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Autoreninterview: „Ej jo, Finn-Ole Heinrich, ich hab da so ne Hausaufgabe“

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Camilla Lindner
@CamillaLindner

Redakteurin | Studentin der Anglistik und Politikwissenschaft an der Universität Hamburg | Kontakt: lindner@hh-mittendrin.de

Finn-Ole Heinrich hat Filmregie studiert und schreibt heute hauptberuflich als Autor. Er beschäftigt sich so lange mit seinen Figuren, bis er sie hören kann. Mittendrin sprach mit ihm über „Maulina Schmitt“ und wie es so ist,  wenn der eigene Roman zur Hamburger Abiturpflichtlektüre wird.

Mittendrin: „Die erstaunlichen Abenteuer der einzigartigen, ungewöhnlich spektakulären, grenzenlos mirakulösen Maulina Schmitt“ gehen weiter. Dein neues und zweites Buch („Warten auf Wunder“) ist im Februar 2014 erschienen. Wie kamst du eigentlich auf die Ideen, ein Kinderbuch mit Illustrationen zu schreiben?

Finn-Ole Heinrich: Ich hatte ja vorher schon eins geschrieben, da war der Gedanke jetzt nicht mehr so fern. Ist ja meistens so, dass einem viele Ideen kommen, wenn man sich in einem bestimmten Kosmos aufhält. Also: wenn ich, sagen wir, angele, jeden Tag, dann fallen einem bestimmt dauernd Dinge zum Thema Angeln ein. Ich hab‘ eben zufällig dieses erste Kinderbuch gemacht, war dann in der Kinderbuchwelt unterwegs und mein Kopf hat dazu daher ständig Ideen produziert. Eine davon ist Maulina Schmitt.

In dem Buch wird das Mädchen Paulina zu Maulina, die aus ihrer Heimat Mauldawien ausziehen muss. Darüber ist sie alles andere als glücklich. Du erzählst die Geschichte eines Scheidungskindes, dessen Welt in einer Art Märchen stattfindet. Ist es für die lesenden Kinder einfacher, durch Märchenwelt-Geschichten einen Zugang zu gewissen Themen zu bekommen?

Finn-Ole Heinrich: Weiß ich nicht, was einfacher ist. Maulinas Welt soll aber gar keine Märchenwelt sein. Es ist sogar eine ziemlich realistische Welt, in der diese Geschichte spielt. Sie wird aber eben erlebt, wahrgenommen und erzählt von einem kleinen, fantasiebegabten Mädchen. Die eigentlich völlig realistische Geschichte und Umwelt bekommt dadurch eine Menge fantastischer Elemente, ihr Ton färbt die Welt, ihre Augen, ihre Sprache machen alles etwas schräger, bunter, härter, leichter. So ist das, wenn man seinem Erzähler viel Raum gibt.

Du hast Filmregie in Hannover studiert und schreibst heute deine eigenen Bücher. Inwiefern hilft dir das Filmstudium beim Schreiben?

Finn-Ole Heinrich: Och, naja, mein Filmstudium war ein sehr freies Studium. Ich hatte eigentlich nur einmal die Woche ein Treffen mit meinen etwa fünf Kommilitonen und dem Prof., dann haben wir geredet, Ideen ausgetauscht, uns gegenseitig Kritik gegeben. Ansonsten hat man eigentlich zu Hause an seinen Filmen oder sonstigen Projekten gearbeitet. Ich hab‘ also in dem Studium vor allem gelernt, mich selber einigermaßen zu organisieren, mich zu disziplinieren, auch: meine Arbeit ernst zu nehmen, ihre Voraussetzungen ein bisschen zu begreifen. Das Studium, auch wenn das kein Fach war, in dem ich Unterricht erhalten habe, hat mich auf das Künstlersein vorbereitet, also: als Einzelkämpfer und mein eigener Chef jeden Tag mit meinen Fragen und Zweifeln und Ideen konfrontiert zu sein und mit diesem Wust meinen Lebensunterhalt bestreiten zu wollen. Das ist natürlich immer noch und jeden Tag ein Thema für mich.

