Politik

IBA: „Ein Ausnahmezustand auf Zeit“

Politik
Isabella David
@isabelladavid89

Chefredakteurin | Studentin der Politikwissenschaft an der Universität Hamburg | Kontakt: david@hh-mittendrin.de

Foto: Signe HeinsIn der kommenden Woche eröffnet die Internationale Bauausstellung (IBA) auf den Elbinseln. Ab dem 23. März will die IBA die Stadt der Zukunft zeigen. Gedacht als Instrument der Stadtentwicklungspolitik mehren sich jedoch die kritischen Stimmen gegen die IBA. Nicht nur die Initiative „IBA? Nigs DA!“ positioniert sich gegen die Bauausstellung und die angestrebte Aufwertung des Stadtteils (Mittendrin berichtete). Auch der Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg setzt sich kritisch mit den Konsequenzen der IBA auseinander.

Die Protestkultur auf den Elbinseln hat Tradition. Eine geplante Müllverbrennungsanlage in Wilhelmsburg, der Schadstoffausstoß der Sondermülldeponie in Georgswerder und die Verkehrsbelastung durch die Wilhelmsburger Reichsstraße – dies sind nur einige der Themen, mit denen die WilhelmsburgerInnen in den vergangenen Jahren konfrontiert gewesen sind. „Durch die anhaltende Drohkulisse hat sich auf den Elbinseln eine ‚soziale Deichwacht‘ entwickelt“, sagt Tobias Schmidt, Soziologe vom Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung. Seit Jahren beschäftigt sich das Institut mit den Protestbewegungen im Hamburger Süden. Die gemeinsame Geschichte des Misstrauens und der Verletzlichkeit stärke das Wir-Gefühl der Schicksalsgemeinschaft hinter dem Deich. Aktuell wird insbesondere die Internationale Bauausstellung als Bedrohung wahrgenommen. „Die zivilgesellschaftlichen Akteure sind enttäuscht über zu geringe Beteiligungsmöglichkeiten“, sagt Schmidt im Rahmen der Veranstaltung Pegelstand Elbinsel.

„Trotz Einladung werde ich das Band bei der Eröffnung der IBA nicht durchschneiden“, sagt Liesl Amelingmeyer vom Verein Zukunft Elbinsel. „Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung zur Reichsstraße werden ignoriert und die Stadt nutzt die IBA, um umstrittene Projekte durchzusetzen“, sagt Amelingmeyer weiter. Die BürgerInnen kritisieren die fehlende Transparenz bei der Kommunikation mit Politik und Verwaltung. Oft würden sich am Ende die Finanzbehörde und die Hamburg Port Authority (HPA) durchsetzen, um die Interessen der Hafenwirtschaft zu vertreten. „Durch IBA und Internationale Gartenschau ist eine Menge Geld auf die Elbinseln geflossen. Die Frage ist aber, was die Bauprojekte den Menschen hier nachhaltig bringen“, sagt Jochen Klein, Gründer der Initiative Rechtsschutz Lebensqualität Wilhelmsburg.

Besonderes kritisieren die engagierten Insulaner den Umgang der IBA mit angekündigten Protesten am Eröffnungswochenende. Durch Sondernutzungsflächen der IBA soll das Demonstrationsrecht eingeschränkt werden. „Die IBA eröffnet und es darf nicht demonstriert werden. Stattdessen verordnet uns die IBA eine Feier“, sagt Bettina Kiehn, Leiterin des Bürgerhauses Wilhelmsburg. „Die Bauausstellung ist ein Ausnahmezustand auf Zeit“, sagt Gerti Theis, Projektkoordinatorin der IBA. Langfristig solle sich die IBA positiv auf den Stadtteil auswirken. „Der Begriff des Ausnahmezustands wird immer dann verwendet, wenn Bürgerrechte beschnitten werden. Genau das tut die IBA hier!“, sagt Michael Rothschuh von Zukunft Elbinsel. In der kommenden Woche sind weitere Gespräche mit der IBA geplant. Die WilhelmsburgerInnen fürchten jedoch, dass die Proteste an den Rand der Großveranstaltung gedrängt werden sollen. „Wilhelmsburg soll auf einer tollen Feier ausgestellt werden. Ihr fahrt später nach Hause, aber wir sind es, die hier bleiben“, sagt die Wilhelmsburgerin Anke Kewitz.

Klicken um Kommentar zu schreiben

Artikel kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Mehr in Politik

Demonstration Golden Pudel, 19.2.2016, Foto: Isabella David

Demo für den Pudel Club: „Unsere Ruine kriegt ihr nicht!“

Isabella David20. Februar 2016
1-Michael_Neumann_SPD1

Innensenator Neuman tritt zurück – Grote wird Nachfolger

Isabella David18. Januar 2016
Winternotprogramm Münzviertel, Oktober 2015, Foto: Isabella David

Petition an die Sozialbehörde: „Das Winternotprogramm tagsüber öffnen!“

Isabella David8. Januar 2016
Tegida Demo Januar 2015, Foto: Henry Lührs

Anpacken statt lang schnacken – das war 2015 in Hamburg-Mitte

Isabella David31. Dezember 2015
Tagesstätte für Geflüchtete, Bieberhaus, Foto: Isabella David

Tagesstätte für Geflüchtete im Bieberhaus: „Vieles ist improvisiert“

Isabella David17. Dezember 2015
Schulstreik 2013, Foto: Dominik Brück

Schüler demonstrieren: „Bleiberecht statt Waffenexporte“

Isabella David17. Dezember 2015
Hosemann, City-Hof, Foto: Isabella David

Interview: „Dem City-Hof ein Denkmal setzen“

Isabella David10. Dezember 2015
FOTO: POLITIKWERFT DESIGNBÜRO

„Basta-Politik gescheitert“: Scholz nach Olympia-Referendum in der Kritik

Isabella David9. Dezember 2015
Olympia in Hamburg

Diskussion: Olympia in Hamburg – ja oder nein?

Mittendrin27. November 2015

Rund um Billstedt, Billbrook und Horn atmet die grüne Lunge der Stadt. In Hamm, Rothenburgsort, Borgfelde, Hammerbrook, St.Georg, der Alt- und Neustadt, und auf St. Pauli riecht und schmeckt man Hamburg an jeder Straßenecke. Die Hafencity glänzt und glitzert im Schatten der dicken Pötte und Kräne.

Die andere Seite der Elbe auf der Veddel, in Wilhelmsburg, auf dem Kleinen Grasbrook, in Steinwerder, Waltershof, Finkenwerder und auf der Insel Neuwerk lässt hanseatische Tradition spürbar werden.

Das ist Hamburg-Mitte, unser Bezirk inmitten einer lebhaften Stadt. So vielfältig wie seine Bewohner sind die Geschichten, die wir erzählen.

Mittendrin ist Name und Programm – täglich sind wir unterwegs und bringen euch spannende Reportagen, aktuelle Lokalnachrichten und ausdrucksstarke Bilder und Videos aus Hamburgs bunter Mitte.

Hamburger Geschichten

© 2012 - 2015 Mittendrin | Alle Rechte vorbehalten. Impressum - Umsetzung Politikwerft Designbüro.