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Jan Freitag

Freier Journalist und Autor | Blog: http://freitagsmedien.com/ | Schreibt bei Mittendrin über die "Wahnsinnsstadt" Hamburg und den wöchentlichen TV-Dschungel

freitagsmedien_Spukki-2_Seite_1Jan Freitag hat sich durch den Fernsehdschungel dieser Woche gekämpft und dabei den Intellekt handelsüblicher Gummibärchen und innere Werte hinter Horrormasken gefunden.

Kürzel sind toll. Sie komprimieren ganze Zeilen auf Wortlänge und vereinfachen das Leben so ungemein. HSV, LPG, CDU, NSA, BGB, FAZ usw. auszuschreiben, würde die Dinge ja eher komplizierter machen als klarer. Etwas anders sieht es mit n-tv aus. Offiziell steht es für „News-Television“ und verweist auf den Nachrichtenwert des Gezeigten. Oberflächlich war es auch ziemlich nachrichtenwertig, was eine Dokumentation dort kürzlich über fossile Bodenschätze und ihren Verbrauch in den USA zu sehen war. Doch je länger sie lief, desto mehr vernunftbegabte Zuschauer fragten sich: Müssten da nicht irgendwann Begriffe wie Klimawandel, Emmissionen, auch nur Kohlendioxid fallen? Die Antwort: Nein. Nicht bei der RTL-Tochter. Ob nun wegen all der Autowerbespots dazwischen oder Sympathie für die Tea Party.

Deren Intellekt befindet sich in etwa auf dem Niveau handelsüblicher Gummibärchen, also einem, mit dem die RTL-Gruppe gemeinhin ihr Publikum bedient. Klüger als die Gelatinebomben ist dagegen Michael „Bully“ Herbig. Auch deshalb löst er Thomas Gottschalk nach 24 lukrativen Jahren nun als Testimonial für Haribo ab. Nun kann er sich überlegen, wie man dessen Produkte gut vor der Kamera postiert. Und vielleicht ist im Werbevertrag ja auch die Nachfolge von „Wetten, dass…?“ geregelt. Dann wäre dieses Thema endlich mal vom Tisch.

Schildkrötenersatz Pilawa

Obwohl ein anderer Kandidat noch immer nicht genug zu tun hat: Jörg Pilawa. Ende Dezember, wurde jetzt bekannt, übernimmt das Bildschirminventar auch noch die „NDR-Quizshow“ von Alexander Bommes, was den Verdacht nahelegt, er soll früher oder später 24 Stunden parallel auf allen Kanälen zu sehen sein. Womöglich irgendwann sogar als Schildkrötenersatz bei Ditsche, der im WDR gestern seinen 10. Geburtstag feierte. Obwohl – für einen wie Pilawa ist die Sonntagsanstoßzeit gegen Mitternacht wohl doch zu nischig. Da könnte er ja gleich zu Sky gehen, die im Auftaktquartal 2014 mit 12,3 Millionen Euro zwar erstmals in der Bezahlsendergeschichte ein Plus verzeichnen, aber dennoch weit davon entfernt sind, massenhaft Zuschauer zu haben, wie Pilawa es mag.

Selbstredend keine Massen wie der „Tatort“, in dem Boris Aljinovic Sonntag nach 13 Jahren einen dramatischen Abgang als Berliner Kommissar Stark kriegt. Aber ein Vielfaches anderer Sendungen, die in dieser Woche ungerechtfertigt unter Ausschluss der Öffentlichkeit laufen. Der Thementag „Komet in Sicht“ zum Beispiel, mit dem 3sat am Mittwoch die Landung der ESA-Sonde „Rosetta“ auf 67P/T-G nach zehn Jahren Anflug um 16.30 Uhr flankiert – voll spannender Dokus, Filme, Reportagen zum Thema Komet.

Der ist gewissermaßen auch Hauptdarsteller eines anderen Schwerpunkts im Spartenprogramm: Als Teil der Retrospektive zum Dogma-Erfinder Lars von Trier läuft Sonntag auf Arte „Melancholia“, sein Film über einen drohenden Meteoriten-Einschlag, der sich zusehends als Depressionsstudie im Gesicht der famosen Kirsten Dunst entwickelt. Den Auftakt der Werkschau macht Montag (20.15 Uhr) allerdings Triers Meisterwerk „Breaking The Waves“ über ein gelähmtes Unfallopfer, dass seine Frau bittet, ihre Sexualität mit anderen vor ihm auszuleben. Dicht gefolgt von seiner fabelhaften Kurzserie „Geister“, in der es Mittwoch unter einem Kopenhagener Krankenhaus furchtbar zu spuken beginnt. Arte zeigt den überarbeiteten Director’s Cut mittwochs in vier Doppelfolgen.

Improvisiertes Speeddating

Dänische Wochen, könnte man meinen. Ergänzt vom NDR, dessen Erstausstrahlungen skandinavischer Filme heute (23.15 Uhr) mit dem hochgelobten dänischen Gangsterfilm „Der Nordwesten“ langsam zum Montagsmarkenzeichen wird. Komplettiert von ServusTV, das Dienstag um 22.25 Uhr „Hijacking“ zeigt, ein hyperreales Drama vom „Borgen“-Macher Tobias Lindholm, das die Geschichte eines dänischen Frachter in Piratengewalt erzählt, ohne die Schuldfrage zu klären. Puristisch, fabelhaft, toll gespielt.

Zumindest letzteres kann man auch von Jan Georg Schüttes Komödie „Altersglühen“ sagen. Was explizit nicht am Drehbuch liegt – da keins existiert: Wie so oft gibt der Regisseur seinen Darstellern nur grobe Rollenprofile zu Hand. Und Mario Adorf über Senta Berger bis Michael Gwisdek beim improvisierten Speeddating zuzusehen, ist die reine Freude. Witzigerweise gibt es gleich im Anschluss ebenfalls was zum Thema Tempoflirten, diesmal im Blindtest. Bei „Sexy Beasts“, der ersten hausgemachten Show von Sixx, erkunden die Probanden innere Werte hinter Horrormasken.

Apropos Horror: Der steht auch an, wenn sich die ARD Donnerstag erneut zum dauerwerbenden Büttel von Burda macht und drei Stunden zur besten Sendezeit die Verleihung des filmisch irrelevanten „Bambi“ überträgt. Dann doch lieber Fernsehen ohne Worte, wie im „Tipp der Woche“: Abel Gances Antikriegsstummfilm „J’accuse“ von 1919 (Dienstag, 23,25 Uhr, Arte), aufwändig restauriert und sinfonisch überarbeitet.

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