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Interview: „Anne Hertz“- Geschichten entstehen im kreativen Chaos

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Camilla Lindner
@CamillaLindner

Redakteurin | Studentin der Anglistik und Politikwissenschaft an der Universität Hamburg | Kontakt: lindner@hh-mittendrin.de

Die Schwestern Wiebke Lorenz und Frauke Scheunemann veröffentlichen unter ihrem Pseudonym „Anne Hertz“ Romane. Im März ist ihr neuer Spiegel- Bestseller „Die Sache mit meiner Schwester“ erschienen. Mittendrin hat ein Interview mit „Anne Hertz“ über das gemeinsame Schreiben im kreativen Chaos und den Unterschied zwischen RheinländerInnen und HamburgerInnen geführt.

Veröffentlicht am 21. Mai 2014

Mittendrin: Seit 2006 schreibt ihr beide, Wiebke Lorenz und Frauke Scheunemann, unter eurem Autorennamen „Anne Hertz“. Wie kamt ihr auf diesen Namen?

Frauke: Wiebke hatte mal fürs Fernsehen ein Serienkonzept entwickelt, in dem die Hauptfigur „Anna Herz“ hieß. Das Format wurde leider nicht umgesetzt, aber uns gefiel der Name so gut, dass wir auf der Suche nach einem gemeinsamen Pseudonym wieder darüber stolperten. Wir haben ihn dann etwas abgewandelt, eben mit „Anna“ und beim „Herz“ noch ein „t“ eingefügt, damit es nicht zu kitschig klingt. Wir finden „Anne Hertz“ für unser Genre einfach perfekt.

Mittendrin: Ihr schreibt zusammen Bücher. Wie geht ihr denn dabei vor?

Wiebke: Zuerst überlegen wir uns gemeinsam die komplette Geschichte, also von Anfang bis Ende. Mal hat Frauke die erste Idee dazu, mal ich. Wenn wir mit der Story fertig sind, schreiben wir eine längere Inhaltsangabe, so zehn bis zwanzig Seiten, die wir dann in Kapitel unterteilen. Ab da schreiben wir abwechselnd, sprechen uns aber immer sehr genau miteinander ab und gehen am Ende wechselseitig so oft über den Text, dass man nicht mehr merkt, dass er von zwei Personen geschrieben wurde.

Mittendrin: Wann kommt es bei euch zu Meinungsverschiedenheiten? Und wie einigt ihr euch dann auf eine Lösung?

Frauke: Klar sind wir nicht immer einer Meinung. Dann muss eben diskutiert werden, manchmal auch etwas länger und heftiger. Aber am Ende haben wir uns bisher immer irgendwie geeinigt. Zur Not dann oft auch mit einer dritten, ganz neuen Idee.

Mittendrin: Wie sehen eure Schreibtische aus? Schreibt ihr gerne im kreativen Chaos oder darf da gar nichts draufstehen?

Wiebke & Frauke: Chaotisch, alle beide. Da fliegen Zettel, Stifte, Kinderspielzeug, Kaugummis, Briefe, CDs und sonstwas herum – und dazwischen entstehen dann die neuen Geschichten.

Mittendrin: Was macht euch, ganz ehrlich, mehr Spaß: zusammen schreiben oder lieber alleine?

Wiebke: Immer, wenn ich mit Frauke geschrieben habe, macht es mir danach mehr Spaß, wieder allein zu arbeiten. Und umgekehrt.

Frauke: Das ist bei mir genauso.

Mittendrin: Eure gemeinsamen Bücher handeln über die Liebe. Was fasziniert euch an dem Thema Liebe?

Wiebke: Ich würde mal sagen, da geht es uns wie fast allen Menschen: Liebe ist die schönste Sache der Welt. Und kann gleichzeitig die Schlimmste sein.

Mittendrin: Ihr habt Jura und Germanistik/Anglistik studiert und seid nun beide Autorinnen. War es nach dem Studium klar, dass ihr das Schreiben zu eurem Beruf macht?

Frauke: Bei mir zuerst nicht. Ich habe zwar auch schon immer gern geschrieben, aber im Gegensatz zu Wiebke, die schon sehr früh wusste, dass sie Autorin werden wollte, war mein Ziel während des Studiums tatsächlich, eine juristische Laufbahn einzuschlagen. Nach dem zweiten Examen war ich mir meiner Sache dann nicht mehr so sicher – die vorgegebenen Strukturen sind für Rechtswissenschaften natürlich wichtig, ich empfand sie allerdings auch als ganz schön einengend. Deswegen bin ich froh, dann doch einen anderen Weg eingeschlagen zu haben.

