Die Finanzierung der Hochschulen gerät in Hamburg immer wieder in die Kritik. Mittendrin hat mit Phillipp-Sebastian Kühn, Sprecher für Wissenschaft und Forschung der SPD-Bürgerschaftsfraktion, über fehlende Spielräume im aktuellen Doppelhaushalt, die Abschaffung der Studiengebühren und die Zukunft des Hochschulstandorts Hamburg gesprochen.
Mittendrin: Bei den Haushaltsberatungen hat man sich sehr intensiv mit der Finanzierung der Universität beschäftigt, dennoch kommt es gerade immer wieder zu Protesten von Studierenden gegen eine unzureichende Ausstattung der Uni. Warum gibt es diesen Widerstand?
Philipp-Sebastian Kühn: Zunächst mal muss man sagen, dass Hamburg besonders im Bereich Bauinvestitionen sehr viel macht, viel mehr als die meisten anderen Bundesländer. Das machen wir hauptsächlich über der Mieter-Vermieter-Modell und haben da zwei große Projekte, das ist der Campus Bundesstraße und der Forschungsneubau in Bahrenfeld. Ein Problem, das die Leute auf die Straße treibt, ist jedoch der Punkt der Grundfinanzierung. Die ist vorgegeben durch die Hochschulvereinbarung.
Das ist keine einfache Situation für die Hochschulen. Wir haben da aber als Fraktion die klare Erwartung an den Senat, dass man mit den Hochschulen ins Gespräch kommt, da spätestens im kommenden Doppelhaushalt über Kostensteigerungen neu verhandelt werden muss. Da kann man nicht zuviel versprechen. Klar ist aber, dass eine einfache Fortschreibung der bestehenden Verträge so nicht gehen kann.
Und welche Maßnahmen trifft man bereits in diesem Doppelhaushalt, um den Uni-Standort Hamburg zu stärken?
Wir haben einen massiven Sanierungsstau, den niemand bestreitet. Ich glaube aber, dass kein Senat seit langem diesen so strukturiert angeht wie wir. Es bleibt natürlich trotzdem schwierig. Der Philosophenturm ist da sicher ein gutes Beispiel. Die Außen- und Innensanierung des Phil-Turms ist vom letzten rot-grünen Senat beschlossen worden. Die Außensanierung hatte ja schon begonnen und dann wurde das Projekt gestoppt und mit den 20 Millionen für die Innensanierung die HafenCity-Universität gebaut.
Wir stehen jetzt vor dem Problem, dass das Gebäude kurz vor der Schließung steht. Die Sanierung muss nächstes Jahr beginnen, die Kostenschätzung dafür liegt inzwischen bei 50 Millionen Euro. Das sind dann die 30 Millionen Euro, die wegen Nichtsanierung dazugekommen sind. Unter diesen Bedingungen versuchen wir einen Spagat zwischen Grundfinanzierung und Investition zu machen.
Dann ist das Hauptanliegen in diesem Haushalt zunächst den Sanierungsstau zu lösen?
Genau. Das sind einfach wichtige Maßnahmen. Die Schuldenbremse ist dabei aber ein Problem. Hamburg macht zwar im Bereich der baulichen Investitionen eine Menge, steht aber was die Regelfinanzierung angeht vor den gleichen Problemen wie die anderen Bundesländer, dass wir die Schuldenbremse einhalten müssen. Das gibt dem Gesamtetat der Stadt einen enormen Deckel. Wenn man sich insgesamt die Ausgaben im Bildungsbereich, also gerade am Kitas und Schulen ansieht, dann wird schnell deutlich, dass dieser Flaschenhals im Haushalt immer enger wird. Für die Regelfinanzierung der Hochschulen bleibt da wenig Spielraum.
Ist denn unter diesen Bedingungen die Abschaffung der Studiengebühren weiter als richtig anzusehen?
Die Hochschulen sind ja jetzt nicht schlechter gestellt, wir haben im Prinzip die gleiche Situation, die wir 2011 vorgefunden haben. Mit dem Unterschied, dass wir jetzt massiv investieren und die Abschaffung der Studiengebühren durchgesetzt haben. Ich war immer dafür und habe auch hart dafür gekämpft, weil das für mich ein Grundwert sozialdemokratischer Politik ist, freie Bildung für alle. Das soll für die Kita, die Schule und eben auch die Hochschule gelten.
