Zwischen dem Georgswerder Bogen und dem Müggenburger Kanal gibt es abseits von Industrieromantik sicherlich nicht viel, das kulturbeflissene Menschen anzieht. Freunde harter Musik kommen dennoch dort einmal im Jahr auf ihre Kosten – beim „Heavy Veddel“-Festival.
Das Gelände an der Peutebahn auf der Veddel hat aus einem besonderen Grund einen Stellenwert in der Metal-Szene: Seit 2013 findet an jenem Ort das „Heavy Veddel“-Festival statt. Wie bei seiner Punkrock-Schwester eine Woche zuvor, dem „Elb-Tsunami“-Festival, steigt hier eine brachiale Metal-Party im Do-It-Yourself-Modus. Umsonst, draußen, günstige Getränke und Speisen sowie ausschließlich lokale bis regionale Bands, so das Festivalkonzept. Das war 2013 schon ein Riesenspaß und sollte es auch in diesem Jahr wieder werden.
Das Wetter spielt überdies an diesem letzten Sonnabend im Mai mit, sodass kaum eine Wolke den Sonnenschein trübt. Indes, für Herbstschatten auf der Bühne könnte es sicherlich etwas düsterer sein. Die Black Metaller treten klassisch mit Corpsepaint auf, was angesichts leuchtend grüner Birken im Hintergrund und gleißender Sonne am Himmel nur halb so böse erscheint wie sonst. Einer sehens- und hörenswerten Performance tut das allzu harmonische Wetter beim „Heavy Veddel“-Festival aber keinen Abbruch.
Händeschütteln und Zuprosten
Zugegeben, die Bands sind an diesem Tag nicht das Wichtigste. Gekommen sind die meisten Besucher hauptsächlich wegen anderer Dinge, denn auf dem nahezu postapokalyptisch anmutenden Gelände an der Industriebrache kommt man aus dem Händeschütteln und einander Zuprosten kaum heraus. Man kennt sich, man trifft sich, man genießt gemeinsam die Zeit und die herrlichen Bedingungen. Das Bier fließt in Strömen, schließlich will ja auch die Finanzierung des Festivals gesichert werden. Bei dem Hintergrundgedanken bechert es sich mit bestem Gewissen.
Dennoch gibt es auch eine ganze Menge Value for no Money. Seien es Seven Seas mit einem oldschooligen Set und Piraten-Thematik, rumpelnde Death-Metal-Truppen wie Dawn Of Obliteration und Sufferage oder aber die jüngst radikal neu formierten Avantgardisten von Todtgelichter, die komplett in Weiß auftreten. Auf ihre Kosten werden die meisten Freunde knackiger Klänge an diesem Tag gekommen sein.
Highlight des Tages: Metal Witch
Stimmungsmäßiges Highlight werden zu fortgeschrittener Stunde Metal Witch, die seit Jahrzehnten existieren und dennoch erst auf ein volles Album in ihrer Bandhistorie zurückblicken können. Nichts deutet bei dem Auftritt der Band aus Wedel, westlich von Hamburg, auf ihr Schattendasein hin. Der klassische Heavy Metal geht gleich ins Ohr und in die Nackenmuskeln. Nun, ganz nüchtern ist kaum mehr jemand vor der Bühne. Metal Witch scheinen leichtes Spiel mit dem Publikum zu haben: Zum Ende des Sets steht gefühlt das halbe „Heavy Veddel“ neben der Band auf den Brettern und feiert zusammen.
Zum Schluss wird es noch einmal richtig düster. Ophis lassen zähflüssigen Funeral Doom Metal auf die Peutebahn los und profitieren damit von der untergegangenen Sonne. Es ist etwas leerer geworden, ihrer finsteren Ausrichtung entsprechend veranstalten Ophis natürlich keine Party. Den Vorgänger in der Running Order überholt die Band aus Hamburg und Kiel schon in Sachen Geschwindigkeit nicht mehr, aber Krach aus dem Doom-Sektor hat es live ohnehin immer etwas schwerer.
Gibt es beim zweiten „Heavy Veddel“ ernsthaft etwas zu beanstanden? Nein. Wer sich größere Namen als Sufferage und Ophis wünscht, findet genügend Alternativen. An der Peutebahn geht es um etwas Anderes – um das Miteinander. Und es ist toll, dass es so etwas im 21. Jahrhundert noch gibt.
Foto: Justus Ledig
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