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Jan Freitag

Freier Journalist und Autor | Blog: http://freitagsmedien.com/ | Schreibt bei Mittendrin über die "Wahnsinnsstadt" Hamburg und den wöchentlichen TV-Dschungel

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Jan Freitag hat sich durch den Fernsehdschungel dieser Woche gekämpft und dabei das Aus von Spartenperlen und einen Jugendkanal im Netz  gefunden. 

12,99 – das war am Dienstag kein Vorteilspreis für zwei Drittligaspiele bei Sky oder vier Pakete Ariel Ultra, sondern die Zuschauerzahl bei RTL. So einen Wert hatte der Exmarktführer zuletzt, als Michael Schumacher noch siegreich über Renn- statt Schneepisten raste. Und es lässt sich trefflich rätseln, ob die Quote am Titel des deutschen EM-Qualifikationsspiels gegen Irland lag. „European Qualifiers“ ist zwar sprachhygienischer Dreck, klingt aber irgendwie bedeutsam, also nach dem Gegenteil des, nun ja, Senders.

Tatsache aber ist, dass der dank relevanten Fußballs im Monatsranking mal wieder vor der Konkurrenz liegen dürfte und Pro7 weiter auf Abstand halten. Das hat – Achtung! – auch damit zu tun, dass die Übertragungen professionell, seriös und im Tonfall sogar erträglicher sind als die selbstgerechten Reportergreise von Wolf-Dieter Poschmann bis Béla Réthy. Zumal sie den Bombast des Auftakts abgelegt haben. Statt tageweise Brimborium zu versenden, geht es nun ums Wesentliche: den Sport.

Ins Netz abgeschoben 

Wenn bei Interviews das Wesentliche im Wort liegt, hat sich vorige Woche aber noch etwas anderes mit Strahlkraft für die Zukunft ereignet: Der Außenminister antwortete unterm Hashtag #FragSteinmeier zumindest auf die sachlichen von gut 2000 Fragen der Zwitschergemeinde. Inhaltich nagte das erste Twitter-Interview eines wichtigen Bundespolitikers zwar oft am Banalen. Dennoch zeigt sich, dass Informationen auch abseits von „Tagesschau“ und „heute“ längst sichtbar unters Publikum geraten können.

Was eine andere Innovation im Netz unterstreicht: der Online-Dienst BuzzFeed, in den USA sagenhaft erfolgreich, gibt’s nun auch auf Deutsch. Noch ist da zwar viel unterhaltsamer Unsinn zu lesen. Schon bald jedoch soll es auch recherchierte Reportagen echter Journalisten geben. Gut, die Qualität von Formaten wie „37°“, die morgen im ZDF „Unser täglich Tier“ problematisiert, also den Irrsinn industrieller Fleischproduktion. Dennoch sollten Onlinemedien wie BuzzFeed die öffentlich-rechtlichen Lordsiegelbewahrer motivieren, ihre Strategie im Umgang mit der Generation Internet zu forcieren. Jan Böhmermanns „Neo-Magazin“ ab Februar ins Hauptprogramm des ZDF zu holen, ist da ein Anfang. Dessen Ende gleich wieder in Sicht ist: Die Ministerpräsidenten haben entscheiden, den lang geplanten Jugendkanal nun doch ins Netz abzuschieben und was tun ARZDF: Sie kündigen dennoch das Aus der zwei Spartenperlen ZDFkultur und EinsPlus an.

Dabei ist wirklich nur zu sichtbaren Sendezeiten kostenlos zu sehen, was gediegene Populärkultur so für Menschen unter 60 bereithält. Hier gibt es das ganze Wochenende einschließlich Montag Musik, echte Musik, während das Erste (mit) Florian Silbereisen feiert. Na immerhin gibt es noch Geld für wichtigere Dinge aus. Den Mittwochsfilm „Momentversagen“ zum Beispiel mit Felix Klare als Staatsanwalt, dessen zivilcouragiertes Eingreifen sein komplettes Leben ins Wanken bringt. Leider muss sich Friedemann Fromms Drama mit der Champions League messen, für die das ZDF zeitgleich Gebühren verpulvert.

Berechenbare Ödnis

Trotzdem zeigt Tage wieder dieser, dass öffentlich-rechtlich unterhaltsam und gut sein kann und bildet somit die Antithese zum Donnerstag, wo Francis Fulton-Smith in der süffigen ARD-Anwaltsreihe „Ein Fall von Liebe“, klar: Francis Fulton-Smith spielt und parallel dazu JBK im „Quiz-Champion 2014“ als, genau: JBK. Das ist in seiner Ödnis so berechenbar wie es der ARD-Freitag mal war. Mittlerweile gibt es da allerdings seriöses Programm wie „Brezeln für den Pott“, in dem der fabelhafte Hans-Jochen Wagner bayerisches Salzgebäck nach Duisburg bringt, was zwar an die Sch’tis erinnert, aber insgesamt recht gelungen ist. Nur die Jugend, die holt man damit eher nicht vom Smartphone weg.

Das schafft höchstens Importware wie „Dracula“, den Vox ab Montag um 22.10 Uhr am viktorianischen London saugen lässt. Mit dem schönen Jonathan Rhys Meyers unter schönen Opfern als schöner Vampir mit dem schönen Thomas Kretschmann als Widersacher van Helsing, der diesmal eine Allianz mit ihm eingeht, wobei hier ohnehin viele Rollen getauscht werden zwischen gut und böse. Hätte also schlimmer kommen können. Was man vom „Tatort“ diesmal nicht behaupten kann. Dann ist Lena Odenthal auf den Sonntag genau 25 Jahre im Dienst, weshalb sich „Blackout“ vor allem mit ihrem Burnout befasst. Das macht Hoffnung, Ulrike Folkerts geht doch bald in den verdienten Ruhestand. Die Zeit vertreibt bis dahin der „Tipp der Woche“: Martin Scorceses „letzte Versuchung Christi“ (Montag, 20.15 Uhr, Arte) mit Willem Daffoe als zweifelndem Jesus, was 1988 als Blasphemie galt.

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