Politik

Frischer Wind im Ledigenheim

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Ende 2012 machte das Ledigenheim an der Rehhoffstraße in den Hamburger Medien Schlagzeilen. Das Gebäude drohte zu verwahrlosen. Regelmäßig waren Polizeieinsätze notwendig, um Streitigkeiten unter den Bewohnern zu beenden. Dies soll sich jetzt ändern. Eine gemeinnützige Stiftung will das alte Konzept des Ledigenheims wieder beleben und so auch einen Beitrag gegen die Wohnungsnot in Hamburg leisten. 

Am Freitagabend wird das Projekt durch den Verein Ros e.V. vorgestellt. Das Ziel des ehrenamtlichen Teams um Antje Block und Jade Jacobs ist der Erhalt des Ledigenheims mit seinem ursprünglichen Wohnkonzept. Die Veranstaltung ist der Auftakt zu einer großen Spendenaktion für den Erhalt des Ledigenheims. „Das ist ein guter Tag in der langen Geschichte des Ledigenheims und für den sozialen Zusammenhalt unserer Stadt“, sagt Bezirksamtsleiter Andy Grote zum Auftakt des Projektes.

Es gibt heute in Deutschland nur noch zwei Ledigenheime dieser Art. Neben München ist Hamburg die einzige Stadt, in der diese Wohnform noch praktiziert wird. Das Ledigenheim an der Rehhoffstraße wurde 1912 erbaut und sollte alleinstehenden Männern die Möglichkeit bieten, preiswert in der Mitte einer kleinen Gemeinschaft zu leben. Neben kleinen Zimmern gab es Gemeinschaftsräume sowie geteilte Küchen und Bäder. Die Wohnform sollte Anfang des 20. Jahrhunderts eine Lösung für die wachsende Wohnungsnot in Hamburg sein.  Den Bewohnern wurde dabei viel Komfort geboten. Es gab einen Wäscheservice, Zimmerreinigung und einen Pförtner, der nach dem Rechten sah. Über Jahrzehnte wurde dieses Angebot insbesondere von Seeleuten, Hafenarbeitern und Monteuren auf der Durchreise genutzt. Während mancher Bewohner nur kurz ein Quartier im Ledigenheim suchte, blieben andere oft ein Leben lang.

Foto: Dominik Brück LedigenheimAuch einige der heutigen Bewohner des Ledigenheims leben bereits seit über 40 Jahren hier. Die früheren Dienstleistungen wurden seit Mitte der 1990er Jahre weitestgehend eingestellt, das Gebäude nur notdürftig Instand gehalten. Dennoch sind viele der Altbewohner geblieben und haben das Haus in Eigenarbeit gepflegt. 2009 wurde das Gebäude durch den dänischen Investor Core Property Management gekauft. Ursprünglich wollte das Immobilienunternehmen die acht Quadratmeter großen Zimmer zusammenlegen, um so größere Wohnungen zu schaffen, die leichter und zu höheren Preisen vermietet oder verkauft werden können. Der Bezirk Hamburg-Mitte erteilte den Plänen des Investors jedoch eine Absage. Aus Gründen des Denkmalschutzes darf an der Struktur der Zimmer nichts verändert werden. Um dennoch Räume im Ledigenheim vermieten zu können, vereinbarte das Unternehmen mit der Stadt die Unterbringung von Obdachlosen und anderen hilfsbedürftigen Menschen im Ledigenheim. Die Miete wurde so durch die Stadt beglichen.

Insbesondere zwischen den Altmietern und den Neubewohnern kam es immer wieder zu Konflikten. „Die Behörde hat hier ohne Konzept Menschen zusammengesteckt und das Ledigenheim einfach mit Hilfsbedürftigen vollgemacht“, sagt Arik Willner, Bezirksabgeordneter der SPD. Die Unterbringung im Ledigenheim sei stets ein Provisorium gewesen. „Das Ledigenheim war nie als Unterkunft für Obdachlose vorgesehen. Nicht jeder zur Verfügung stehende Raum ist auch zur Unterbringung Hilfesuchender geeignet. Es müssen auch spezielle Konzepte vorhanden sein“, sagt Willner weiter. Die Behörde sei daher aufgefordert entsprechende Hilfsangebote als Ersatz für das Ledigenheim in geeigneter Art und Weise bereitzustellen. Der Verein Ros e.V. will das Ledigenheim jetzt in Form einer gemeinnützigen Stiftung erwerben. Das ursprüngliche Konzept des gemeinschaftlichen Wohnens zu günstigen Mieten soll wieder belebt werden. „Wir sind überzeugt, dass wir nur als gemeinnützige Stiftung ohne auf Renditen zu schauen die gesellschaftliche Funktion des Ledigenheims erfüllen können“, sagt Jade Jacobs von Ros e.V. Der Eigentümer hat bereits angekündigt einem Verkauf an die Stiftung positiv gegenüber zu stehen. „Wir sind langfristig nicht der richtige Eigentümer für das Ledigenheim und würden uns freuen an die Stiftung zu verkaufen“, sagt John Bødker von Core Property Management. Für den Kauf und die Sanierung des Gebäudes benötigt die Stiftung insgesamt 3 Millionen Euro.

Foto: Dominik Brück LedigenheimUnterstützt wird das Projekt durch zahlreiche Vertreter aus Politik, Kunst und Kultur. „Das Thema Wohnungsnot holt uns aktuell wieder ein. Der Idealismus für dieses Projekt ist bemerkenswert und muss unterstützt werden“, sagt Kirsten Baumann, Direktorin des Museums der Arbeit. Ein Stiftungsbeirat bestehend aus Politikern, Experten und engagierten BürgerInnen wird das Projekt unterstützen. Obwohl die ursprüngliche Idee des Ledigenheims unverändert bleiben soll, wollen die Initiatoren des Projektes im Anschluss an Kauf und Sanierung gemeinsam mit den aktuellen Bewohnern ein modernes Wohnkonzept erarbeiten. Auch auf die zukünftige Mieterschaft wird die Stiftung zukünftig Einfluss nehmen, um Konflikte vermeiden zu können. „Gerade beim aktuellen Thema Wohnungsnot hat das gemeinschaftliche Wohnen etwas für sich. Was die Politik heute neue diskutiert, wird hier schon lange praktiziert“, sagt Antje Block von Ros e.V.

In den kommenden Monaten sollen die notwendigen finanziellen Mittel durch Spenden zusammenkommen. Bis Oktober hat der Verein Ros e.V. ein Vorkaufsrecht auf das Gebäude. „Es gibt in Hamburg viele Wohlhabende, die sich mit der Geschichte der Stadt identifizieren und bereit sind für ein solches Projekt zu spenden“, sagt Arik Willner. Am Freitag überreichte der derzeitige Eigentümer zum Auftakt einen Scheck über 25.000 Euro an die Stiftung. „Wir unterstützen das mutige Projekt“, sagt John Bødker bei der Übergabe. „Aber dazu braucht es mehr, als warme Worte“.

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