Vor den Deichtorhallen findet man derzeit eine Fotoausstellung unter freiem Himmel. Das Projekt zeigt Fotos von Kindern aus Tacloban auf den Philippinen, wo im November 2013 der Taifun „Haiyan“ große Zerstörungen anrichtete.
Die Open-Air-Ausstellung „Die Kinder von Tacloban“ vor den Deichtorhallen thematisiert die Zerstörungen, die der Taifun „Haiyan“ Ende vergangenen Jahres nach Tacloban auf den Philippinen brachte. Die Schäden, die der Wirbelsturm hinterließ – materiell wie psychisch – sind der Fokus der Ausstellung. Aber auch die Hoffnung und der Wille zum Überleben und die Freude den Sturm überstanden zu haben werden deutlich. Oft erschließt sich die wahre Bedeutung eines Bildes erst durch den darunter vermerkten Kommentar von der Person hinter der Kamera. Das waren in diesem Fall keine Profis – im Gegenteil, manche hatten vorher noch nie fotografiert. Dafür können sie etwas vermitteln, was den noch so geübten JournalistInne so gut wie unmöglich ist: Ihre ganz persönliche Sicht auf die Ereignisse und dem Leben nach der Flut.
Nachhaltige Berichterstattung über die aktuellen Schlagzeilen hinaus
„Den Schwächsten eine Stimme geben“ – das treibt Philipp Abresch an, wenn er in Krisengebiete fährt und dort Einwegkameras verteilt. Schon seit 15 Jahren entstehen auf diese Art verschiedene Fotoprojekte unter dem Titel „Photos of hope„. Als der Taifun „Haiyan“ im November 2013 über den Visayas, einer Inselgruppe der Philippinen, wütete, war er wenige Tage später mit seinem Team der ARD vor Ort. In der Tagesschau, den Tagesthemen, den NDR-Weltbildern und einigen Sondersendungen berichtete er über das Unglück. Aber wie das mit Nachrichten so ist: Ewig konnte er das auch nicht tun, denn in der Zwischenzeit ereigneten sich wieder neue Dinge, über die berichtet werden mussten. So verschwand das Thema langsam aus den täglichen Nachrichten. Abresch und der NDR wollten aber nachhaltiger über das Thema berichten und suchten nach neuen Darstellungsformen. Wenig später kehrten er und sein Team nach Tacloban zurück. Diese Stadt hatte der Taifun besonders stark erwischt: Sie lag fast vollständig in Trümmern. Wie gehen die Menschen damit jetzt um? Und wie kommen gerade die Jüngsten, die Kinder, damit klar? Abresch ging dieser Frage auf den Grund und ließ sie von den Betroffenen selbst beantworten. 100 Einwegkameras verteilte er an Kinder und sammelte sie sieben Wochen später wieder ein, um die Bilder entwickeln zu lassen. Das übernahm das Unternehmen Cewe, das seit 2013 auch Partner der Deichtorhallen ist und nach dem Taifun bereits die SOS-Kinderdörfer in Tacloban finanziell unterstützte. Rund 4000 Fotos sind so zustande gekommen, 40 davon können jetzt im Format 100 mal 150 Zentimeter in der Ausstellung vor den Deichtorhallen betrachtet werden. Noch bis zum 31. August ist die Ausstellung allen Interessierten kostenlos rund um die Uhr zugänglich.
Verzweiflung und Hoffnung
„Wir sind zu den Kindern hingegangen und haben sie aufgefordert, das zu fotografieren, was sie den Menschen draußen mitteilen wollen“, berichtet Philipp Abresch. Die Motive, die die Kinder gewählt haben, sind vielfältig: Zerstörte Häuser, hastig geretteter Besitz, Verzweiflung – aber auch Kinder beim Spielen. Die Fotos spiegeln mehr Spaß und Freude wider, als das Team beim Verteilen der Kameras vielleicht vermutet hätte. Trotz der vielen traumatischen Erlebnisse, die viele noch immer nicht ganz fassen können, blicken viele auch wieder nach vorne. Gemeinsam mit ihren Familien helfen sie beim Wiederaufbau. Noch geht das Leben nicht weiter wie gewohnt. Das journalistische Experiment des NDR zumindest scheint jedoch geglückt. „Als wir den Kindern erzählt haben, dass ihre Fotos jetzt in Deutschland in einer Ausstellung zu sehen sein werden, waren sie richtig stolz“, sagt Philipp Abresch. Und fügt bewundernd hinzu: „Eine kleine Plastikkamera entwickelt so viel Kraft in den Händen dieser Kinder!“
Titelbild: Johannes Anders
Gruppenbild der VeranstalterInnen: Vanessa Kleinwächter
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