Kultur

Hamm: Märchenstunde im Elbschloss

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Henriette Bunde

Geboren am 26.10.1985 in Rostock | M.Sc. Politics, Economics and Philosophy | journalistische Praktika (Print, Radio)

Erik Schäffler las Märchen aus dem In- und Ausland und bescherte den „Osterbrookern“ so einen vorweihnachtlichen Abend. Die Lesung ist Teil der Reihe „Kultur vor Ort“, die Menschen aus der Nachbarschaft zusammenbringen will.

Die Winterzeit lädt dazu ein, näher zusammenzurücken und sich Geschichten zu erzählen. So geschehen am Donnerstag im Nachbarschaftszentrum „Elbschloss an der Bille“ im sogenannten „Osterbrookviertel“ des Stadtteils Hamm. Die Baugenossenschaft freier Gewerkschafter eG (BGFG) lud dort zur Lesung „Wintermärchen“ mit dem Schauspieler und Theaterautor Erik Schäffler ein, der einem breiteren Publikum aus „Tatort“ und als „Teufel“ im Stück „Hamburger Jedermann“ bekannt ist. Der Musiker Gerald Voigts begleitete den Abend auf der Gitarre.

Märchen gibt es in allen Kulturkreisen der Welt. Davon konnten sich auch die rund 40 Zuhörerinnen und Zuhörer an diesem Abend überzeugen. Da gab es zum Beispiel das portugiesische Märchen vom Affen, dem ein Granatapfelkern auf den Boden fiel, der alsbald zu einem Granatapfelbäumchen heran wuchs – unglücklicherweise im Schatten eines Ölbaums, der der zarten Pflanze den Lebensraum raubte. Der Affe empörte sich daraufhin unter anderem bei einem Richter, der Königen, einer Maus, und schließlich beim Tod, der wiederum eine Kette von Ereignissen in Gang setzte, die den Granatapfelbaum am Ende rettete. Aus Russland las Erik Schäffler ein Märchen vor, das stark an die grimmsche Erzählung „Von dem Fischer un syner Fru“ erinnerte.

Die Veranstaltung ist Teil der Reihe „Kultur vor Ort“, die die BGFG seit dreieinhalb Jahren an insgesamt elf verschiedenen „Nachbarschaftstreffs“ in Hamburg durchführt. Die kostenfreien Lesungen, Konzerte und Filmabende haben das Ziel, Nachbarschaft und Kultur zu verbinden: „Wir wollen dort etwas anbieten, wo die Hamburger und Hamburgerinnen zu Hause sind, abseits des Stadtzentrums“ erklärt Hans-Jürgen Belgart vom Vorstand der Elisabeth-Kleber-Stiftung, die 2001 von der BGFG gegründet wurde, „dadurch wollen wir Leute anlocken, die sich sonst vielleicht nicht aufraffen würden“. So gab es in den letzten Monaten zum Beispiel Lesungen von Carmen Korn im Stadtteil Steilshoop und von Harald Maack in Rothenburgsort. „Es sollen unverbindliche Kulturabende sein, offen für jeden und ohne Verpflichtungen“, ergänzt Elke Ribeaucourt von der BGFG, „Wer seine Nachbarn kennenlernt, fühlt sich auch auf der Straße sicherer“. Insofern habe „Kultur vor Ort“ auch einen politischen Auftrag.

Die schönsten Märchen und Geschichten

Im Publikum saßen größtenteils Besucher im Rentenalter. Fragte man sie nach ihren Märchenfavoriten, nannten fast alle die Sammlung der Brüder Grimm. Für ein bestimmtes Lieblingsmärchen mochte sich aber niemand so recht entscheiden. Georg Schmidt (65) erinnert sich schließlich daran als kleinen Jungen den „Froschkönig“ sehr gemocht zu haben. „Wahrscheinlich, weil er mir so oft vorgelesen wurde“, vermutet er. Johanna Gaedecke (64) schwankte zwischen „Schneewittchen“ und „Hänsel und Gretel“. Bei Inge Burgau (53) stehen Märchenbücher der Brüder Grimm sowie von Hans Christian Andersen im Bücherregal, aus denen sie ihren Kindern früher vorgelesen hat. „Und heute lesen mein Sohn und meine Tochter meinen Enkeln die Märchen vor“, erzählt sie. „Vorlesen!“ lautet auch die klare Antwort von Gastleser Erik Schäffler auf die Frage, ob er lieber zu Filmen oder Büchern greife. „Ali Baba und die vierzig Räuber“ und „Sindbad der Seefahrer“ hätten ihn besonders in den Bann gezogen. Den zauberhaften Erzählungen in Ehren, auch Kritik sei durchaus angebracht. Mit einer Kindertheatergruppe spielte Schäffler kürzlich mit Begeisterung das Märchen „Schneewittchen“. „Trotzdem hätte ich nichts dagegen, den sieben Zwergen die Ohren lang zu ziehen, dafür dass sie die junge Frau Schneewittchen wie ein unselbstständiges Kind behandeln!“, so der Künstler. Märchen gibt es überall. Offen sein, auf Menschen zugehen und so der Welt mehr Frieden bringen – solche Worte klangen an diesen Abend seitens der Veranstalter und der Künstler oft an. Passend dazu endete die Lesung mit dem Weihnachtsliedklassiker „Feliz Navidad“, der Textteile auf Spanisch, Englisch und Deutsch enthält und von allen Anwesenden gemeinsam gesungen wurde.

Artikelbild: Harald Gärtner (Own work) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

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