Das Signal, das Hamburg damals gesendet hat, war extrem wichtig. Mit dem Hamburger Signal sind damals alle anderen Bundesländer gefolgt. Auch wenn Länder schon vorher die Gebühren abgeschafft haben, so hat die konsequente Umsetzung in Hamburg doch die Diskussion bundesweit beeinflusst. Dafür sind die fehlenden 38 Millionen jeden Cent wert. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern haben wir ja auch den Einnahmeverlust vollständig ausgeglichen.
Man steht nun aber vor dem Problem, dass zwar viele junge Menschen von der freien Bildung profitieren wollen, es aber einfach nicht genügend Plätze gibt, gerade im Masterbereich…
Es kann in einem föderalen Bildungssystem nicht jeder eine Masterplatzgarantie in Hamburg bekommen. Wenn man zum Beispiel Hamburger Bachelorabsolventen einen Platz garantieren würde, hätte man das Problem, dass Studierende von anderswo, die bessere Noten haben, nicht in Hamburg studieren könnten. Das können wir nicht wollen. Hamburg ist nunmal weiterhin einer der attraktivsten Studienorte in der Bundesrepublik. Ich finde es falsch Studierenden aus anderen Bundesländern die Möglichkeit zu nehmen hier zu studieren. Die Ausnahme müssen natürlich Studiengänge bilden, bei denen der Bachelor keinen berufsqualifizierenden Abschluss darstellt, wie zum Beispiel ein Studium auf Lehramt.
Ein weiterer Bereich, in dem es nicht genügend Kapazitäten gibt, ist das studentische Wohnen. Gibt es in diesem Haushalt Pläne die Situation hier zu verbessern?
Wir machen da wahnsinnig viel, das geht immer etwas unter. Wir haben zum Beispiel zwei Anträge beschlossen, bei denen es um Grundstücke geht, die es dem Studierendenwerk ermöglichen weitere Projekte umzusetzen. Das klingt einfach, ist politisch aber immer ein komplizierter Vorgang, da man die Grundstücke ja deutlich unter dem Verkehrswert oder umsonst zur Verfügung stellt. Wir machen zusätzlich viel im Bereich energetische Sanierung, weil die meisten Studentenwohnheime ja aus den 60er oder 70ern sind und es auch da einen massiven Sanierungsstau gibt. Das Thema studentisches Wohnen nehmen wir sehr ernst. Aber natürlich gibt es auch in diesem Bereich viele Kostensteigerungen, die wir einfach nicht abfedern können.
Wenn man jetzt mal in die Zukunft schaut: Hamburg ist ein attraktiver Studienstandort, der mit einem sehr engen Haushalt erhalten werden muss. Wie wird sich die Hochschullandschaft in der Stadt entwickeln?
Den Blick in die Glaskugel kann ich gerne wagen, da wie gesagt vieles durch die Vorgaben der Schuldenbremse bestimmt wird. Das was wir im Moment erleben, ist daher im Vergleich zu dem was in zwei, vier und sechs Jahren auf uns zukommt noch verhältnismäßig charmant. Die Situation wird unter der Maßgabe, dass ab 2020 die Länder mit ihren Einnahmen ihre Ausgaben decken müssen, immer schwieriger. Und wir reden noch nicht davon Schulden zurückzuzahlen, um künftig wieder Spielräume zu schaffen.
Wenn die wirtschaftliche Entwicklung gut ist, wir ab 2017/2018 keine Schulden mehr machen und wirklich beginnen diese abzubauen, erst dann würden wieder Spielräume entstehen. Das wäre aber frühestens Mitte des nächsten Jahrzehnts. Es sei denn, man würde die Steuereinnahmen der Länder stark erhöhen, aber das sehe ich nicht. Sich gegen die Schuldenbremse zu stellen und mit der Verschuldung weiterzumachen ist aber auch keine Lösung. Bis die Schuldenlast wesentlich abgebaut ist, heißt Politik also Mangel managen.
Titelbild: Merlin Senger, via Wikimedia Commons
Foto von Sebastian Kühn: SPD
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