Freitags Montag

Medienkolumne
Jan Freitag

Freier Journalist und Autor | Blog: http://freitagsmedien.com/ | Schreibt bei Mittendrin über die "Wahnsinnsstadt" Hamburg und den wöchentlichen TV-Dschungel

freitagsmedien_Spukki-2_Seite_1Jan Freitag hat sich durch den Fernsehdschungel dieser Woche gekämpft und dabei Fragen des medialen Bedarfs gefunden.

Man sollte meinen, in der freien Marktwirtschaft darf jeder Einzelhändler selbst entscheiden, was er ins Sortiment nimmt und was nicht. Es sei denn natürlich, dieses „nicht“ betrifft die mächtig selbstgerechte Bild und ihre Schergen. Wenn sich ein sächsischer Supermarktbetreiber also frech erdreistet, sie seiner Kundschaft wegen der indiskutablen Berichterstattung des Boulevardblatts vorzuenthalten, krakeelt der Springer-Verlag giftig „Zensur“ und kriegt auch noch Schützenhilfe von ein paar seriöseren Kollegen, die auf einer lokaljournalistischen Konferenz sekundierten, die Regelbereinigung schädige die Pressefreiheit. Pardon: Mit der Begründung könnte man auch Verbotsversuche rechtsextremer Parteien kritisieren. Nur: Weil die Bild mit Journalismus fast so wenig zu tun hat wie die NPD mit Demokratie, braucht beide kein Mensch. Punkt!

Was das die deutsche Medienlandschaft braucht

Und wo wir gerade bei Fragen des medialen Bedarfs sind: Brauchte der stinkreiche Thomas Gottschalk wirklich 2,7 Millionen Euro Abfindung von der ARD fürs vorzeitiges Aus seiner sagenhaft erfolglosen Vorabend-Show, die völlig zu Recht vorzeitig abgesetzt wurde? Oder braucht eine der besten Serien, die jemals gedreht wurde, nämlich Homeland, nicht vielleicht doch einen etwas besseren Sender für die brillante Finalstaffel als Kabel1, wohin sie der Muttersender Sat1 mangels Quote künftig abschiebt?

Braucht die Medienlandschaft noch Patriarchen wie Alfred Neven DuMont, der seinen Kölner Zeitungsverlag nach Gutsherrenart in 10. Generation geleitet hat und nun mit 88 Jahren gestorben ist? Und braucht das fiktionale Boomgenre schlechthin allen Ernstes – wie vom ZDF angekündigt – ein Biopic mit Thomas Thieme als Uli Hoeneß, solange die Strafe für den betrügerischen Bayern-Boss noch nicht mal abgesessen ist? Zu guter letzt: Braucht das deutsche Fernsehen ab 3. Oktober 14 Jahre nach dem Ende des Originals echt eine Neuauflage vom Literarischen Quartett, nur ohne Reich-Ranicki, Karasek und Löffler, aber dafür mit Volker Weidermann, Christine Westermann, Maxim Biller und wechselnden Gaststars?

Kurze Antwort: Ja.

So wie es auch in der nächsten Woche durchaus einiges gibt, was Programm und Publikum gut vertragen können. Zum Beispiel die rasend erfolgreiche Mystery-Serie Resurrection (ab Montag, 21.15 Uhr, Vox), die es im Sog des Zombiebooms mit Toten, deren Rückkehr aus dem Jenseits ganz ohne Glibber und Grunzen auskommt, in den USA auf 14 Millionen Zuschauer gebracht hat. Ganz dringend gebraucht wird sogar 30 Rock, eine Sitcom, in der die NBC ab Donnerstag (RTL Nitro, 22.55 Uhr) eine rasend komische Nabelschau der eigenen Produktionsverhältnisse mit Alec Baldwin als windiger Programmchef vollführt, wofür es Golden Globes und Emmys nur so hagelte.

Empfehlungen abseits der Aufmerksamkeit

Definitiv brauchen wir – abgesehen von der sensationellen Dokumentation New York, New York über die sensationelle Musikhistorie der sensationellen Stadt (Samstag, 22.40 Uhr, Arte) – zudem zwei Filme, die diese Woche leider etwas abseits der Aufmerksamkeit, aber dort umso empfehlenswerter laufen. Am Dienstag zeigt Daniel Brühl abermals sein internationales Renommee, wenn er im spanischen Heist-Movie Casino Barcelona (ServusTV, 20.15 Uhr) mit gewohnt jungenhaftem Charme einen Spieler darstellt, dessen Bande eine Spielbank sprengen will und damit so ihre liebe Last hat. Und Arte bringt Freitag Frederik Steiners fabelhaften Debütfilm Und morgen Mittag bin ich tot. In ihm spielt die hochbegabte Liv Lisa Fries eine sterbenskranke Frau, die sich mit 22 Jahren zur Sterbehilfe entscheidet, was für gewaltige Verwirrung unter ihren Lieben sorgt.

Verwirrung ist ein gutes Stichwort für die Wiederholungen der Woche: In Farbe diesmal Micmacs, Jean-Pierre Jeunets nächster Geniestreich um eine Gruppe Freaks, die auf einem Pariser Schrottplatz ihr Vagabundenleben zelebriert (Sonntag, 23.50 Uhr, ARD). Weniger wirr, weniger farbig, aber viel viriler: Mit den Waffen einer Frau von 1958, Auftakt zu einer Arte-Hommage an Brigitte Bardot, in der ihr Jean Gabin am Sonntag ab 20.15 Uhr als Anwalt verfällt, dem die Femme Fatale bis zur geistigen Umnachtung den Kopf verdreht.

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