Am Donnerstag beschloss die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte mit großer Mehrheit den Bau einer Seilbahn von St. Pauli über die Elbe abzulehnen. Die Abgeordneten machten deutlich, dass ein derartiges Projekt von der Bezirkspolitik und den BewohnerInnen von St. Pauli nicht gewollt ist – trotz umfangreicher Lobbyarbeit der möglichen Seilbahnbetreiber.
Seit Monaten wird die Möglichkeit eine Seilbahn von St. Pauli bis zum Musical-Theater im Hafen zu bauen heftig diskutiert. Erst kürzlich versuchte Musicalbetreiber Stage-Entertainment in einer großen PR-Kampagne Einfluss auf die Öffentliche Meinung und die Politik zu nehmen. Das Unternehmen erhofft sich vom Bau der Seilbahn ein erhöhtes Tourismus Aufkommen sowie eine schnelle Verbindung zwischen dem Musical-Theater im Hafen und St. Pauli. Trotz der umfangreichen Lobbyarbeit ist es dem Unternehmen jedoch nicht gelungen die Abgeordneten der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte von ihrem Vorhaben zu überzeugen. „Auch ich habe regelmäßig Geschenke und Angebote von Stage erhalten und konnte diese gar nicht so schnell zurückschicken, wie sie in meiner Post gelandet sind“, sagt Falko Droßmann, Fraktionsvorsitzender der SPD.
Stage hat in den vergangenen Monaten alles daran gesetzt ein positives Bild von dem Seilbahnprojekt zu zeichnen. Der Höhepunkt der Kampagne war eine Reise von Hamburger Politikern nach Koblenz, um sich dort von den Vorteilen der Seilbahn, die im Rahmen der Bundesgartenschau 2011 in der Stadt am Rhein entstanden ist, überzeugen zu lassen. „Es gibt eine enorme Lobbyarbeit für die Seilbahn. Wir sind auf die Unterstützung der BürgerInnen angewiesen, um dieses Projekt zu verhindern“, sagt Droßmann. Die Ablehnung der Seilbahn in der Bevölkerung scheint in der Tat groß zu sein. So beschloss die Stadtteilkonferenz in der Neustadt fast einstimmig das Bauvorhaben abzulehnen. Stage hingegen versucht über die Medien ein anderes Bild der öffentlichen Meinung zu verbreiten. Anfang der Woche berichtete das Hamburger Abendblatt über eine Studie, die angeblich repräsentativ belegt, dass jeder zweite St. Paulianer für die Seilbahn ist. Jedoch wurden im Rahmen der Umfrage nur 518 Personen befragt. Eine verschwindend kleine Zahl, wenn man die Gesamtbevölkerung von St. Pauli mit 23.000 EinwohnerInnen betrachtet. Zudem gibt es Vorwürfe, die besagen, die Umfrage sei nicht korrekt durchgeführt worden. „Mir ist zugetragen worden, dass den Befragten zunächst ein Werbevideo der Seilbahn gezeigt und dann die Frage gestellt wurde, ob man dies gut findet“, sagt Andreas Gerhold, Fraktionsvorsitzender der Piraten. Die Grüne-Bezirksabgeordnete Jutta Kodrzynski ergänzt: „Es scheint als habe die PR-Agentur, die diese Umfrage erstellt hat, behauptet sie sei indirekt durch die Stadt beauftragt worden. Wir werden dem nachgehen“.
In einem Antrag der SPD und FDP spricht sich die Bezirksversammlung mehrheitlich gegen den Bau der Seilbahn von St. Pauli in den Hafen aus. Durch ein solches Bauwerk werde das Stadtbild gestört und der Stadtteil durch die zu erwartenden Besucherströme stark belastet. Der touristische Mehrwert liege in einer reinen Zubringerfunktion für die Musical-Theater, während ein Nutzen als öffentliches Verkehrsmittel kam erkennbar sei. Allerdings sieht der Antrag auch vor einer möglichen Seilbahnstrecke durch die HafenCity zustimmen zu können. Hier gebe es kaum Widerstand der Bevölkerung, zudem könne ein Bau dort zu einer Belebung des Quartiers führen. „In diesem Punkt widersprechen sich SPD und FPD, wenn sie einerseits den Bau auf St. Pauli mit den genannten Gründen ablehnen und andererseits sagen in der HafenCity sei das in Ordnung“, sagt Olaf Harms, Bezirksabgeordneter der Linken.
Der Auftrag, den die Bezirksversammlung dem Bezirksamtsleiter, Andy Grote, gibt ist jedoch klar. Keine Seilbahn auf St. Pauli. Im Hintergrund hat es in dieser Woche bereits vor dem Beschluss der Bezirksversammlung Gespräche über das Bauvorhaben gegeben. „Gehen sie davon aus, dass ich die Meinung der Bezirksversammlung dort vertreten habe und dass dies nicht ohne Wirkung geblieben ist“, sagt Andy Grote. Mit der Unterstützung der Bezirksversammlung im Rücken will sich der Bezirksamtsleiter auch zukünftig gegen das Projekt Seilbahn auf St. Pauli stark machen.
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