Politik

Hansa Markt: Kein Fall wie alle anderen

Politik
Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Am Sonntag musste der Hansa Markt in St. Georg kurzfristig abgesagt werden, da die Veranstaltung nicht durch das Bezirksamt genehmigt wurde. Es ist der vorerst letzte Akt einer Geschichte, die Verwaltung und Bezirkspolitik bereits seit 2012 beschäftigt. Offen bleiben viele Fragen nach den Gründen für das intensive Bemühen von SPD und Bezirksamt, den Hansa Markt zu verhindern.

Die Veranstalter des Hansa Markt haben das Ende ihrer Kräfte vorerst erreicht. Am Sonntag hätte ein weiterer ökologischer Markt mit regionalen Produkten auf dem Hansaplatz stattfinden sollen. Die Genehmigung wurde jedoch kurzfristig vom Bezirksamt verweigert, so dass die Veranstaltung abgesagt werden musste. „Wir machen jetzt einen Schnitt, um uns vor weiteren persönlichen Belastungen, aber auch finanzieller Überforderung unserer gemeinnützigen Arbeit zu schützen“, teilt das Stadtteil-Kulturprojekt mit. Im Vorfeld hatte das Team um den KunstRaum HosenStall e.V. in St. Georg einen monatelangen Spießrutenlauf zwischen Bezirksamt und Bezirkspolitik erlebt. „Ich bin selten in so einen Strudel voller Hindernisse gezogen worden“, sagt Renate Thomsen, die Schatzmeisterin des Vereins, im Hauptauschuss am vergangenen Dienstag. Trotz des persönlichen Erscheinens des Vereinsvorstandes weigert sich der Ausschuss über den Fall zu beraten, obwohl der Vorgang bereits seit Mai bei den Gremien der Bezirksverwaltung vorliegt. „Es gibt keinen Anspruch auf eine Sondernutzungsgenehmigung. Da behandeln wir alle Anliegen gleich“, sagt Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD). Ob der Hansa Markt jedoch genauso behandelt wird wie andere Veranstaltungen im Bezirk Mitte ist fragwürdig.

Der Hansa Markt soll insbesondere Kindern, Jugendlichen und ihren Familien über eine gesunde, ökologische Ernährung und regionale Produkte informieren. Mit einer Kombination aus Marktständen von Erzeugern aus der Umgebung und Bildungsangeboten wollen die Veranstalter den Stadtteil für dieses Thema begeistern. „Unsere wichtigste Regel ist: Lasst die Besucher probieren, erklärt ihnen alles und ladet sie auf eure Höfe ein“, sagt Isolde Werner vom Verein KunstRaum HosenStall. Die Verkaufsstände seien dabei nur das Medium für die Vermittlung der Bildungsinhalte. Gewinne stünden nicht im Vordergrund der Veranstaltung. „Die Erzeuger müssen natürlich verkaufen, um sich zu finanzieren. Unser Verein macht jedoch keinen Gewinn“, sagt Werner. Die bisher durchgeführten Märkte waren nach Angaben der Veranstalter gut besucht.

Immer wieder muss der Verein jedoch lange Schriftwechsel mit dem Bezirksamt in Kauf nehmen, um die Genehmigungen für die Veranstaltungen zu erhalten. Obwohl bereits im Dezember 2012 alle Termine für das Folgejahr bei der Verwaltung angemeldet werden, geschieht monatelang nichts. Von stillschweigender Duldung ausgehend findet im April 2013 der erste reguläre Markt statt. Kurz darauf teilt das Bezirksamt den Marktbetreibern mit, dass der vorgesehene Termin im Mai nicht genehmigt werden kann. Die Verwaltung stuft die Veranstaltung als Spezialmarkt ein. Somit kann nach Ansicht des Bezirksamtes eine derartige Veranstaltung an Sonntagen nur alle drei Monate zugelassen werden, um den Feiertag zu schützen. „Der Markt soll gerade an Sonntagen stattfinden, damit unserer Zielgruppe die Zeit für einen Besuch hat. Das ist unter der Woche für Kinder und Familien oft nicht möglich“, sagt Andreas Düvel vom Verein KunstRaum HosenStall. Nach der Einschaltung eines Anwaltes muss die Verwaltung schließlich einen Fehler eingestehen. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist zwischen Spezialmärkten ein Abstand von etwa einem Monat zulässig. Am 29. Mai beschließt der City-Ausschuss die Genehmigung von insgesamt drei Terminen. Der Juli Termin kann ohne Schwierigkeiten stattfinden. In St. Georg gehen die Vereinsmitglieder davon aus, dass jetzt alles in Ordnung ist.

