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Sportwagen, Steaks und Sixpacks – die neue alte Männlichkeit

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Marvin Mertens
@MarvMertens

Ressortleitung Stadtgespräch | Kontakt: mertens@hh-mittendrin.de

Jedes Mal, wenn ich an einem Zeitungskiosk oder den ausladenden Zeitschriftenregalen in Supermärkten und Tankstellen vorbeikomme, fühle ich mich ganz furchtbar. Irgendwie total unmännlich. Erst dachte ich, ich würde in einer Identitätskrise stecken. Aber ich weiß jetzt, dass es nicht an mir liegt.

Wer seinen Blick mal über besagte Zeitschriftenregale schweifen lässt, dem dürfte auffallen, dass es in der Männerecke nur wenige Arten von Magazinen gibt. Da sind zum einen die üblichen Verdächtigen auf deren Coverseiten durch- oder übertrainierte Exemplare des männlichen Geschlechts ihre eingeölten, überdimensionierten Sixpacks in die Kamera halten. Neuerdings präsentieren eben diese Herren meistens auch noch einen üppigen Vollbart dazu. „Das perfekte Sixpack in drei Stunden“, „Trend: Haare nur noch auf dem Kopf“ oder „Tequila: Wunderwaffe für mehr Selbstvertrauen“ sind dann die äußerst einfalls- und hilfreichen Themen dieser Magazine.

Dann gibt es da noch die Gruppe der Auto- und Motormagazine, mit Abstand die größte übrigens. Schnittige Sportwagen mit geöffneten Flügeltüren und blitzenden Scheinwerfern, wahlweise auch Familienkutschen, Luxusschlitten, Offroad-Monster oder Oldtimer zieren hier die Coverseiten, begleitet von so kreativen Themenschwerpunkten wie „Machen Sie den Test: Welcher Winterreifen passt zu mir?“, „Größe vor Nutzen: Warum Sie auch in der Stadt einen SUV brauchen“ oder „Vorsicht heiß: Gefahr durch Ledersitze im Sommer“.

Die wohl älteste Art von Herrenmagazinen ist die, die in mehr oder weniger seriöser Form die nackten Körper von Frauen abbildet. Wären die meisten dieser Zeitschriften nicht so billig aufbereitet, dass bereits der Blick auf das Cover abschreckt, könnte man fast von den Klassikern unter den Männermagazinen sprechen. Dass es auch anders geht, zeigt ein Projekt von Volontären der Südwest Presse. Sie haben ein das Erotikmagazin „Reizvoll“ herausgebracht, das die Themen Erotik und Sexualität von einer ganz neuen Seite beleuchtet.

Ein relativ neuer Trend sind die Magazine für den „echten“ und „modernen“ Mann. „Extremextremsport: Jumping ohne Bungee“, „Von wegen Alkoholiker – Wie Whiskey ihr Leben verändern kann“ oder „Holzkohle oder Pellets – So sind Sie der Chef am Grill“ sind dann die grandiosen Titelzeilen. In der Regel sind auf Zeitschriften dieser Art riesige, saftige Steaks, natürlich nicht ohne die obligatorische Grillzange zu sehen. Oder einer der Männer vom Cover eines Magazins der erstgenannten Zeitschriftengruppe, wie er ein Steak grillt, das eingeölte Sixpack nur von einer Schürze bedeckt, mit Fleischresten im Vollbart und Zigarre im Mund. Ja, das ist es, was die Männer wollen. So sind wir. Stark, animalisch und draufgängerisch.

Wir präsentieren: Der normale Mann

Aber ich bin so nicht. Ich will so auch gar nicht sein. Ich trage keinen Vollbart. Ich schaffe es gerade so, die kurze Strecke zur Bahn oder zum Bus zu rennen, ohne dass meine Beine versagen. Ich habe kein Sixpack und seit ich ein Kind war, hatte ich keinen Kontakt mehr mit Körperöl. Ich weiß nicht, wie ein Verbrennungsmotor funktioniert. Ich weiß nicht ob acht Zylinder genug sind oder ob es gleich zwölf sein müssen. Ich verzichte gerne auf Erotikmagazine jeder Art und beim Grillen mit Freunden bin ich eher der Typ, der das Brot aufbackt und das Besteck hinlegt.

Ich bin kein Vollbart tragender, nach Moschus duftender, durchtrainierter, Testosteron gesteuerter, eingeölter, Steaks grillender Autonarr. Überhaupt nicht. Aber die Männer auf den Coverseiten der Zeitschriften schreien mich jedes mal aufs neue an: „Los, sei männlich! Wir zeigen dir doch, wie es geht!“ Die Wahrheit ist, dass ich mich in keinem der Männermagazine wiederfinde. Und ich glaube, es geht nicht nur mir so.

Was dem Markt fehlt, ist eine Zeitschrift, die sich mit den Problemen und Interessen ganz normaler Männer beschäftigt. Meine Themenvorschläge: Eine mehrseitige Fotostrecke zu „Spaß ohne Lebensgefahr – Chillen als Extremsport“, eine Rezeptseite zu „Kalte Küche: Zehn Varianten von Toastbrot“, eine Erlebnisreportage zu „Fahrgemeinschaft mal anders: Mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Großstadtdschungel“ und ein Servicestück zu „In fünf Minuten zum Sixpack: Alle Getränkemärkte in Ihrer Nähe“. Über die Covergestaltung mache ich mir Gedanken, wenn die Finanzierung steht. Dafür muss ich allerdings noch ein paar bärtige, muskelbepackte Grillmeister in Sportwagen überzeugen.

Foto: Claude Le Berre (Wikimedia Commons)

Kommentare anzeigen (2)

2 Kommentare

  1. Ralf

    6. Mai 2014 at 11:32

    Lächel, ein anysanter Artikel, ihr werdet immer besser!

  2. Hans

    17. Juli 2014 at 14:01

    Kindergeheule auf ganz hohem Niveau.

    Warum sollte man noch Zeitschriften lesen? Meistens weil man zu blöd ist das Internet zu bedienen. Und für die Gruppe der digitalen Analphabeten sind die Themen völlig ausreichend.
    Ich informiere mich doch über hoch aktuelle Dinge auch nicht in Tageszeitungen die gestern in den Druck gegangen sind.

    Aber abgesehen davon ist der Autor anscheind eh weit weg von der Realität – möge er Mann durch Frau ersetzen und das ganze nochmal testen, da wird Senior Steinzeit schnell klar, dass ALLE Magazine die Geschlechter verhöhnen. Auf welchen Magazin wird Frau denn „natürlich“ abgebildet? Alice Schwarzer ihm ihre Postille macht das, aber das ist auch die Ausnahme die sich anscheinend nur bei massivem Steuerbetrug noch rechnet.

    Printmedien sind für alle und/oder extrem ungebildete Menschen gedacht. Niemand sonst interessiert sich mehr dafür.

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