“Unter schwarzer Flagge” war das Motto auf der MS Stubnitz. Trotz nicht optimaler Umstände ein gelungener Black-Metal-Abend, wie Justus Ledig erlebte.
Ich gebe es zu! Noch nie zuvor war ich auf der MS Stubnitz, dem Party- und Konzert-Kahn, der in der HafenCity liegt. Was passt also besser, als den ersten Besuch von Bands versüßen zu lassen, die BlackShore oder Wrack heißen? Erstgenannte haben als Lokalmatadoren Headliner-Status – also alle Mann an Bord!
Ein Beginn um 20 Uhr ist angesagt, 20 Uhr wird’s nicht. Gähnende Leere herrscht noch auf dem Schiff an jenem Sonnabend, aber die Location gefällt schon mal. Der Mittendrin-Leserschaft die MS Stubnitz zu beschreiben ist vielleicht wie Eulen nach Athen zu tragen… daher sei nur darauf verwiesen, dass all die Rohre, steilen Treppen, Ketten und weiteres Gerödel eine einzigartige Atmosphäre erschaffen. Allerdings ist es ganz schön kalt und zugig, selbst unter Deck.
Als erste stehen deutlich nach 21 Uhr Wrack auf den Planken. Die Bochumer spielen atmosphärischen Black Metal ohne Schnickschnack, dafür mit wohlabgestimmter Gitarrenarbeit und sehr wandlungsfähigen Gesängen. Lange Songs mit viel Abwechslung prägen das Set. Auf Show wird nahezu komplett verzichtet, sogar Ansagen gibt es fast gar nicht. Das braucht es aber auch nicht, denn die Musik spricht für sich. Da Wrack auch nur aus einer Kernbesetzung von zwei Personen besteht und einer der besten festen Musiker sogar noch krankheitsbedingt ersetzt werden muss, wundert es nicht, dass die Band etwas undynamisch wirkt. Aber das tut dem Erlebnis keinen Abbruch.
Es wird voller – und schräg
Inzwischen hat sich die Stubnitz deutlich gefüllt. Der Zuschauerraum vor der Bühne indes scheint ein grundsätzliches Problem zu sein, denn dieser ist dreigeteilt und jeweils sehr schmal. Bei Black Metal, wo es meist eh nicht zu viel Bewegung im Publikum kommt, kein Problem, doch wie soll beispielsweise ein Punk-Konzert hier stattfinden? Ein kleiner Minuspunkt in einer sonst so großartigen Konzert“halle“.
Weiter geht es mit Hyems. Grundgütiger, wer hat denn den Jungs da Speed in den Kaffee getan? Glänzten Wrack noch durch die Abwesenheit von Show, tanzen Hymens respektive Sänger AEJ mit einer unaufhaltsamen Energie über die Bühne. Und darin liegt das Problem: Bei so viel Gehampel rund um einen Sound, der nihilistisch und finster sein soll, bleibt die Glaubwürdigkeit auf der Strecke. Hyems leben offenbar eine Rockstar-Attitüde, die in halsbrecherischem Widerspruch steht zu schwarzweißer Bemalung und infernalischen Klängen. An der Musik gibt es wenig auszusetzen, aber das deutliche Zuviel an Gepose macht den Auftritt leider etwas lächerlich.
Dystopisch, dämonisch, dynamisch
Und nun zum Höhepunkt des Abends. Oh weh, BlackShore sind nur zu zweit! Die Anfahrt des Bassisten Seuche fiel dem Schneechaos der norddeutschen Tiefebene zum Opfer, sodass wir nur Gesang/Gitarre und Schlagzeug hören dürfen. Doch mit bemerkenswerter Energie machen es die Hausherren wieder wett. Sei es bei den pechschwarzen Black’n’Roll-Sounds aus eigener Fertigung oder bei den zwei Motörhead-Covern (“Für Lemmy!”), BlackShore sind gekommen, um den Laden abzureißen. Zum ersten Mal kommt Bewegung aufs Schiff. Wer beim D-Beat-geschwängerten Sound der Lübeck-Hamburger Band stillstehen kann, dem ist ein veritabler Stock im Arsch zu attestieren. Und spätestens bei “Are you ready for some real German Ärger” darf auch gesungen werden.
Allzu lange spielen BlackShore heute leider nicht. Vielleicht hat es mit dem verzögerten Beginn oder auch direkt mit dem Fehlen des Bassisten zu tun. Macht aber nix, denn man sieht die Black-Metal-Troublemakers ja sicher bald wieder.
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