Trotz des gültigen Beschlusses des City Ausschusses wird jedoch in diesem Jahr kein weiterer Hansa Markt stattfinden können. Die Entscheidung des City Ausschusses muss jedoch von der Bezirksversammlung oder in Vertretung durch den Hauptausschuss bestätigt werden. Eigentlich ein normaler Vorgang, der typisch für die Beschlüsse bezirklicher Gremien ist. Jedoch wird das Thema dem Hauptausschuss weder am 4. Juni noch am 2. Juli vorgelegt. Auch in der Bezirksversammlung am 20. Juni ist der Beschluss des City Ausschuss nicht auf der Tagesordnung zu finden. Telefonisch wird Isolde Werner am 30. Juli mitgeteilt, dass aufgrund einer fehlenden Bestätigung der Bezirksversammlung keine Genehmigung für den 11. August erteilt werden könne. In einem Schreiben vom 5. August heißt es dann, dass die Genehmigung verweigert werden müsse, da zwischen dem 14. Juli und dem 11. August nicht der geforderte Abstand von einem Monat gegeben sei – drei Tage fehlen zu einem vollen Monat. Ein Widerspruch des Vereins wird mit der Begründung abgelehnt, dass es sich bei dem Schreiben nicht um eine förmliche Ablehnung gehandelt habe, die kostenpflichtig hätte angefordert werden müssen. „Wir haben kaum Zeit uns zu wehren. Obwohl die Termine lange bekannt sind, erhalten wir erst kurz vor der Veranstaltung eine Ablehnung“, sagt Andreas Düvel.

Am vergangenen Dienstag erscheint der Verein im Hauptausschuss und fordert die Bezirkspolitiker auf, Stellung zu dem Genehmigungsverfahren zu nehmen. Der Ausschuss befasst sich jedoch erneut nicht mit der Angelegenheit und vertagt den Vorgang in den nächsten Haushaltsausschuss. „Wir sollten uns die Zeit nehmen, die Sache gründlich aufzuarbeiten“, sagt Andy Grote. Die erneute Verzögerung ist politisch hochbrisant. Nicht nur findet sich keine Erklärung für die monatelange Nichtbefassung der bezirklichen Gremien mit dem Hansa Markt, sondern auch die Rolle der SPD-Bezirksfraktion in diesem Prozess wirft Fragen auf. Nach Informationen von Mittendrin soll der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Falko Droßmann, seine Abgeordneten angewiesen haben, den Markt trotz Beschluss des City Ausschuss nicht zu genehmigen. Interne Emails, die Mittendrin vorliegen, zeigen, dass der Genehmigungsprozess immer wieder verschoben und delegiert worden ist. Einige Quellen sprechen daher von einer regelrechten Verzögerungstaktik. Ein Vorgang, der für großen Ärger bei den GenossInnen in St. Georg sorgt, die den Hansa Markt mehrheitlich unterstützen. Die SPD-Fraktion wollte sich bisher nicht zu dem Fall äußern.

Die Motive für das Verhalten von Politik und Verwaltung liegen im Dunkeln. „Wir sind ein Spielball verschiedener Interessen“, vermutet Andreas Düvel. Es scheint, als habe der Bezirk andere Pläne für den Hansaplatz. Ein etablierter Hansa Markt könnte diesen im Weg stehen. So plant die Wirtschaftsbehörde ein eigenes Bio-Erlebniskonzept auf dem Hansaplatz umzusetzen. Auch wenn die Veranstalter des Hansa Markt in diesem Jahr nicht weiter mit der Verwaltung um die Genehmigung ihres Projektes streiten wollen, bedeutet dies nicht, dass der Hansa Markt ganz aufgegeben werden soll. In einer Petition fordert der Verein den Markt im nächsten Jahr für acht Sonntage zu genehmigen. Bisher unterstützen rund 700 HamburgerInnen das Anliegen mit ihrer Unterschrift. Ob das Genehmigungsverfahren im September auch politisch ein Nachspiel haben wird, ist derzeit nicht abzusehen.

