Die geplante Öffentliche Unterbringung von Flüchtlingen in der alten Schule im Osteinbeker Weg hat in Billstedt zu hitzigen Diskussionen geführt (Mittendrin berichtete). Nicht nur eine Anwohnerinitiative, sondern auch die Bezirkspolitik positionierte sich größenteils gegen die geplante Unterbringung. Mittendrin interviewte Kerstin Gröhn, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD in Hamburg-Mitte und Michael Osterburg, Fraktionsvorsitzender der Grünen.
Mittendrin: Warum sind Sie gegen die Unterbringung von Flüchtlingen im Osteinbeker Weg?
Gröhn: Wir halten das Grundstück aufgrund seiner Lage für ungeeignet für eine öffentliche Unterbringung. Aus meiner Sicht gibt es besser geeignetere Flächen.
Osterburg: Wir haben Schwierigkeiten mit dem Gelände, weil es nur für 1,5 Jahre verfügbar sein wird. Außerdem geht es uns um die hohen Investitionen, die für den Umbau des alten Schulgebäudes getätigt werden müssen. Die Behörde hat bis jetzt nicht offen gelegt, um welche Summe es sich handelt. Seit sieben Jahren versucht dort Wohnungsbau durchzusetzen, jetzt soll dieser auch so schnell wie möglich umgesetzt werden.
Mittendrin: Wie ist Ihre Einschätzung von der Unterbringung am Mattkamp?
Osterburg: Die Unterbringung am Mattkamp ist problematisch, weil die Belegungszahl zu hoch ist. Sehr viel Betreuungsangebote wurde dort abgebaut. Es müsste hier wesentlich mehr Sozialstunden geben.
Gröhn: Wenn man sich dir Pavillons ansieht, wird der halbprovisorische Zustand deutlich, in dem die Einrichtung steckengeblieben ist. Die Einrichtung sollte nur für fünf Jahre hier sein.
Mittendrin: Meinen Sie solche Unterbringungen würden mehr Akzeptanz finden, wenn das Betreuungsangebot verbessert werden würde?
Gröhn: Grundsätzlich finden wir, dass große Unterkünfte eigentlich nicht zeitgemäß sind. Eigentlich bräuchte man kleinere dezentrale Unterkünfte mit einer entsprechenden Betreuung.
Osterburg: Kleinere Einrichtungen sind immer zu bevorzugen. Der Mattkamp und der Billstieg sind vor allem aufgrund der zu hohen Belegung problematisch. Auch dies sind die Auswirkungen der Wohnungsnot. Die Menschen haben es so schwer diese Einrichtungen zu verlassen.
Mittendrin: Gibt es aus Ihrer Sicht Alternativen zum Osteinbeker Weg?
Osterburg: Unsere Forderung ist ein Hamburger Gesamtkonzept und mehr dezentrale Einrichtungen. In Billstedt sind doppelt so viele Flüchtlinge untergebracht wie im gesamten Bezirk Eimsbüttel. Wir sagen nicht, dass wir keine Flüchtlinge wollen, sondern wir kritisieren das Konzept was hier durchgeführt wird. –> Weiter auf Seite 2
Mittendrin: Sie sagten eben, in Billstedt würden 1200 Menschen in einer öffentlichen Unterbringung leben. Tatsächlich liegt jedoch nur der Mattkamp mit 323 Bewohnern im Stadtteil Billstedt. Wie erklären Sie sich die unterschiedlichen Zahlen, die oft genannt werden?
Gröhn: Die schmeißt gerade jeder zusammen, wie er sie haben will. Ich habe in unserem Antrag die Zahlen so zusammengefasst, wie sie für unseren Regionalbereich Billstedt und Billbrook auch gelten. Das sind 837 Menschen.
Mittendrin: Kritiker werfen der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration vor, den Zeitplan des Bauverfahrens zu verzögern. Ist das Verfahren nicht ein Automatismus, der unabhängig von der Unterbringung verläuft?
Gröhn: Es ist ein Automatismus. Trotzdem kann die zeitliche Abfolge beeinflusst werden.
Osterburg: Es ist in der Tat ein Automatismus. Wir kritisieren die mangelnde Transparenz von Seiten der BASFI. Wir haben Angst, dass die Behörden das Gelände nicht rechtzeitig freigeben. Wir wollen daher einen verbindlichen Endzeitpunkt, damit alle Beteiligten Klarheit über den Ablauf des Verfahrens haben und entsprechend planen können.
Mittendrin: In Bergedorf und Harburg hat sich die NPD bereits dem Protest gegen geplante öffentliche Unterbringungen angeschlossen. Ist das auch für Billstedt zu befürchten?
Osterburg: Wir haben uns scharf gegenüber der Behörde geäußert, weil wir wollen, dass die Bürger wissen, dass die etablierten Parteien sich für ihre Belange einsetzen. Das beste Mittel die NPD rauszuhalten ist zu zeigen, dass die demokratischen Parteien sich dem Thema annehmen.
Gröhn: Es ist unsere Aufgabe klar Position zu beziehen und klar zu machen, dass es nicht gegen die Menschen geht, die unsere Hilfe benötigen. Es gab in der hitzigen Diskussion Äußerungen die nicht akzeptabel sind. Die Politik muss hier Grenzen setzen und für eine sachliche Diskussion sorgen.
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