Während des 34. Deutschen Evangelischen Kirchentages wurde auch die Debatte um die Privatisierung des öffentlichen Raums am Hauptbahnhof weitergeführt. Parallel zur Veranstaltung „Feierabendmahl unterm Regenbogen“ auf dem Hansaplatz machten der Einwohnerverein St. Georg und das Aktionsbündnis „Mahnwache gegen Bahnwache“ BesucherInnen des Kirchentages mit bewegten und bewegenden Bildern auf die Zustände am Hauptbahnhof aufmerksam.
Auf dem Hansaplatz in St. Georg haben sich am Freitag hunderte Menschen versammelt, um gemeinsam ein Zeichen für mehr Toleranz zu setzen. Die Tische sind mit bunten Tischdecken geschmückt. Der Hansaplatz leuchtet in den Farben eines riesigen Regenbogens. Auf der Bühne werden Reden und Predigten über den Umgang mit Homosexualität in Kirche und Gesellschaft gehalten. Vor der Geschichtswerkstatt am Rande des Platzes haben auch der Einwohnerverein St. Georg und das Aktionsbündnis „Mahnwache gegen Bahnwache“ einen kleinen Tisch aufgebaut. Eifrig werden kleine Teelichthalter zusammengesteckt und Flyer für die Verteilung vorbereitet. Auch die AktivistInnen wollen ein Zeichen setzen. Ein Zeichen für mehr Respekt gegenüber den Menschen, die am Hamburger Hauptbahnhof täglich von Sicherheitsdiensten vertrieben werden.
„Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan“ zitiert „Mahnwache gegen Bahnwache“ auf den Teelichthaltern, die überall auf den Tischen auf dem Hansaplatz verteilt werden, aus der Bibel. Auf der Rückseite wird für die „Mahnwache gegen Ausgrenzung und Vertreibung“ geworben, die sich jeden Donnerstag um 18 Uhr auf dem Hachmannplatz trifft. Die AktivistInnen protestieren gegen die Übertragung des Hausrechts auf dem Platz an die Deutsche Bahn. Obwohl Verfassungsrechtler diese Maßnahme als rechtswidrig betrachten, werden durch den Sicherheitsdienst der Bahn Menschen, die nicht in das Bild einer sauberen Stadt passen, vertrieben. Oft durch den Einsatz von Gewalt. „Der Hamburger Hauptbahnhof soll als Visitenkarte der Hansestadt glänzen“, sagt ein Aktivist von „Mahnwache gegen Bahnwache“. Während des Abendmahls predigt auch die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs. „Gott aber hat den Körper zusammen gefügt und den Benachteiligten einen höheren Wert gegeben, damit es keine Zerrissenheit gibt, sondern alle für einander sorgen“, sagt Fehrs. „Wir brauchen es mehr denn je, einem Paulus zuzuhören, der nicht verleugnet was er sieht“, so Fehrs weiter. Die AktivistInnen wollen sichtbar machen, was viele nicht sehen wollen. Das Ordnungsamt sieht das anders. Das Verteilen der Flyer während des Feierabendmahls wird untersagt. Trotzdem gelingt es dem Einwohnerverein und dem Aktionsbündnis eindrucksvoll auf die Vorgänge am Hauptbahnhof aufmerksam zu machen. Nachdem die Predigten beendet sind wird ein großer Fernseher vor die Geschichtswerkstatt gefahren. Hier werden Aufnahmen gezeigt, die während der vergangenen Monate auf dem Hachmannplatz gemacht wurden und das Schicksal vieler Menschen zeigen, die sich in ihrer Not nicht einmal unter den Dächern des Hachmannplatzes vor Regen schützen dürfen. Die AktivistInnen zeigen den Besuchern des Kirchentages die andere Seite einer Stadt, die sich weltoffen und tolerant präsentieren möchte. „Soviel du brauchst“ ist das Motto des Kirchentages. Ob dies derzeit auch auf dem Hauptbahnhof gilt, muss angesichts der Bilder in Zweifel gezogen werden.
Hier geht es zu den Filmen von „Mahnwache gegen Bahnwache“:
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Ulrich Gehner
7. Mai 2013 at 08:17
Lieber Dominik, herzlichen Dank für den Bericht! Ich bin sehr froh, dass ihr unsere Bahnhofsaktionen unterstützt, und ja auch schon oft vor Ort wart.
Betsen GRUß, ULLI