Arbeitest du momentan an einem Film? Wenn ja, welches Thema behandelt er?

Finn-Ole Heinrich: Naja, nicht so wirklich. Oder sagen wir: an mehreren. Ich bin involviert in ein Filmprojekt eines Freundes, da bin ich aber nur ein dramaturgischer Berater, ich lese gegen und bearbeite vor allem die Dialoge. Für den gleichen Freund, der Regisseur ist, schreibe ich schon seit Jahren ein Drehbuch, es ist die Adaption der Erzählung „Schwarze Schafe“ aus „die Taschen voll Wasser“. Das ist allerdings ein langer, schmerzhafter Ausflug und ich zweifle sehr daran, dass die viele Arbeit irgendwann noch mal zu einem tatsächlichen Film führt. Ich wurschtele nebenher an ein paar eigenen, kleinen Projekten – aber mein nächstes großes Projekt ist das Drehbuch zu „Räuberhände“, meinem Debutroman. Der soll verfilmt werden. Dafür muss ich aber erstmal die derzeitigen Projekte abschließen.

Dein Roman “Räuberhände“ ist zur Pflichtlektüre des Hamburger Abiturs 2013/14 geworden. Was ist das für ein Gefühl, zu wissen, dass sich Jugendliche tiefgehend mit deinem Buch beschäftigen? Bekommst du Rückmeldungen?

Finn-Ole Heinrich: Oh ja! Sehr viele! Manchmal werde ich in der Bahn angesprochen – „Ej, jo, bist du Finn-Ole Heinrich? Ej, warte mal, ich hab da so ne Hausaufgabe…“, oft bekomme ich Mails oder Facebook-Nachrichten, nach den Lesungen spreche ich ja auch immer noch mit den Schülern, das ist schon spannend. Die Bandbreite der Rückmeldungen ist auch witzig. Von sehr respektvollen briefartigen Nachrichten, die voller Dank und Anerkennung sind über diverse Fragen bis zu Beleidigungen. Vor allem zum Thema Homosexualität.

Dass sich Jugendliche mit dem Buch beschäftigen, ist eigentlich ein gutes Gefühl. Manchmal hatte ich auch ein bisschen Sorge, ob mein Text dieser intensiven Auseinandersetzung, diesem methodischen „den-Text-untersuchen“ überhaupt standhalten wird. Aber insgesamt macht mich diese Sache sehr glücklich. Ich meine: Was will man denn als Autor? Gelesen werden. Bemerkt werden. Diskutiert werden. Also, das ist sicher nicht das einzige, aber doch ein entscheidender Aspekt. Ein Autor, der nicht wahrgenommen wird, ist ein unzufriedener Autor, das kann man wohl so behaupten. Und mir ist da ein großes Geschenk gemacht worden. Ich hab’s allerdings auch mit Herzblut angenommen und mich all diesen Lesungen und Diskussionen gestellt. Das hat in mir und für mich viel bewegt.

Wie entstehen deine Geschichten?

Finn-Ole Heinrich: Jede Geschichte hat eine eigene Entstehungsgeschichte. Meistens kreisen Geschichten als Thema um mich, kündigen sich lange an und ich suche über einen gewissen Zeitraum die Teile zusammen, die ich brauche, damit die Geschichte für mich greif- und erzählbar wird. Tonlage, Figuren, Welt, Wissen, Perspektive etc., dann irgendwann kann ich in die Konstruktion gehen, das heißt, ich entwerfe einen Plan, wie die Geschichte ablaufen soll. Dann beschäftige ich mich meistens recht lange mit den Figuren, muss sie sehr genau kennen lernen, bis ich sie irgendwann hören kann und dann kann ich Schreibversuche unternehmen, mich rauswagen, reintrauen, in die Geschichte.

Wann bist du am produktivsten?

Finn-Ole Heinrich: Morgens. Zwischen halb fünf und halb zehn.

Hast du andere Autoren als Vorbilder?

Finn-Ole Heinrich: Nee. Vorbilder nicht. Es gibt ’ne Menge wichtiger, großartiger Autoren, auch Filmautoren, die mich sicherlich beeinflusst haben, die viel in meinem Kopf bewegt haben und deren Können und künstlerische Kraft ich bewundere, aber ich Vorbilder, nö. Das klingt so, als würde ich gerne so sein oder so etwas machen wie sie. Darum geht’s ja nicht.

