Christopher Street Day 2015: Lieb‘ doch wen du willst

Politik
Isabella David
@isabelladavid89

Chefredakteurin | Studentin der Politikwissenschaft an der Universität Hamburg | Kontakt: david@hh-mittendrin.de

Zehntausende haben am Samstag an der Parade zum Christopher Street Day teilgenommen. Bunt und laut demonstrierte die queere Community für die Gleichberechtigung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intersexuellen. 

Taft und Federboas, Lack und Leder, Konfetti und Kinderwagen: Der CSD in Hamburg ist nicht nur eine schrille und laute Parade der queeren Community, sondern vor allem eine lebensfrohe, politische Demonstration für die Rechte aller LGBTI-Menschen. Die große Parade ist der Höhepunkt der Pride Week, bei der bereits seit einer Woche aufgeklärt, diskutiert und gefeiert wird.

Mehr als zehntausend Menschen nahmen am Samstag an der Parade durch die Hamburger Innenstadt teil, weit über Hunderttausend säumten den Protestzug im Zeichen der Regenbogenflagge von der Langen Reihe bis auf die Mönckebergstraße. Mit dem diesjährigen Motto „Akzeptanz ist schulreif. Sexuelle Vielfalt auf den Stundenplan“ stellt der Veranstalter Hamburg Pride die Themen Sexualpädagogik und Sexualaufklärung ins Zentrum des diesjährigen Christopher Street Day.

 

„Schülerinnen und Schüler müssen lernen, dass es mehr gibt als die traditionelle Familie mit Vater, Mutter und Kind“, sagt Stefan Mielchen, Vorsitzender von Hamburg Pride. Im Schulunterricht müsse über mehr gesprochen werden, als Schwangerschaftsverhütung und Geschlechtskrankheiten. Die Lehrpläne der Sexualpädagogik müssen die längt gelebte Vielfalt sexueller Lebensformen endlich widerspiegeln, so der Vorsitzende.

Die Zeit für Akzeptanz ist jetzt

Dass diese Lebensentwürfen von allen Menschen gleichermaßen ausgelebt werden können, ist auch in diesem Jahr Kernforderung des CSD in Hamburg. „Wir demonstrieren heute auch dafür, dass die Ehe für alle endlich Wirklichkeit wird“, sagt Mielchen. Die Politik solle dafür sorgen, dass auch in Deutschland die Ehe für Lesben und Schwule geöffnet werden. Mit einem deutlichen Statement wendet sich der Hamburg Pride an die Bundesregierung und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): „Verschieben Sie die Gleichstellung nicht in die ferne Zukunft, denn die Zeit für Akzeptanz und Gleichstellung ist genau jetzt“

Mehr als nur eine Party

Dass es auch 2015 noch wichtig ist, beim CSD für Akzeptanz und Gleichberechtigung zu demonstrieren, betonen die zahlreichen PolitikerInnen, die an der Parade teilnehmen. „Wir haben noch lange nicht alles erreicht“, sagt Annkathrin Kammeyer, Fachpolitische Sprecherin der SPD-Bürgerschaftsfraktion für die Belange von LGBTI. So müsse beispielsweise die Abstimmung über die Ehe für alle freigegeben werden „Der CSD ist eine bunte, schrille Demo für die Vielfalt“, so Kammeyer, „und ganz Hamburg feiert mit.“

Die Geschichte des CSD
Im Jahr 1969 leisteten Lesben, Schwule, Transgender und Bisexuelle erstmals systematisch Widerstand gegen staatliche Diskriminierung und Repression. Dabei kam es nach einer Polizei-Razzia im Stonewall Inn im New Yorker Bezirk Greenwich Village drei Tage lang zu  massiven Protesten der queeren Community. In Erinnerung an diese Ereignisse finden seitdem in aller Welt jährliche politische Paraden statt, die Christopher Street Days bzw. Gay Pride Paraden.

