Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat die Klage einer Hauseigentümerin gegen die Soziale Erhaltensverordnung in St. Georg abgewiesen. Das Urteil stärkt das Instrument und zeigt, dass der Bedarf für derartige Regelungen weiter groß ist.
„Diese Entscheidung zeigt, dass sich unsere gründliche Arbeit gelohnt hat“, sagt Michael Mathe, Leiter des Fachamtes für Stadt- und Landschaftsplanung. Auch zukünftig müsse man darauf achten, dass trotz langwieriger Verfahren eine Soziale Erhaltensverordnung nur auf der Grundlage solider Daten beschlossen werde. Zu diesem Schluss kommt der Stadtplaner nachdem das Hamburgische Oberverwaltungsgericht die Klage einer Hauseigentümerin gegen die Soziale Erhaltensverordnung abgewiesen hat – ein Urteil mit Signalwirkung auch für andere Stadtteile.
Kritik am Vorgehen der Behörde
Im Februar 2013 hatte die Eigentümerin eines viergeschossigen Mietshauses in der Gurlittstraße gegen die Soziale Erhaltensverordnung geklagt, die ein Jahr zuvor erlassen worden war. Die Klägerin fühlte sich durch die Verordnung benachteiligt, nachdem sie ihr Haus mit hohem finanziellen Aufwand denkmalgerecht saniert hatte. Die Verordnung schafft strenge Auflagen für bauliche Änderungen und Nutzungsänderungen an Gebäuden, um die Zusammensetzung der Bevölkerung in einem Stadtteil zu erhalten. So bedarf die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen einer besonderen Genehmigung. Mit dieser Maßnahme soll die Verdrängung von Menschen durch Gentrifizierungsprozesse in Folge steigender Mieten verhindert werden.
Die Klägerin begründete ihre Beschwerde unter anderem damit, dass der Sinn einer solchen Verordnung in St. Georg nicht gegeben sei, da einkommensschwache BewohnerInnen bereits verdrängt worden seien – somit gebe es keinen Grund mehr, die BewohnerInnen zu schützen. Zudem kritisierte die Klägerin die Methode, mit der das Fachamt die Daten für die Entscheidung gesammelt hatte. Die repräsentative Befragung von 530 Haushalten sei nicht ausreichend, da so nur neun Prozent der Haushalte insgesamt erfasst worden seien und man überwiegend MieterInnen statt EigentümerInnen befragt habe. Die Klägerin kommt daher zu dem Schluss, dass die Soziale Erhaltensverordnung einen unzulässigen Eingriff in ihr Eigentum darstellt.
Verdrängung weiter möglich
Das Gericht sieht das anders: Der Druck auf die BewohnerInnen St. Steorgs, den Stadtteil aufgrund steigender Mieten verlassen zu müssen, sei weiterhin hoch. Zweifel an der Repräsentativität der Untersuchungen durch das Fachamt konnte das Gericht nicht feststellen. Das Statistikamt Nord habe bestätigt, dass die Datenmenge für ein differenziertes Ergebnis nicht ausreiche. Zudem zeigten die Untersuchungen deutlich, dass eine hohe Anzahl an Wohnungen in St. Georg durch Modernisierungen noch aufgewertet werden könnten, was steigende Mieten und Verdrängungsprozesse zur Folge haben könnte. Auch die Klägerin habe geplant, ihr Haus durch einen Fahrstuhl aufzuwerten. Dabei sei es unerheblich über welches Einkommen die Bevölkerung eines Stadtteils im Schnitt verfüge. Das Ziel der Verordnung sei nicht der Schutz ärmerer Bevölkerungsschichten, sondern der Erhalt der sozialen Zusammensetzung eines Stadtteils. Zudem lebten gerade in St. Georg noch viele Menschen mit vergleichsweise günstigen Mieten, die durch eine Aufwertung besonders betroffen wären – zumal viele der BewohnerInnen durch die lange Wohnzeit von mehr als 15 Jahren eine besondere Verbundenheit zu ihrem Stadtteil hätten.
Laut Oberverwaltungsgericht ist die Soziale Erhaltensverordnung daher in St. Georg nicht nur zulässig, sondern auch ein geeignetes Mittel, um Verdrängungsprozesse zu verhindern. Dies war zuvor insbesondere auf St. Pauli, aber auch in anderen Stadtteilen in der Vergangenheit immer wieder in Zweifel gezogen worden. Mit dem Urteil wird das Instrument nun gestärkt und das Fachamt darin bekräftig, auch in Zukunft sorgfältig zu prüfen, ob der Erlass einer Erhaltensverordnung sinnvoll und zulässig ist. Unter anderem wird gerade in Hamm und Horn mit einem Strukturmonitoring ein solcher Prozess durchgeführt. Auch in der nördlichen Neustadt soll bald die Möglichkeit einer Sozialen Erhaltensverordnung geprüft werden. Klare Zeichen also, dass der Verdrängungsdruck auf dem Hamburger Wohnungsmarkt nicht nachlässt.
Foto: Henry Lührs
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