Freitags Montag

Medienkolumne
Jan Freitag

Freier Journalist und Autor | Blog: http://freitagsmedien.com/ | Schreibt bei Mittendrin über die "Wahnsinnsstadt" Hamburg und den wöchentlichen TV-Dschungel

freitagsmedien_Spukki-2_Seite_1Jan Freitag hat sich durch den Mediendschungel dieser Woche gekämpft und dabei Alpharüden, die neue „Brigitte“ und eine Testosteron-Flut gefunden.

Von Gleichberechtigung, beklagt nicht nur der Verein ProQuote, sind deutsche Medien weiter entfernt als das öffentlich-rechtliche Programm vom Staatsauftrag. „Dass ein Bruchteil der Führungspositionen in Rundfunkanstalten und Verlagshäusern von Frauen besetzt“ sei, nennt nicht nur Mitglied Anne Will „katastrophaler Missstand“. Und der wird nicht besser, wenn die Topjournalistin nun solch einen Topposten kriegt: Nach Günther Jauchs Ausstieg kehrt Anne Will 2016 auf jenen Sendeplatz zurück, den der abgeschobene Talkprofi fünf Jahre zuvor für den überbezahlten Talkstümper räumen musste, was belegt: Frauen sind in der ARD allenfalls ansehnliche Manövriermasse herrschender Männer, die wie deren Programmchef das Wort Herr(es) zuweilen gar im Namen tragen. Wenn sein Vorsitzender Lutz Marmor nun also sagt, „ich freue mich auf Anne Will“, gilt das nur, bis der nächste Alpharüde in ihr Revier pinkelt.

Davor sind Alphaweibchen im Grunde nur gefeit, wenn sie aufgebrezelt durchs Studio wackeln wie Barbara Schöneberger. Da stelle man sich ihre Kodderschnauze mal im Leib eines Mauerblümchens vor – über die Mitternachtsschleife käme sie nie hinaus. So aber schafft es die, pardon: dralle Blondine bei Gruner + Jahr zum eigenen Magazin namens „Barbara“. In der Gedenkwoche für das grad verstorbenen Society-Fossil Paul Sahner, das für den Konkurrenten Burda rund 3000 Prominente zu den Belanglosigkeiten des Stardaseins interviewt hat, klingt das zwar schwer nach „Brigitte“, soll aus Verlagssicht aber „eine Frauenzeitschrift neuen Typs“ sein. Vermutlich gibt es also innovative Rubriken wie Styling, Beauty, Celebs, Gossip, Weiberzeugs eben, nur klüger verpackt als sonst.

Eitle Hipster, kriminelle Kiffer und Horror Tattoos

Männerzeugs, nur cooler verpackt als sonst, dürfte das Mackermagazin „Cowboy & Dandy“ auf dem Pro7-Ableger MAXX sein. Fünf Teile zeigen zwei eitle Hipster ab Donnerstag, 22.30 Uhr, warum die Evolution Frauen hoffentlich bald zur Selbstbefruchtung ermutigt, angesichts solcher XY-Mutanten, die selbst dann nur an Titten, PS und Grillfleisch denken, wenn sie lässig daherkommen.

So viel Testosteron ist für Vernunftbegabte nur mit Substanzen verträglich, die Arte ab Montag mit dem tollen Themenschwerpunkt „Drogen – Lust & Last“ bedenkt. Toll auch, weil er dumpfes Schwarzweißdenken ins Bierzelt delegiert, wo es sich ab 1,3 Promille saftig über kriminelle Kiffer herziehen lässt. Arte hingegen trennt nicht zwischen legalem und illegalem Rausch, sondern porträtiert im Drama „Oslo, 31. August“ (21.55) zum Auftakt ein Bildungsbürgerkind im Bann von Stoff jeder Art, der dafür gar nicht verteufelt werden muss. Das erledigen dagegen am Dienstag gleich drei Dokus über die globale Versorgung unter der Klammer „Die Schattenmacht“.

Deren Angebot ist übrigens oft mitverantwortlich für das, was eine Dokusoap auf Sixx beseitigen soll: „Horror Tattoos“. Vier Profis korrigieren ab Mittwoch um 20.15 Uhr Tätowierungen, die dank „Drogen, Dummheit, Schnapsideen“ entstanden sind. Acht Folgen gewähren jedoch nicht nur einen Blick in kommerzielle Zielgruppen, sie sind auch ohne bewusstseinsverändernde Mittel unterhaltsam. Im Gegensatz zu einer irren Erstausstrahlung: „Santo und der blaue Dämon contra Dracula und Werwolf“ von 1973 kann man Donnerstag (0.40 Uhr) zum Ende der Arte-Trashfilmreihe zwar nüchtern sehen, aber kaum genießen.

Unterschätzte Kurzfilme

Bei vollem Verstand genießbar sind folgende Debüts: „Shut Up, Crime!“ um einen schüchternen Koch (Rainn Wilson), der sich Dienstag (0.05 Uhr, Tele5) seines Nebenbuhlers mit enormer Spielfreude als Superheld entledigt. Dazu die deutsche Komödie „Love Steaks“ (Freitag, 21.45 Uhr, EinsFestival), die der zarten Liebe zweier Mitarbeiter eines Wellnesshotels mit Laiendarstellern und Improvisation Wahrhaftigkeit verleiht. Und kurz darauf ein oft unterschätztes Format: Kurzfilme. Fünf Stück zeigt Arte um 23.55 Uhr im Rahmen des Animationsfestival Annecy und versprochen: Jeder davon ist hochdosiertes Entertainment der besten Art.

Wie die „Wiederholungen der Woche“: Billy Wilders „Das verlorene Wochenende“ (heute, 20.15 Uhr, Arte) etwa bracht Ray Milland als alkoholkrankem Schriftsteller 1946 den Oscar ein. Ohne Oscar, aber in Farbe: „Nowhere Boy“ (heute, 23.15 Uhr, NDR), ein Biopic über John Lennons Jugendjahre. Eine Viertelstunde später zeigt die ARD unseren „Sachfilm der Woche“: Florian Hubers „Duell auf hoher See“ rollt 20 Jahre danach die Versenkung der Bohrinsel Brent Spar auf. Weitere 50 Jahre zurück geht Arte, wenn es Mittwoch (22.25 Uhr) 40 „Verbotene Filme“ begutachtet, die von den 1200 Werken der NS-Zeit nur unter Auflage gezeigt werden dürfen.

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