Am Sonnabend demonstrierten rund 50 WilhelmsburgerInnen vor der neuen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt gegen die Politik des Hamburger Senats. Initiativen befürchten, dass durch Projekte wie die Hafenquerspange, die Verlegung der Wilhelmsburger Reichstraße und die Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks Moorburg die Schadstoffbelastung auf der Elbinsel weiter zunehmen wird.
Auf diesen Sommer hat die Stadtentwicklungspolitik in Wilhelmsburg jahrelang hingearbeitet. Mit den Großveranstaltungen der Internationalen Bauaustellung (IBA) und der Internationalen Gartenschau (igs) wollte man zeigen, dass der sogenannte „Sprung über die Elbe“ ein voller Erfolg ist. Nicht ohne Grund rühmt sich die IBA mit ihren Projekten einen Ausblick auf die Stadt der Zukunft zu geben. Vielen BürgerInnen in Wilhelmsburg gefallen die Zukunftsaussichten für ihren Stadtteil jedoch gar nicht. Am Sonnabend versammelten sich rund 50 Angehörige der Initiativen „Engagierte Wilhelmsburger“ und „Rechtsschutz Lebensqualität Wilhelmsburg“, um gegen die Politik des Senats zu demonstrieren. „Alles hier hat so hoffnungsvoll angefangen, doch der Senat setzt sich schon lange nicht mehr für das Wohl der BürgerInnen ein“, sagt Jochen Klein von den „Engagierten Wilhelmsburgern“. „Stattdessen verkaufen die Politiker uns mithilfe von PR-Agenturen für dumm“, so Klein weiter.
In den vergangenen Monaten waren insbesondere die IBA und die igs in die Kritik geraten. Verschiedene Initiativen befürchten, dass durch die Großveranstaltungen die Gentrifizierung des Stadtteils vorangetrieben wird. Die Demonstration am Sonnabend soll die öffentliche Aufmerksamkeit jedoch auf andere Themen lenken. Während das Kohlekraftwerk Moorburg für einen Probelauf vorbereitet wird, stehen die WilhelmsburgerInnen mit Gasmasken an einer selbstgebastelten Luftmessstation vor der neuen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. „Wir demonstrieren heute an einer Stelle der absoluten Machtentfaltung gegen unsere Verhöhnung durch den Hamburger Senat“, sagt Jochen Klein. Es sei eine Farce, dass der Senat mit der igs das Bild von einem grünen Wilhelmsburg erzeugen wolle, während gleichzeitig die Schadstoffbelastung im Stadtteil stetig ansteige. Schon in der Vergangenheit hat Hamburg die Grenzwerte für gefährliche Stickoxide mehrfach überschritten. In Wilhelmsburg fürchtet man, dass durch das Kraftwerk in Moorburg, den Bau der Hafenquerspange und die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße die Gesundheit der AnwohnerInnen gefährdet wird. „Wir fordern den Senat auf, nicht länger die Gesundheit der BürgerInnen zu riskieren“, sagt Jochen Klein.
Um die tatsächlichen Gefahren für die Bevölkerung durch Schadstoffe in der Luft besser beurteilen zu können, fordern die „Engagierten Wilhelmsburger“ eine Luftmessstation in der Mitte von Wilhelmsburg, da hier durch die Verkehrsdichte realistische Werte ermittelt werden könnten. Die derzeitige Messstation in der Parkanlage im Rotenhäuser Feld sei nicht geeignet repräsentative Werte zu liefern. Auch wenn der Senat einer neuen Messstation zustimmen sollte, werden die Proteste gegen die Hafenquerspange und die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße nicht enden. Gegen die Pläne zur Reichsstraßenverlegung wurde inzwischen Klage eingereicht. Auch die Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks Moorburg wird nicht ohne Widerstand der AnwohnerInnen durchzuführen sein. Bereits in der Vergangenheit hatte es große Protestaktionen gegen das Kraftwerk gegeben. Nicht zuletzt wird auch der Erfolg der IBA und der igs nach dem Ende der Veranstaltungen kritisch hinterfragt werden. Es scheint, als stünde dem Senat nach dem frostigen politischen Klima des Sommers ein heißer Herbst bevor.
Politik
Kritik am Senat – Dicke Luft in Wilhelmsburg
Politik
Beobachter
20. Juli 2013 at 19:54
Nun gut, 50 Leute demonstrieren für eine Luft-Messstation an der BSU weil sich dort der Verkehr bündeln würde. Wären sie wirklich glaubwürdig, müssten sie eine Messstation an der jetzigen Reichsstraße fordern. Das wollen sie aber nicht, weil der ganze Zweck des Manövers nicht die Luft in Wilhelmsburg ist, sondern die Luft in ihren privaten Gärten an der Bahnstrecke in Kirchdorf. Denn die Reichsstraße soll Dichter an ihre Grundstücke verlegt werden. Dadurch wird die Luft in Wilhelmsburg insgesamt nicht schlechter, nur fürchten sie das sie mehr abbekommen. Heute müssen Andere Wilhelmsburger mehr unter dem Verkehr Leiden, aber das ist scheinbar egal. Lieber die als wir ist die Devise. »Heiliger Sankt Florian, verschon mein Haus, zünd andre an«. Die Formulierung „Wir demonstrieren heute an einer Stelle der absoluten Machtentfaltung gegen unsere Verhöhnung durch den Hamburger Senat“ verdreht die Tatsachen. Die Entscheidung die BSU nach Wilhelmsburg zu verlegen folgte dem Wunsch der vormals zuständigen Bezirksversammlung Hamburg-Harburg eine Behörde in den Süden zu verlegen. Die von der CDU durchgesetzte Entscheidung wurde nach der Wahl von dem jetzigen Senat infrage gestellt, waraufhin in Wilhelmsburg ein Proteststurm losbrach. Woran sich übrigens genau jener Herr Klein beteiligt hat. Ach, noch was: Diese Eigenheimbesitzer, die verglichen mit dem Durchschnitt der Wilhelmsburger höchst privilegiert leben, entscheiden ganz bestimmt nicht ob die IBA oder die igs als Erfolg zu werten sind.
Niels Kröger
20. Juli 2013 at 21:30
sie tun nur was juristisch möglich ist. Das Problem ist: alle wollen Autofahren, aber keiner will die „Rechnung“ dafür bezahlen. Ich möcht wetten daß die verschwindend geringe Minderheit der Protestierer die ihrerseits nur eine beinahe bedeutungslose Minderheit sind gemessen an der Masse der Bewohnder von Wilhemlsburg und Veddel wohl selbst nicht aufs Auto verzichten möchte, und selbstverständlich kommt der UPS oder DHL Mann an die Hastür und liefert Pakete ab weil es so bequem ist und selbstverständlich sind jene Leute der festen Überzeugung daß sie ihre Arbeit oder ihr Dasein nicht ohne Automobil bestreiten können.
Thomas Schwarz
22. Juli 2013 at 20:56
wollen die beiden Vorredner mir sagen, das 2 neue Autobahnen A 26 + B 4/75 in verlegter Lage 28 m breit ( doppelt so breit wie jetzt ) und das Steinkohlekraftwerk Moorburg für bessere Luft in Wilhelmsburg und auf der Veddel sorgen. Ich weis das es nicht so ist und jeder andere Gesundheits- und Umweltexperte weis das ebenso genau. Da ist es völlig egal wo man auf den Inseln wohnt. Übrigens der ÖPNV und das Fahrrad führen einen Menschen auch ans Ziel.
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