkiller” mächtig die Hütte ab. Man weiß einfach, wie es läuft.
Viel Leder und ein Motorrad
An der Show der Briten mangelt es ebenfalls nicht. Coole Video-Illustrationen auf der Bühne, gekonnte Lichteffekte und nicht zuletzt die treffsicheren Kostüme von Rob Halford, der einst das Leder in die Metal-Szene gebracht haben soll, sind durchaus etwas fürs Auge. Dazu wird posiert, wie es eben einer solchen Institution wie Judas Priest würdig ist. Als schließlich Halford bei “Hell Bent for Leather” sogar mit einem Motorrad auf die Bühne fährt, dürfte der Höhepunkt des Abends gekommen sein. Das Publikum ist gut aufgelegt, die Hits werden mitgeschmettert und Sing-a-long-Spiele funktionieren blendend. Begeistert ist auch Kai Hansen, Bandkopf von Gamma Ray, der inmitten der Menge steht und reichlich Hände schütteln muss.
Mehr als anderthalb Stunden verzücken Judas Priest die Hamburger, bis nach “Living after Midnight” dann auch mal Sense ist. Was bleibt zu sagen? Ein solches Showerlebnis lässt sich ohne Zweifel mit “Larger than Life” beschreiben. Wie oft die Band so etwas noch abliefern möchte, ist schwer vorauszusagen. Gründe, an ihrem Können zu zweifeln, gibt es jedenfalls keine.
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