Reichlich Folk-Instrumente schallten neben der gewöhnlichen Metal-Besetzung bei Arkona, Metsatöll und Svartsot durchs MarX. Justus Ledig war dabei.
Svartsot aus Dänemark, Metsatöll aus Estland und Arkona aus Russland haben sich zusammengefunden, um Europa zu zeigen, dass es auch in weniger beachteten Ländern ernstzunehmenden Folk Metal zu hören gibt. Zwar füllt das Dreigespann an diesem Dienstagabend nur das kleine MarX, aber über fehlenden Zuspruch brauchen sich die Bands grundsätzlich nicht zu beklagen. Als großer Gewinner des Abends steht allerdings nur eine Kapelle fest.
Den Auftakt der “Pagan Rebellion”-Tour in hiesigen Gefilden machen Svartsot. Schon schnell füllt sich der überschaubare Raum, auf der Bühne herrscht ebenfalls Gedränge. Die Dänen sind zu sechst, neben zwei Gitarren, Bass, Schlagzeug und Gesang ist noch Multiinstrumentalist Hans-Jørgen zugegen. Ein bisschen Mühe haben die Nordmänner, das Hamburger Publikum zum Mitmachen zu animieren – doch die geben sie sich. Vor allem der tief grunzende Sänger Thor ist gut aufgelegt, lässt auch ein paar deutsche Worte vom Stapel.
Spekulationen ob der physischen Auslastung müssen erlaubt sein, sind doch manche Ansagen von sexuellen Anspielungen (und Fisch!) geprägt. Musikalisch … nun, da bleiben Svartsot etwas dünn. Respektabel sind der Verzicht auf ein Keyboard und nicht zuletzt die Fähigkeiten von Hans-Jørgen mit Sackpfeife, Laute und Flöte. Doch der Tiefgang im düdeligen Sound fehlt und richtig mitreißen tun die rhythmisch einfach gestrickten Nummern der Dänen ebenfalls wenig. Warm werden, ja, das klappt – mehr aber nicht.
Estnische Waldgeister
Weiter geht’s ins Baltikum. Metsatöll aus Estland haben einen ganz anderen Ansatz und kommen eher aus dem Thrash Metal, der auf heimatliche Folklore trifft. Zudem ist die eng mit dem Finnischen verwandte Muttersprache der Ostseeanrainer ein Alleinstellungsmerkmal.
Metsatöll sind zu viert und haben in der Regel nur eine Gitarre am Start. Das entschlackt den Sound etwas und schafft genügend Raum für folkige Variationen in Form von Nyckelharpa, Sackpfeife, Flöte oder Kantele (bei Unkenntnis der Instrumente bitte googeln). Wie leicht der Folk-Beauftragte mit Künstlernamen “Varulven” zum Teil innerhalb der Songs zwischen den Geräten variiert, ist hochgradig beeindruckend!
Ihren stärksten Moment haben Metsatöll kurz vor Schluss der knappen Stunde Spielzeit: Das schamanische “Metsaviha 2” wird auf bestimmt zehn Minuten ausgedehnt, eingeleitet von mehrstimmigen, kehligen Gesängen, die in der Lage sind, Wald-Dämonen zu beschwören. Gänsehaut von Hamburg bis nach Tallinn! Mitunter mögen die Brüche zwischen den Folk-Passagen und dem eher konventionellen Metal-Teil etwas unharmonisch wirken, doch schlussendlich bleiben die Esten in Erinnerung als ausgezeichnete Live-Band.
Gebt Masha eine andere Band!
Der Headliner des Abends lässt ebenfalls nicht lange auf sich warten. Arkona aus Moskau, benannt nach dem slawischen Heiligtum auf Rügen, haben die Aufgabe, den Höhepunkt zu markieren. Eine Person in der Band nimmt das in jedem Fall absolut ernst: Masha “Scream”, ihres Zeichens Sängerin, benimmt sich von der ersten Minute an wie im Wahn. Trotz wenig Platz auf der Bühne eilt die zierliche Frau in wehendem Gewand von links nach rechts und tanzt ausladend in einer derart hohen Geschwindigkeit, dass ich mir fast Sorgen um die körperliche Unversehrtheit ihrer Mitmusiker mache. Doch die bleiben alle heil.
Leider ist Mashas Performance schon das mit Abstand Beste an Arkona. Viel zu verspielt, überladen und chaotisch ist das Klangbild, das auch noch von zahlreichen Samples verwässert wird. Ernsthaft, eine Balalaika vom Band, muss das denn sein? Viele Nummern kommen überhaupt nicht auf den Punkt, kluges Songwriting hört sich anders an.
Zum Schluss des mehr als einstündigen Sets wird es gefühlt etwas besser. Die Songs scheinen straighter und reduzierter zu werden und an Wiedererkennungswert zu gewinnen. Da haben allerdings schon etliche Besucher dem MarX den Rücken gekehrt. Die, die noch da sind, wirken durchaus zufrieden. Es sei ihnen gegönnt. Randbemerkung: Dass eine Band – gerade aus dem slawischen Osten – sich heutzutage mit einer Schwarzen Sonne schmückt, ist hoffentlich nur ihrer Unwissenheit geschuldet.
Sei’s drum. Insgesamt gab es mit Svartsot und Arkona zwei Bands an diesem Abend, die nicht unbedingt einen erneuten Konzertbesuch rechtfertigen. Metsatöll hingegen sind jedem Fan von Folk Metal weiterhin ans Herz gelegt, auch wenn die Erscheinung auf einer Bühne den Sound auf Platte um Längen toppt.
Facebook
Twitter
Flattr
Google+
YouTube
Soundcloud
Paypal
Anmelden