„In allen gesellschaftlichen Bereichen gibt es noch viel zu tun bis das Motto des diesjährigen CSD endlich umgesetzt wird“, erklärt Martin Dolzer, queerpolitischer Sprecher der Linksfraktion in der Bürgerschaft. „Nur durch die Förderung und ausreichende Finanzierung von Bildung und Aufklärung kann Akzeptanz gegenüber allen Lebensentwürfen schon in der ersten Lebensjahren, in KiTa und Schule, entstehen“, sagt Dolzer.

„Wie wir schon bei der Gegendemo zu den „Besorgten Eltern“ gezeigt haben, gehört für unser Verständnis von einer offenen und toleranten Gesellschaft auch ein verantwortungsbewusst aufklärender Unterricht dazu“, sagt Luisa Keßling, Frauen- und Genderpolitische Sprecherin der Grünen Jugend Hamburg. In der Schule dürfe nicht ausschließlich Heterosexualität thematisiert werden – gerade dort werde der Grundstein für Akzeptanz und Toleranz gelegt.

 

Fotos: Isabella David

 

Klicken um Kommentar zu schreiben

Artikel kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Mehr in Politik

Demonstration Golden Pudel, 19.2.2016, Foto: Isabella David

Demo für den Pudel Club: „Unsere Ruine kriegt ihr nicht!“

Isabella David20. Februar 2016
1-Michael_Neumann_SPD1

Innensenator Neuman tritt zurück – Grote wird Nachfolger

Isabella David18. Januar 2016
Winternotprogramm Münzviertel, Oktober 2015, Foto: Isabella David

Petition an die Sozialbehörde: „Das Winternotprogramm tagsüber öffnen!“

Isabella David8. Januar 2016
Tegida Demo Januar 2015, Foto: Henry Lührs

Anpacken statt lang schnacken – das war 2015 in Hamburg-Mitte

Isabella David31. Dezember 2015
Tagesstätte für Geflüchtete, Bieberhaus, Foto: Isabella David

Tagesstätte für Geflüchtete im Bieberhaus: „Vieles ist improvisiert“

Isabella David17. Dezember 2015
Schulstreik 2013, Foto: Dominik Brück

Schüler demonstrieren: „Bleiberecht statt Waffenexporte“

Isabella David17. Dezember 2015
Hosemann, City-Hof, Foto: Isabella David

Interview: „Dem City-Hof ein Denkmal setzen“

Isabella David10. Dezember 2015
FOTO: POLITIKWERFT DESIGNBÜRO

„Basta-Politik gescheitert“: Scholz nach Olympia-Referendum in der Kritik

Isabella David9. Dezember 2015
Olympia in Hamburg

Diskussion: Olympia in Hamburg – ja oder nein?

Mittendrin27. November 2015

Rund um Billstedt, Billbrook und Horn atmet die grüne Lunge der Stadt. In Hamm, Rothenburgsort, Borgfelde, Hammerbrook, St.Georg, der Alt- und Neustadt, und auf St. Pauli riecht und schmeckt man Hamburg an jeder Straßenecke. Die Hafencity glänzt und glitzert im Schatten der dicken Pötte und Kräne.

Die andere Seite der Elbe auf der Veddel, in Wilhelmsburg, auf dem Kleinen Grasbrook, in Steinwerder, Waltershof, Finkenwerder und auf der Insel Neuwerk lässt hanseatische Tradition spürbar werden.

Das ist Hamburg-Mitte, unser Bezirk inmitten einer lebhaften Stadt. So vielfältig wie seine Bewohner sind die Geschichten, die wir erzählen.

Mittendrin ist Name und Programm – täglich sind wir unterwegs und bringen euch spannende Reportagen, aktuelle Lokalnachrichten und ausdrucksstarke Bilder und Videos aus Hamburgs bunter Mitte.

Hamburger Geschichten

© 2012 - 2015 Mittendrin | Alle Rechte vorbehalten. Impressum - Umsetzung Politikwerft Designbüro.