Wie heute durch einen Artikel von SPIEGEL ONLINE und eine Stellungnahme auf der Homepage der Initiative Sauberes Hamburg bekannt wurde, steckt hinter der Kampagne eine Spielefirma. Die Macher sagen, dass sie mittels Satire auf die Situation von Obdachlosen in Hamburg aufmerksam machen wollten.
In der vergangenen Woche sorgte die „Initiative Sauberes Hamburg“ für Aufmerksamkeit im Netz und in den Hamburger Medien. Auf der Homepage wurde im Namen einer Bürgerinitiative gegen Obdachlose in Hamburg gehetzt. Aufgegriffen wurden dazu aktuelle Themen, wie der Vertrag der Stadt mit der Deutschen Bahn am Hauptbahnhof oder Pfandsammler. Auch Mittendrin recherchierte und fragte: „Hetze, Satire, Datenklau?“ Sogar der Senat distanzierte sich in einer Pressemitteilung ausdrücklich von der Seite.
Die Macher der Seite geben sich nun zu erkennen: Marius Follert und Niels Wildung. Die Geschäftsführer der „Farbflut Entertainment GmbH“ aus Hamburg. Die Firma wurde bereits vor einigen Jahren bekannt für das Browsergame „Pennergame“, bei dem Spieler ihren Charakter, einen Obdachlosen, vom untalentierten Obdachlosen zum Bettel-König aufsteigen lassen können. Diese Art des Umgangs mit der Thematik wurde von der Politik, aber auch zahlreichen Initiativen, die sich für die Belange von Obdachlosen engagieren, scharf kritisiert. „Wir setzen uns seit Jahren mit provokanten und unorthodoxen Mitteln dafür ein, die Probleme der Menschen am Rande unserer Gesellschaft in den Fokus zu rücken“, sagen die Macher darüber selbst in ihrer Stellungnahme. Ziel der Aktion sei es insbesondere gewesen Aufmerksamkeit zu erregen: „Aufmerksamkeit für ein wirklich dramatisches Problem dieser Gesellschaft. Aufmerksamkeit für die Zustände auf den Straßen unserer Stadt!” Um dies zu erreichen haben die Macher den Weg der Satire gewählt.
Auslöser dieser gewagten Aktion seien insbesondere die Situation am Hauptbahnhof sowie der Mangel an Unterkünften für Obdachlose in Hamburg gewesen. Follert und Wildung betonen, dass Satire oft „schmerzhaft und bissig“ sei, die Realität jedoch „oftmals kaum weniger gruselig“. Weiterhin dementieren die Macher ein Interesse daran Daten zu sammeln oder einen Zusammenhang mit einer politischen Partei zu haben. Im nächsten Schritt fordern Marius Follert und Niels Wildung insbesondere die Politik dazu auf sich fraktionsübergreifend mit dem Thema Obdachlosigkeit in Hamburg auseinanderzusetzen. Um dies anzustoßen fordern sie dazu auf eine Petition an alle Fraktionen der Hamburgischen Bürgerschaft zu unterschreiben. Die Forderungen: zumutbare, menschenwürdige Notunterkünfte, ausreichend Schlafplätze im Winterprogramm, keine reine Verdrängung sondern Schaffung von Alternativen, Konzepte zur Re-Integration der Betroffenen in die Gesellschaft und die Ausarbeitung des Konzepts mit den bestehenden Einrichtungen und Organisationen. Das Ziel sind 10. 000 Unterschriften, die vor dem Hamburger Rathaus übergeben werden sollen.
Die Macher konnten mit der „Initiative Sauberes Hamburg“ viel Aufmerksamkeit im Netz und in den Medien generieren – für das Thema Obdachlosigkeit einerseits, insbesondere jedoch für ihre Firma. Bisher hat die virale Marketingaktion kaum dazu geführt, dass es wirklich eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema stattfindet. Vielmehr stehen die Macher nun im Zentrum des öffentlichen Interesses. Es bleibt fragwürdig, ob eine Firma mit kommerziellen Interessen das Vertrauen der Menschen gewinnen kann, eine Petition zu unterschreiben. Wie Reaktionen im Netz zeigen, ging auch vielen Menschen, die sich bereits für die Belange von Obdachlosen engagieren, diese Art der Satire zu weit. Viele kritisieren, dass dieses Thema erneut genutzt wurde, um Werbung für eine Firma zu machen. Es bleibt außerdem fraglich, ob die knappe Distanzierung von einem Interesse an den Daten der Nutzer genügt, um das Vertrauen dieser zu gewinnen. Am Mittwochmittag haben 64 Menschen die Petition unterschrieben.
Guido Müller
27. Februar 2013 at 11:10
Hallo Isabella, danke für den interessanten Artikel. Vielleicht eine Anmerkung aus der PR: Es wird immer eine Vermengung von PR und Werbung hergestellt. Auch in Deinem Bericht vermischt sich das. Echte PR hat aber gar kein Interesse daran, werbend zu wirken. Die von Dir beschriebene Satireaktion ist daher eine virale Marketingaktion des Softwareunternehmens, aber nie und nimmer als PR-Maßnahme einzustufen. Gruß in die Redaktion, G.
Isabella David
27. Februar 2013 at 11:12
Vielen Dank für den Hinweis, der Begriff ist dann nicht optimal gewählt.
Isabella David
27. Februar 2013 at 11:22
Artikel wurde dementsprechend aktualisiert.