Wiebke: Ja, ich habe das schon vor dem Studium gewusst. Mit siebzehn habe ich angefangen, neben der Schule für eine Tageszeitung zu schreiben. Frauke hat das damals auch hin und wieder gemacht, aber im Gegensatz zu ihr war mir schnell klar: Das will ich machen, genau das – und nichts anderes. Zwar sollte es erst mehr in Richtung Journalismus gehen, ich war dann ja auch ein paar Jahre lang Redakteurin bei verschiedenen Zeitschriften, aber schon im Studium habe ich aus „Jux und Dollerei“ einen Roman geschrieben. Als der dann sofort veröffentlicht wurde, wusste ich, dass ich da weitermachen will.

Mittendrin: Im Moment seid ihr unterwegs, weil ihr euren neuen Roman „Die Sache mit meiner Schwester“ in Deutschland vorstellt. In dem Roman geht es um zwei Schwestern, die ebenfalls ein Buch veröffentlichen. Beide verstehen sich aber eigentlich ganz und gar nicht. Wie kamt ihr auf diese Geschichte?

Wiebke: Wir haben uns da einen kleinen autobiografischen Spaß erlaubt. Wobei nicht alles, was in dem Roman steht, wahr ist. Aber ein bisschen schon.

Mittendrin: Ihr seid gebürtige Düsseldorfer, lebt nun aber in Hamburg. Was ist der Unterschied zwischen der Einkaufsstraße Königsstraße (Kö) und der Hamburger Mönckebergstraße? 

Frauke: Wir fühlen uns eigentlich gar nicht mehr als Rheinländerinnen, dafür sind wir schon zu lange in Hamburg, und unsere Mutter ist gebürtige Lübeckerin, so dass uns das „Nordische“ schon von Kindheit an vertraut war. Der Unterschied zwischen Kö und Mönckebergstraße liegt schon darin, dass in Düsseldorf mehr geprotzt wird, wohingegen die Hamburger eher das zurückhaltende Understatement pflegen.

Wiebke: Im Rheinland wird man auch ständig von wildfremden Menschen angesprochen. Da passiert es mal, dass sich jemand, der am Nebentisch sitzt, in dein Gespräch einmischt und auch seinen Senf dazu gibt. Das finde ich nicht unsympathisch, es hat auch was Fröhliches – aber nach so lange Zeit im Norden ist es schon gewöhnungsbedürftig, wenn wir mal wieder in der alten Heimat sind.

Mittendrin: Wo seid ihr an einem sonnigen, warmen Wochenende in Hamburg?

Frauke: Entweder bei uns zu Hause im Garten, wo meine Kinder auf dem Trampolin rumtoben oder den Hund über den Rasen jagen. Oder auf einem Reitturnierplatz, denn meine größeren Mädchen sind begeisterte Reiterinnen.

Wiebke: Vermutlich bin ich mit meiner kleinen Tochter und meinem Lebensgefährten im Eppendorfer Park oder auf einem der vielen Spielplätze im Generalsviertel. Außerdem bin ich sehr gern an der „Strandperle“, da finde ich es echt sehr schön! Und am letzten Sonntag waren wir zu dritt in der Imtech-Arena und haben für den HSV gebangt!

Mittendrin: Was lest ihr privat für Bücher? Welches Genre fasziniert euch?

Frauke: Neben Sachbüchern mag ich sehr gern Bücher von Elizabeth George oder auch Agatha Christie, also so richtig „klassische“ Krimis. Außerdem lese ich auch gern witzige Unterhaltung von Kolleginnen. Seitdem ich Kinder habe, lese ich natürlich viele Kinderbücher vor. Weil ich mittlerweile als Frauke Scheunemann auch selbst welche schreibe wie zum Beispiel „Winston. Ein Kater in geheimer Mission“, sind Kinderbücher für mich darüber hinaus auch Fachlektüre geworden. Mich interessiert sehr, wie Kollegen an Stoffe für Kinder herangehen.

Wiebke: Mir geht es da wie Frauke, ich lese auch gern Unterhaltung, aber auch als „Fachlektüre“ Krimis, weil ich als Wiebke Lorenz Thriller wie „Alles muss versteckt sein“ schreibe. Da sehe ich mir dann schon genau an, wie andere Autoren plotten und Spannung erzeugen, welchen Stil sie haben. Zum einen möchte ich nämlich nichts schreiben, was schon ein anderer getan hat – zum anderen ist die beste Methode, beim Schreiben immer wieder dazu zu lernen, selbst viel zu lesen.

Mittendrin: Seid ihr lieber Bildschirmleser oder Papierleser?

Wiebke: Beides.

Frauke: Auch beides, aber bei Büchern viel lieber Papier.

Mittendrin: Habt ihr vor, weiterhin Romane unter „Anne Hertz“ zu veröffentlichen? Wenn ja, seid ihr schon am Schreiben einer neuen Geschichte?

Frauke: Ja, im nächsten Frühjahr kommt wieder ein neuer „Anne Hertz“ und wir sind auch schon bei der Arbeit. Allerdings dürfen wir noch nicht sagen, um was es geht.

Der neue Roman „Die Sache mit meiner Schwester“ ist für 14, 99 Euro im Buchhandel erhältlich.

Foto: Melanie Dreysse

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