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Eine Weihnachtsgeschichte Teil II

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Zu Weihnachten erzählen wir eine klassische Weihnachtsgeschichte neu. An allen drei Weihnachtstagen werden wir einen Teil veröffentlichen. Im zweiten Teil schlägt es zur Geisterstunde und wir erfahren mehr über die Vergangenheit des Bürgermeisters.

Frei nach Charles Dickens

Es schlief sich wie immer hervorragend in dem großen, weichen Himmelbett. Unter einem Berg von bestickten Kissen und Daunendecken schlummerte der Bürgermeister ruhig und zufrieden. Den bösen Traum ein paar Stunden zuvor glaubte er längst vergessen zu haben. Langsam bewegten sich die Zeiger an der großen, alten Standuhr am Ende des Raumes. Das mächtige Pendel schwang in seinem immer gleichen Rhythmus hin und her – tick, tack, tick, tack,spielte es die Musik für den Schlaf des Bürgermeisters. Um Mitternacht stoppte das Pendel plötzlich. Geisterstunde: Des beruhigenden Tickens der Uhr beraubt erwachte der Bürgermeister langsam, blickte in das schwarze Nichts des Raumes und wunderte sich über die ungewohnte Stille. Zunächst erschauderte der mächtigste Mann der Stadt vor der plötzlichen Ruhe – sollte die Prophezeiung des Abends doch kein Traum gewesen sein? War das Verstummen der Uhr ein Vorbote drohenden Unheils? „Humbug“, dachte sich der Bürgermeister und wollte sich gerade wieder auf die Seite drehen, als er an der Fußkante seines Bettes ein winziges Leuchten erkannte.

Zuerst sah das kleine Licht aus wie ein Glühwürmchen, das sanft über der schneeweißen Decke des Bürgermeisters schwebte. Doch zum entsetzen des Stadtvaters wuchs das Leuchten an, wurde größer und begann seine Form zu ändern. Mit einem lauten Schrei wich der Bürgermeister an das äußerste Ende seines Bettes zurück, als sich aus dem schimmernden Etwas vor ihm das Gesicht eines Kindes entwickelte, das zu ihm sprach: „Ich bin der Geist der vergangenen Weihnacht. Fürchte dich nicht.“ Immer noch entsetzt von dem Schauspiel in seinem Schlafgemach erwiderte der Bürgermeister: „Was willst du Geist? Ich bin ein gerechter Mensch und verdiene keine Pein.“ Langsam schwebte der Geist näher heran und legte sich wie ein Nebelschleier über den Körper des Bürgermeister, der wie von Zauberhand zu schweben begann. „Fürchte dich nicht“, sagte der kindliche Geist erneut. „Dir droht kein Leid. Ich will nur, dass du hinsiehst.“

Der Raum um den Bürgermeister herum begann zu verschwinden und durch den Nebel der Zeit schwebte er mit dem Geist davon. Langsam tauchte wie ein Schatten eine längst vergangene Zeit vor den Augen des Bürgermeisters auf. Er erblickte längst vergessen geglaubte Gesichter, hörte Stimmen aus dem Dunkel seiner eigenen Geschichte wieder und vernahm Gerüche, die im fremd und doch so vertraut erschienen. Wie ein großer, unsichtbarer Ballon schwebte er mit dem Geist über einer Szenerie, die sich Jahrzehnte zuvor abgespielt hatte: Eine Weihnachtsfeier des Jugendverbandes, der dem Bürgermeister seinen steilen Aufstieg einst ermöglicht hatte. Unter ihm stießen junge Menschen miteinander an und bedienten sich am Buffet, von denen er sich schon vor langer Zeit abgewandt hatte. Die Gespräche drehten sich um die Zukunft und um den Aufbruch in eine bessere Welt. Die jungen Studenten, die unter dem Bürgermeister feierten, hatten viel vor und träumten davon die aus ihrer Sicht ungerechten Verhältnisse auf der Welt zu verändern.

Das dort bin ja ich und ich bin jung“, entfuhr es dem Bürgermeister. In einer Ecke des Raumes stand sein jüngeres ich, umringt von einer kleinen Gruppe, in der Hand eine Flasche Bier. Er lachte viel und sprach von kommenden Herausforderungen der Politik. Wie eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen sei und auf welchem Wege man den Kapitalismus zukünftig überwinden würde. Er sprach mit solcher Leidenschaft und Überzeugung, dass die Menschen um ihn herum bewundert zu ihm aufsahen. „Aus dem wird einmal ein ganz Großer“, bemerkte einer der umher stehenden älteren Studenten.

Der Bürgermeister betrachtete sich selbst eine ganze Weile. Dann wandte er sich ab und sprach zu dem Geist: „Was soll das? Ich weiß, dass ich als junger Mensch viel Unsinn geredet habe. Daran muss mich niemand erinnern. Aber ich bin erwachsen geworden.“ Das Gesicht des Geistes wandte sich zu dem Bürgermeister und sah ihn eine Weile aus funkelnden blauen Augen an. Dann sagte der Geist: „Es ist liegt nicht an mir, darüber zu urteilen. Du kennst deinen Weg von hier. Wie dich nach oben gearbeitet und nach und nach all das vergessen hast, wovon dieser junge Mann dort unten gerade träumt. Wenn du gehen möchtest, dann kannst du das jederzeit tun.“ Der Bürgermeister dreht sich noch ein letztes Mal zu seinem jüngeren Ich um und sprach: „Ja, lass uns gehen. Hier gibt es nichts mehr für mich.“

Ein kalter Windhauch erfasste den Bürgermeister und fegte die Bilder längst vergangener Tage hinweg. In der einen Sekunde hatte er noch über feiernden Studenten geschwebt, jetzt fand er sich in einer schwach beleuchteten Gasse wieder. Er blickte sich um. Der Geist war verschwunden. Er war allein – dachte er jedenfalls. Während er sich noch verwirrt umsah, sprach plötzlich eine tiefe, aber freundliche Stimme zu ihm: „Schön, dass du endlich hier bist, mein Freund.“ Hinter ihm war eine imposante Gestalt mit feuerroten Wangen, einem kugelrunden Bauch und einem freundlichen Lächeln aufgetaucht. „Ich bin der Geist der aktuellen Weihnacht und du kommst gerade rechtzeitig zu den Feierlichkeiten“, sprach der Geist.

Was erwartet den Bürgermeister bei diesem Fest und welchen Zweck verfolgen die Geister mit ihrem Besuch? Das erfahrt ihr morgen im letzten Teil unserer Weihnachtsgeschichte.

Den ersten Teil verpasst? Hier könnt ihr den Beginn unserer Geschichte nachlesen.

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