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Refugee-Camp-Hamburg: Stadt und Bezirk bleiben hart

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Am Sonnabend demonstrierten in St. Georg rund 400 Menschen, um sich mit dem Protest der Flüchtlinge aus der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ solidarisch zu zeigen. Die Unterstützung für die Flüchtlinge, die seit Wochen obdachlos auf der Straße leben müssen, wächst stetig. Dennoch weigern sich sowohl die Stadt, als auch der Bezirk weiterhin den Flüchtlingen schnelle Hilfe zukommen zu lassen.

Mit der Demonstration am Sonnabend wollen die Flüchtlinge, unterstützt von zahlreichen HamburgerInnen, erneut auf ihre Lage aufmerksam machen. In den vergangenen Wochen hatte die Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ bereits mehrfach mit Protestaktionen versucht von der Stadt Hilfe zu erhalten. Am Steindamm betreiben die Flüchtlinge ein Infozelt. Bisher nennt der Senat jedoch die Registrierung der Flüchtlinge als Bedingung für die Vermittlung einer Unterkunft. Im Anschluss sollen die Flüchtlinge zurück nach Italien gebracht werden, wo sie in der Vergangenheit bereits zwei Jahre in Aufnahmelagern gelebt haben. Bürgermeister Olaf Scholz verweist dabei auf das geltende europäische Asylrecht, das die Verantwortung für Flüchtlinge dem Erstaufnahmeland zuweist.

Foto: Dominik BrückDie Flüchtlinge waren vor dem Krieg in Lybien über das Mittelmeer geflohen. Nachdem die italienischen Flüchtlingsunterbringungen geschlossen wurden, mussten die Flüchtlinge in andere europäische Staaten ausreisen. So sind derzeit auch die Familien der Flüchtlinge in Hamburg zum Teil über ganz Europa verteilt. „Wir sind eine besondere Art von Flüchtlingen und benötigen besondere Unterstützung“, sagt Affo Tchassei, Sprecher der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“. Viele Flüchtlinge seien durch Krieg und Flucht traumatisiert. „Wir wollten nie nach Europa oder Hamburg kommen, aber der Krieg hat uns dazu gezwungen. Europa hat uns Schutz versprochen, diesen fordern wir jetzt auch von der Stadt Hamburg“, sagt Tchassei weiter. Die italienische Regierung habe einigen von ihnen Geld für die Reisekosten gegeben. „Die Lage der Wirtschaft in Italien ist nicht gut. Dort haben wir keine Zukunftsperspektive“, sagt Tchassei. Die Flüchtlinge fordern von der Stadt eine Unterkunft sowie Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung. Auch eine Arbeitserlaubnis zählt zu den Forderungen der Flüchtlinge. „Wir wollen nur selbst für uns sorgen können“, sagt Affo Tchassei.

Foto: Dominik BrückRund 70 Flüchtlinge sind seit vergangener Woche in der St. Pauli Kirche am Fischmarkt untergebracht. Weiter 15 Flüchtlinge konnten in einer Moschee in Glinde ein Obdach finden. Ein Großteil der Flüchtlinge muss jedoch weiter auf der Straße leben. Aufgrund der humanitären Notlage forderten die Piraten am vergangenen Dienstag im Hauptausschuss den Bezirk zum Handeln auf. Es müssten sofort Flächen für eine Notunterbringung zur Verfügung gestellt werden. Weiterhin solle die Bezirksversammlung den Senat auffordern schnell Hilfsmaßnahmen zu ergreifen. „Die Stadt verweigert bisher jede Hilfe“, sagt Andreas Gerhold, Fraktionsvorsitzender der Piraten. Sein Fraktionskollege Michael Büker ergänzt: „Die Menschen müssen hier in unserem Bezirk auf der Straße schlafen, daher muss der Bezirk auch handeln“. Die regierenden Sozialdemokraten lehnen den Antrag jedoch ab und verweisen auf die Zuständigkeitsregelungen. „Hier gilt Bundes- und sogar EU-Recht. Der Bezirk ist nicht zuständig. Dies ist durch klare Rechtsnormen geregelt“, sagt Falko Droßmann, Fraktionsvorsitzender der SPD. Auch Bezirksamtsleiter Andy Grote sieht für den Bezirk keine Möglichkeit einzugreifen. Man könne nicht einfach auf irgendwelchen Flächen Zelte aufstellen. Dies sei schon aus hygienischen Gründen unmöglich. „Es sind leider viele Flüchtlinge in Hamburg obdachlos, daher liegt hier keine besondere Situation vor“, sagt Grote. Es gebe in Hamburg insgesamt zu wenige Unterkünfte für Flüchtlinge und Obdachlose. „Der Bezirk ist hier nur am Rande beteiligt“, sagt Grote weiter.

Foto: Dominik BrückAm Sonnabend wird deutlich, dass viele HamburgerInnen die Forderungen der Flüchtlinge unterstützen und die Stadt zum Handeln auffordern. „Wenn ich Politiker wäre, würde ich mit so vielen Unterstützern ins Rathaus gewählt“, sagt Affo Tchasei. Auch die DGB Jugend Nord, die an diesem Wochenende in Hamburg eine Bezirkskonferenz abhält, hat am Sonnabend eine Resolution zur Unterstützung der Flüchtlinge beschlossen. „Ein Hamburg, das den Zusatz weltoffen beansprucht, muss den berechtigten Forderungen der Geflüchteten nachkommen“, heißt es in der Resolution. Es bleibt abzuwarten, ob die Stadt oder der Bezirk durch den wachsenden Druck bald im Sinne der Flüchtlinge Maßnahmen ergreifen werden.

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