Norddeutschlands einzige öffentliche Schnitzwerkstatt in Rothenburgsort öffnet den Blick für ein fast ausgestorbenes Handwerk. Wir haben die Holzkünstler im Stadtteilzentrum RothenBurg besucht.
Ihren großen Auftritt haben die zierlich gestalteten Krippenfiguren und Schnitzarbeiten nur einmal im Jahr. Dann gehören sie so selbstverständlich in die festlich geschmückte Kirche und zu unserem heimischen Weihnachtsfest, wie der traditionelle Tannenbaum. Doch das Schnitzhandwerk ist selten geworden. Die Kunst erfordert so viel Geduld und Zeit, dass es nicht mehr recht in unseren schnelllebigen Alltag passt.
Im Stadtteilzentrum „RothenBurg“ kommen jede Woche Schnitzbegeisterte zusammen, um das alte Handwerk zu pflegen. Ihre öffentliche Schnitzwerkstatt ist die Einzige in Norddeutschland und wird ehrenamtlich geleitet. Fast zehn Jahre haben Peter Behrendt und die anderen Gründungsmitglieder nach einer Möglichkeit gesucht, eine Schnitzwerkstatt aufzubauen, bis sie in Rothenburgsort fündig wurden.
Ohne Geschick und Geduld geht es nicht
Die Werkstatt bietet wöchentlich verschiedenen Menschen Platz zum Schnitzen. Jeden Dienstag trifft sich die Schnitzgruppe unter der Leitung von Karl-Heinz Ratt, das sind sieben Männer und eine Frau, die sich aus dem Raum Hamburg und Lüneburg zusammen finden. Die meisten von ihnen kennen sich schon Jahrzehnte. Seit zwei Jahren gehört Matthias Swobodzinski zu ihrer Gruppe und ist damit so etwas wie ein Neuling. Stolz präsentiert er seinen geschnitzten Fisch „Paul“, die erste Arbeit, die er hier in der Schnitzwerkstatt angefertigt hat. Eigentlich malt er, und das schon deutlich länger.
Bis zum endgültigen Kunstwerk ist es ein langer Weg: Viele Leute kommen einige Male und scheitern am Geschick und der Geduld, die das Handwerk voraussetzt. Vor eineinhalb Jahren fing Peter Behrendt an, die benachbarte Kirche St. Thomas nachzubauen. Jetzt ist das Modell in den letzten Zügen. Wie er selbst sind auch alle Mitglieder der Schnitzgruppe im Ruhestand, was die leidenschaftliche Arbeit an ihren Werken vereinfacht. Auf die Frage, wie viele Arbeitsstunden in einer Schnitzfigur stecken, antworten sie „Das zählen wir nicht. Da würden wir ja verrückt bei.“.
Verkauft wird nicht
Sie alle sind mehr oder weniger in das Handwerk hineingestolpert, durch zufällige Begegnungen oder Bekannte. In ihren Werken steckt kein wirtschaftliches Interesse. Fragt man nach dem Grund für die ganze Mühe, ist es die Arbeit selbst und die Freude, die fertigen Figuren innerhalb der Familie und dem Bekanntenkreis zu verschenken. Sie an fremde Menschen zu verkaufen, dafür stecke zu viel Arbeit und Liebe darin.
Facebook
Twitter
Flattr
Google+
YouTube
Soundcloud
Paypal
Anmelden