Kommentare anzeigen (3)

3 Kommentare

  1. bo wi bek

    13. August 2013 at 08:20

    …und wieder einmal ein Fall von „kruder“ Politik – die ehrenamtlich engaierten Menschen Steine in den Weg legt. Aber wenn allein schon die eine „gute Sache“ durch „Ständegeplänkel von den Verantwortlichen taktisch so „verbalhornt“ wird, scheint es wohl keine echte Vernunftbegabung in den gleichnamigen Köpfen zu geben? Ich dachte immer Schilda liegt in Schilda und nicht in Hamburg. Großer Manitu, was ist das denn für eine Nummer? Oder anders herum gefragt: Warum kann „einfach“ nicht „einfach“ sein?

  2. Ilse Zeuner

    16. August 2013 at 09:25

    Stadt bruacht Land.
    Menschen brauchen ein Gefühl dafür, wie Essen schmecken kann. Beides gab es auf dem Hansamarkt. Ich bin auf dem Lande aufgewachsen und habe mich an den kleinen Wasserbüffeln und dem Spaß, den die Stadtkinder mit der tierischen Begegnung hatten, sehr erfreut.

    Gutes Essen fördert die Gesundheit. Ich verstehe die Reaktion der Politik hier nicht.

    Tschüs,, bis bald und vielleicht sogar 2014 wieder auf dem Hansemarkt?! Ilse Zeuner

  3. EMMI

    17. August 2013 at 10:53

    Also die SPD hat’s echt drauf! Porno statt Porree, Luden statt Lamm, Kindersex statt Kinderlachen. Unter Schröder und Konsorten ist Deutschland zum Hauptreiseziel für Sextouristen geworden, falls das jemand interessiert. Und darauf müssen sich die Städte eben vorbereiten, und ob die Gurke, die man sich gegenseitig wohin steckt, Bio ist – wen interessiert das?

Artikel kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Mehr in Politik

Demonstration Golden Pudel, 19.2.2016, Foto: Isabella David

Demo für den Pudel Club: „Unsere Ruine kriegt ihr nicht!“

Isabella David20. Februar 2016
1-Michael_Neumann_SPD1

Innensenator Neuman tritt zurück – Grote wird Nachfolger

Isabella David18. Januar 2016
Winternotprogramm Münzviertel, Oktober 2015, Foto: Isabella David

Petition an die Sozialbehörde: „Das Winternotprogramm tagsüber öffnen!“

Isabella David8. Januar 2016
Tegida Demo Januar 2015, Foto: Henry Lührs

Anpacken statt lang schnacken – das war 2015 in Hamburg-Mitte

Isabella David31. Dezember 2015
Tagesstätte für Geflüchtete, Bieberhaus, Foto: Isabella David

Tagesstätte für Geflüchtete im Bieberhaus: „Vieles ist improvisiert“

Isabella David17. Dezember 2015
Schulstreik 2013, Foto: Dominik Brück

Schüler demonstrieren: „Bleiberecht statt Waffenexporte“

Isabella David17. Dezember 2015
Hosemann, City-Hof, Foto: Isabella David

Interview: „Dem City-Hof ein Denkmal setzen“

Isabella David10. Dezember 2015
FOTO: POLITIKWERFT DESIGNBÜRO

„Basta-Politik gescheitert“: Scholz nach Olympia-Referendum in der Kritik

Isabella David9. Dezember 2015
Olympia in Hamburg

Diskussion: Olympia in Hamburg – ja oder nein?

Mittendrin27. November 2015

Rund um Billstedt, Billbrook und Horn atmet die grüne Lunge der Stadt. In Hamm, Rothenburgsort, Borgfelde, Hammerbrook, St.Georg, der Alt- und Neustadt, und auf St. Pauli riecht und schmeckt man Hamburg an jeder Straßenecke. Die Hafencity glänzt und glitzert im Schatten der dicken Pötte und Kräne.

Die andere Seite der Elbe auf der Veddel, in Wilhelmsburg, auf dem Kleinen Grasbrook, in Steinwerder, Waltershof, Finkenwerder und auf der Insel Neuwerk lässt hanseatische Tradition spürbar werden.

Das ist Hamburg-Mitte, unser Bezirk inmitten einer lebhaften Stadt. So vielfältig wie seine Bewohner sind die Geschichten, die wir erzählen.

Mittendrin ist Name und Programm – täglich sind wir unterwegs und bringen euch spannende Reportagen, aktuelle Lokalnachrichten und ausdrucksstarke Bilder und Videos aus Hamburgs bunter Mitte.

Hamburger Geschichten

© 2012 - 2015 Mittendrin | Alle Rechte vorbehalten. Impressum - Umsetzung Politikwerft Designbüro.