Kultur

Theater Washingtonallee: „Applaus! Applaus! Applaus!“

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Mathias Eichhorn
@matsquirrel

*1981 in Parchim (MV) | Bankkaufmann | Magister in Politikwissenschaft | Angestellter der FHH

Großes Kino in Hamburgs kleinstem Schauspielhaus: Das Theater in der Washingtonallee in Hamburg-Horn feiert die Premiere des Stücks „8 Stunden oder The delayed flight“ des griechischen Autors Pantelis Dimitrious. Der Saal ist voll. Das Publikum begeistert.

Wer das kleine Theater in Hamburgs Osten das erste Mal betritt, erwartet vielleicht eher ein Laientheater mit einfachen Stücken. Doch diese Erwartung wird rasch enttäuscht. „8 Stunden oder The delayed flight“ ist ein feinsinniges Schauspiel über unsere  oberflächliche Gesellschaft und die Suche nach Liebe. Trotz seiner Tiefe kann der Zuschauer dem Stück sehr gut folgen. Das vierköpfige Ensemble ist dabei so überzeugend, dass man leicht vergisst, wo man ist.

Das Stück spielt auf einem griechischen Flughafen. Vier Menschen begegnen sich hier, weil ihr Flug verspätet ist und sie nun auf den Weiterflug warten. Der gebürtige Amerikaner Lee, gespielt von Bernd Noenning, glaubt trotz aller Höhen und Tiefen fest an die Liebe. Dieser Glaube gibt ihm Kraft, Ruhe sowie Inspiration. Sein einführender Monolog lässt die Zuschauer sofort in das Thema des Stücks eintauchen. In den nächsten 90 Minuten ist das Publikum vom Verlauf des Stücks gefesselt.

Lee trifft auf den passionierten Radfahrer John aus Wales, der sich gerade von seiner Frau scheiden lässt. Sie hatte ihn ausgerechnet mit seinem besten Freund betrogen. In der Auseinandersetzung mit Lee wird John deutlich, wie vielschichtig Liebe sein kann. Alexander F. Obe spielt Johns Verzweiflung mit einer Stärke, die die Zuschauer beeindruckt: „Unglaublich, wie der aus sich herausgehen kann“, sagt einer der Zuschauer beeindruckt.Die ehrgeizige Katja aus Belarus, gespielt von Iris Rufner, hadert wie John mit der Liebe. Sie fragt sich, ob in ihrem Leben, das sich hauptsächlich um ihre Karriere und das liebe Geld dreht, überhaupt Platz für die Liebe sein kann. Rufners Spiel zeigt eindringlich wie sehr Katja hin und her gerissen ist, zwischen der ersehnten Liebe und ihrer Leidenschaft für den Beruf.

Frisch von der Schauspielschule spielt Philip Scharfe den Computerfachmann Thomas aus Kanada. Thomas reist gerne um die Welt. Doch scheint es, dass er – wie John – seinen Problemen nur davonzulaufen versucht. Thomas kann mit Frauen nicht viel anfangen. Er hält sich ohnehin für unsichtbar für sie und hat die Liebe bisher nur als schmerzliche Angelegenheit erfahren. Aus diesem Grund konzentriert er seinen Ehrgeiz lieber auf anderen Dinge. Scharfe glänzt, wie seine Kolleginnen und Kollegen, mit einer starken Leistung. Es fällt schwer einen der vier Darsteller hervorzuheben „Die Schauspieler sind der Hammer. Welche Kraft sie ausstrahlen“, sind sich die Zuschauer einig. Dem Ensemble gelingt es, die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen. Es wird spontan gelacht und mitgefiebert. Dann ist es wiederum so leise im Saal, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte. Am Ende gibt es für diese tolle Leistung minutenlangen Applaus und zahlreiche Bravo-Rufe.

„Ich bin sehr zufrieden. Natürlich ist man immer unsicher. Man wartet auf die Reaktionen der Zuschauer“, gibt Angelika Landwehr, Intendantin und Regisseurin, nach der gelungenen Premiere zu. „Es war richtig schwer gute Schauspieler zu finden. Immerhin können wir kaum etwas bezahlen. Wir hatten sehr viel Glück.“ Und auch Pantelis Dimitrious, der zur Premiere seines Stückes angereist ist, zeigt sich beeindruckt: „Angelika hat hier wunderbare Schauspieler gefunden. Sie spielen so ausdrucksstark. Man versteht alles, auch ohne die Worte auf Deutsch zu kennen.“

Die Zuschauer im mit 35 Sitzen komplett besetzten Saals zeigten sich ebenso begeistert wie Dimitrious. Einige Zuschauer waren das erste Mal da und kommen sicher wieder: „Die Texte sind richtig gut und gehen sehr tief“, meint ein Theaterneuling. Andere Gäste kennen das kleine Theater schon länger und sind vom derzeitigen Ensemble beeindruckt: „Die Schauspieler sind alle für sich einfach klasse“, sagt ein Stammgast des Theaters.

„8 Stunden oder The delayed flight“ wird donnerstags, freitags und sonnabends um 20 Uhr gegeben. Das Stück wird bis zum 20. April gezeigt. Der Eintritt kostet 17 Euro (12 ermäßigt). Ein Hinweis sei noch gestattet: Es lohnt, in der Pause auf einen kurzen Besuch hinunter in die gemütliche, leicht verrauchte Bar im Keller des Theaters zu gehen.

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