Mit einem starken neuen Album im Gepäck beehrte die Metal-Band Primordial Hamburg bei einem ihrer drei Deutschland-Konzerte. Justus Ledig ließ sich von dem brachialen Sound der Iren mitreißen.
Drei Release-Shows in Deutschland kündigten Primordial für ihre Platte „Where Greater Men Have Fallen“ schon vor vielen Monaten an. Dass die Hansestadt bei solch illustren Events einer der Schauplätze ist, hat gewissen Seltenheitswert in Metal-Kreisen. Dennoch ist das Knust an diesem Abend nicht ganz ausverkauft, wenn auch gut gefüllt. Einige Fans haben weite Wege auf sich genommen, um Alan „Nemtheanga“ Averill und seinen Mannen von der grünen Insel zu lauschen. Wer gekommen war, konnte sich freuen: das neue Album gab’s auf dem Konzert für einen Zehner.
Die erste Vorband nennt sich Bölzer, stammt aus der Schweiz und besteht lediglich aus zwei Personen. Dennoch gelingt es dem Duo an Schlagzeug und Gitarre/Gesang, eine beachtliche Sound-Wand zu errichten. Die Musik kommt wuchtig-walzend und gar nicht so Lo-Fi herüber, wie das angesichts der Besetzung zu vermuten wäre. Bölzer machen ihr Ding, das machen sie gut, und die Stimmung hebt sich im Knust.
Etwas seltsam muten Portrait aus Schweden an, die mit plakativ-okkulten Outfits im 70er/80er-Look auflaufen und dabei ziemlich klassischen Heavy Metal spielen. Der Klang und der gesamte Auftritt der Truppe überzeugen nicht besonders. Vor allem wirken Portrait im Vergleich mit den anderen Bands des Abends entschieden zu freundlich – auch wenn die Texte eine andere Sprache sprechen mögen.
Das Schauspiel möge beginnen
Zu fortgeschrittener Stunde betritt dann endlich der irische Fünfer Primordial die Bühne, um – kaum überraschend – den Titelsong von „Where Greater Men Have Fallen“ auf die Meute loszulassen. Von Beginn an werden weder Experimente noch Gefangene gemacht: Sänger Nemtheanga ist wie üblich bleich-blutig geschminkt und zieht das Knust mit seiner dämonischen Performance in seinen Bann. Der Rest der Band verzichtet auf Showelemente – das übliche Bild bei den Iren.
Während sich Primordial durch ihre mittlerweile mehr als 25 Bühnen-Jahre und acht Alben umfassende Historie spielen – es sind durchaus einige alte Stücke im Programm – , drückt Nemtheanga mehrfach seine Dankbarkeit für das zahlreiche Erscheinen aus. Dennoch spricht er die Besucher bald als „my friends“, bald als „fucking cunts“ an. Das Publikum im Knust nimmt es ihm nicht krumm und zeigt sich guter Laune. Fliegende Hände, wehende Haare und schmetternde Kehlen prägen das Bild vor der Bühne.
Große Hymnen und sperriges Neu-Material
Primordial nehmen sich reichlich Zeit für ihr Set, in dem die geforderten Meilensteine wie „Coffin Ships“, „Rome Burns“ oder „Empire Falls“ nicht fehlen dürfen. Natürlich liegt der Schwerpunkt auf der neuen Platte, von der es gleich fünf Songs zu hören gibt. Da das Album erst einige Tage später offiziell erscheint, fehlt es dem Publikum hier freilich an Materialkenntnis, was verhaltene Reaktionen bei den neuen Songs auslöst.
0.30 Uhr ist durch, als die letzten Töne von „Traitors Gate“ verhallen. Primordial mögen mittlerweile etwas routiniert bei ihren Shows auftreten, doch einem Meister des gezielten Pathos wie Nemtheanga und nicht weniger begnadeten Instrumentalisten sei dies verziehen. Nun rotiert die frisch erworbene neue Großtat „Where Greater Men Have Fallen“ voller irischer Finsternis im heimischen CD-Player und löst ein, was der vorherige Abend versprochen hat.
Foto: Justus Ledig
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