Du bist gebürtiger Hamburger und lebst auch hier. Was gefällt dir an der Stadt? Was weniger?

Finn-Ole Heinrich: Ach, es ist schon eine gute Stadt, sie ist sehr vielfältig, man kann hier alles machen, jeder kann hier seine Nische finden. Sie ist auch wirklich schön. Für mich war aber der wichtigste Aspekt, dass ein Großteil meiner absoluten Lieblingsmenschen hier wohnen und ich in ihrer Nähe sein wollte. Ich wohne hier jetzt mit einem ganzen Haufen von ihnen zusammen. Das ist sehr schön.

Was mir an Hamburg nicht gefällt, ist der teilweise penetrante Reichtum hier. Und dass die Stadt so voll ist. Es gibt kaum Raum für Ideen, für Künstler, für Projekte. Als junger Künstler hatte ich eigentlich permanent das Gefühl, dass diese Stadt mir sagt: „Och, ja, Kleiner, ganz nett. Wann gehst du eigentlich wieder?“ Ich hab immer Probleme gehabt, eine Wohnung zu finden, konnte mir ewig kein Arbeitszimmer leisten. Und mich nervt manchmal die Arroganz der Hamburger. Dieses: „Hamburg ist die schönste Stadt der Welt“-Gefasel. Oh, und das Wetter! So viel Regen, so viel Grau, so viel Wind. Ich bin ja in Cuxhaven aufgewachsen und habe achtzehn Jahre lang eine große Sehnsucht nach Südfrankreich in mir aufgestaut. Und wo lande ich? In Hamburg. Na, selbst schuld…

Hast du einen Lieblingsplatz in Hamburg?

Finn-Ole Heinrich: Im Garten mit meinen Leuten. Da geht mir echt das Herz auf.

In „Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt“ schreibst du „Das Leben ist ein Pfannekuchen. Mal süß, mal salzig“. Magst du Pfannekuchen? Eher die Salzigen oder die Süßen?

Finn- Ole Heinrich:  Hehe, lustig, dass du fragst. Ich bin überhaupt kein Fan von Pfannkuchen. Also, als ich mal ’ne Zeit lang in Frankreich lebte, hab‘ ich immerhin die Galettes zu schätzen gelernt, die sind salzig, knusprig, hauchdünn und werden eigentlich mit Buchweizenmehl gemacht. Es gibt auf jeden Fall Pfannkuchen, die ich mag. Das ist aber eine relativ neue Erkenntnis. Pfannkuchen wie sie in Deutschland meistens gemacht werden, finde ich schrecklich. Und meine WG hat das dauernd gemacht, einen fetten, klumpigen Teig zusammengerührt und den viel zu dick in zu viel Öl ausfrittiert. Und alle haben sich darüber immer tierisch gefreut, juhu, Pfannkuchen! Und die ganze Bude roch nach Fritteuse. Und ich saß daneben und hab‘ irgendwas anderes gegessen, weil mir diese schmierigen, süßen Fettlappen einfach nicht geschmeckt haben. Außerdem liegen einem diese Geräte dann auch wirklich schwer im Magen. Bah. Es war dann mein persönlicher Ehrgeiz, mal ordentliche Pfannkuchen zu machen, so wie ich sie kenne und verzehrbar finde. Deshalb hab‘ ich rumprobiert und ein paar gute Rezepte entwickelt. Naja. Es bleibt dabei: Pfannkuchen finde ich eher primitiv und sie werden niemals zu meinen Leibspeisen gehören, aber man kann relativ gute Dinger machen, man kann aber auch fette, schlabbrige Ölteig-Kombinationen ausbacken, die nur mit viel Marmelade erträglich zu gestalten sind…

Das Interview führte Camilla Lindner.

Foto: Denise Henning

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1 Kommentar

  1. Astrid

    12. Juni 2014 at 21:19

    Und was is nu mit dem Pfannkuchenrezept??

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