Bluegrass meets Hardrock – Hayseed Dixie im Rock Café

Hayseed Dixie in Stavanger, Norwegen, 2008 („Hayseed-dixie-folken“ von Erik Drabløs. Lizenziert unter CC BY 3.0 über Wikimedia Commons)
Musik
Justus Ledig

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Lacher waren vorprogrammiert, als Hayseed Dixie im Rock Café St. Pauli aufspielen. Dass sich hinter den amerikanisch-englischen Hillbillies allerdings virtuose und sprachbegabte Musiker verbergen, überraschte Justus Ledig.

Das Rock Café ist ein überschaubarer Ort für eine Band, die in 15 Jahren 14 Alben veröffentlicht und zahlreiche Touren sowie unzählige Festivalauftritte auf dem Kerbholz hat. Doch der Laden ist für diesen Abend durchaus in der richtigen Größenordnung und solide gefüllt, sodass Hayseed Dixie sich nicht allein fühlen müssen.

Ohne Vorband geht es bereits kurz nach 20 Uhr los und die standesgemäß in Latzhosen und andere Hinterwäldler-Klamotten gehüllten Amerikaner (und Briten) entführen uns in direkt nach Tennessee (Hayseed ist übrigens Englisch und bedeutet in etwa Hinterwäldler oder Landei). Wem das Konzept von Hayseed Dixie nicht klar ist, merkt es schnell: Jede Menge Hardrock-Songs werden im Stil von Country und Bluegrass verwurstet, dazu gibt es gelegentliche Eigenkompositionen im selben Stil. Banjo, Mandoline, Akustikgitarren; ab und zu holen die Herren auch eine Fiedel hervor.

Es wäre aberwitzig, zu versuchen, einen Überblick über die gespielten Songs an diesem Abend zu geben. Fast zwei Stunden nehmen sich Hayseed Dixie Zeit und mehr als einmal werden die Stücke durch abgefahrene Medleys unterbrochen. Oder auch mal durch eine deutsche Version von “Wind of Change”. Ob es in der GEMA-Schatulle schon ohrenbetäubend klimpert? Ich weiß es nicht.

Sprechen Sie deutsch?

Schwer beeindruckend sind vor allem zwei Dinge, die in der Bierseligkeit nicht untergehen: So spricht Sänger John Wheeler derart gut deutsch, dass bei mir Zweifel an der Herkunftsgeschichte der Band aufkommen. “Die verlassene Autobahn von Bruder Hank Williams und die Autobahn zur Hölle von Bischof Bon Scott sind eigentlich die gleiche, nein – dieselbe Straße”, so Wheeler und achtet auch später noch auf korrekte Formulierungen: “Wir trinken nicht zusammen, wir trinken gemeinsam”, sagt der Frontmann, der – wie sich später herausstellt – einst Philosophie studierte und dabei die deutsche Sprache erlernte. Der Mann im Batik-T-Shirt hat sichtlich Freude daran, sein Deutsch einzusetzen.

Nicht nur die sprachlichen Fähigkeiten des Sängers sind bemerkenswert, sondern auch die musikalischen Skills der ganzen Band: Mit offenem Mund darf man einer Inszenierung von Queens “Bohemian Rhapsody” lauschen, die sich gewaschen hat. Technisch auf hohem Niveau lassen sich Hayseed Dixie auch nicht davon irritieren, als zu einem anderen Song der irre Mandolinen-Zwerg Hippy Joe Hymas sein ramponiertes Instrument verarzten muss.

Jede Zeit ist die richtige Zeit für Schwarzbier

Der Spaß steht aber zweifellos im Vordergrund. Auch das Publikum – das Durchschnittsalter scheint recht hoch zu sein – kommt auf seine Kosten, wenngleich kaum jemand ernsthaft mitsingt. Vielleicht sind die meisten Nummern zu schnell, so wie Hayseed Dixie sie spielen. Auch die Tanzbarkeit des Bluegrass-Sounds wird während es fast zweistündigen Konzerts nur selten erprobt.

Am Ende sieht die Band durchaus erschöpft aus, als “Die richtige Zeit für Schwarzbier” ausklingt – nicht ohne ein erneut eingeschobenes Medley aus der Hölle. Ob Köstritzer die nun abgeschlossene Deutschlandtour sponserte? Eine weitere offene Frage. Dass der Abend schon kurz nach 22 Uhr beschlossen wird, macht auf einen Dienstag wenig aus. Wir hatten jede Menge zu Lachen.

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