Medienkolumne: Freitags Montag

Medienkolumne
Jan Freitag

Freier Journalist und Autor | Blog: http://freitagsmedien.com/ | Schreibt bei Mittendrin über die "Wahnsinnsstadt" Hamburg und den wöchentlichen TV-Dschungel

freitagsmedien_Spukki-2_Seite_1Jan Freitag hat sich durch den Mediendschungel der Woche gekämpft und dabei einen würdelosen Abschied für einen Plauderonkel gefunden.

Ach, eigentlich hätte man ihm doch einen würdevolleren Abschied gewünscht. Eigentlich wäre Günther Jauch eine Prise Restanstand zu wünschen gewesen nach vier Jahren unablässigen Bashings seriöser Feuilletons. Eigentlich spricht man von Toten ja nicht schlecht. Nur, warum lädt Deutschlands zahnlosester Talkgastgeber dann nicht Gäste zum Schlussakt, denen er gewachsen ist, eine Krabbelgruppe seines Potsdamer Reichenghettos oder rampenlichtunerfahrene Ottonormalverbraucher, idealerweise RTL-Zuschauer und Quizfans? Aber nein, er muss es im ARD-Finale mit Wolfgang Schäuble aufnehmen, der schon bissigere Moderatoren zerfleischt hat.

Dabei wollte der Plauderonkel jede Konfrontation mit dem kampfeslustigen Gegenüber vermeiden, indem er artige Fragen an „Deutschlands dienstältesten Abgeordneten, beliebtesten und wortmächtigsten Minister und für manche gar heimlichem Kanzler“ mit Gefälligkeitsgutachen wie „viele Wähler möchten ja, dass alles so bleibt“ einleitet. Dennoch kanzelte der Innenminister seinen Stichwortgeber ab wie einen Schülerzeitungsreporter, aber gut – so dürfte auch dem allerletzten Fan des Erklärbärs aufgegangen sein, dass dessen Aus im Ersten keine Minute zu früh, sondern vier Jahre, zwei Monate und 18 Tage zu spät kommt.

Medienecho für zeithistorisches Fernsehen

Ob sein Niveau allerdings weiter für RTL taugt, das sich nach dem weltweit positiven Medienecho für „Deutschland 83“ grad in einer Liga mit HBO oder Arte sieht und mindestens drei Spielklassen oberhalb von Sat1, dem selbst bei einem ansehnlichen Kostümkrimi wie „Polizeikommission Berlin 1“ scharenweise die Zuschauer davonlaufen, bleibt abzuwarten. All die globalen Fernsehpreise – zuletzt der renommierte „C21 International Drama Award“ in London – dürften jedoch auch diesen Donnerstag kaum verhindern, dass mehr Menschen die „Bergretter“ im ZDF sehen als Deutschlands beste TV-Serie 2015 neben „Weissensee“.

Dass beide deutsch-deutschen Inhalts sind, zeigt immerhin, dass Fernsehen zeithistorisch sein sollte, um gegen Shows, Sport, Internet zu bestehen. Auch der ARD-Mittwochsfilm begibt sich diese Woche daher thematisch jenseits der Wende, genauer: in die frühen 60er, wo Charly Hübner und Katharina Lorenz als westdeutsche Biederbürger von einem Kind erfahren, das ihr Sohn sein könnte, der 1945 bei der Flucht aus dem Osten verschollen ist und nun auf Verwandtschaftsverhältnisse hin geprüft wird, was in Zeiten vorm modernen Vaterschaftstest putzige Ausmaße annimmt und seinem Bruder Max gehörig gegen den Strich geht, dem wenig an innerfamiliärer Konkurrenz gelegen ist.

Ein Schwergewicht der Unterhaltung

Das Zweistaatenthema ist aber auch dokumentarisch verwertbar. Und zwar nicht nur in den endlosen Rückblicken von ZDFinfo, sondern Sonntag auch auf N24, wo der Übergang zur Einstaatlichkeit am Beispiel eines Künstlers geschildert wird, der von DDR & BRD gleichermaßen profitiert hat: Lindenberg. „Udo und Berlin!“ folgt dem Panikrocker um 15.20 Uhr sehr unterhaltsam auf beide Seiten der Mauer, die seine Karriere geprägt haben. Weiter südwestlich spielt eine andere Dokumentation. „Und plötzlich bist du verrückt“ beleuchtet am Dienstag (22.45 Uhr) im BR einen besonderen Skandal der an Skandalen keinesfalls armen (Un-)Rechtsgeschichte Bayerns: Die kriminelle Kaltstellung des Bankensystemkritikers Gustl Mollath durch Staat und Justiz, wobei es Leonie Stade und Annika Blendl weniger um Politik als die Psychiatrie geht, in der Patienten bis heute entrechtet werden.

Was leider auch für all jene gilt, denen 3sat Mittwoch (20.15 Uhr) den Themenabend „Unser Wohlstand, Eure Not“ widmet (3sat. Mi 2015). Drei Dokus nacheinander handeln darin von Arbeitssklaven, Huren und Hausmädchen, deren Leid unser Konsumglück ermöglicht. Schwer, nach derlei Schwergang leichte Kost zu empfehlen, aber Überfütterung mit Sorge ist ja auch nicht bekömmlich. Problemlos verdaulich wäre zum Beispiel die Einleitung des Abschieds eines anderen Schwergewichts der Unterhaltung: Stefan Raab. Kurz vor seiner Rente mit 49 zeigt Pro7 Freitag vier Stunden lang „Das Beste aus TV total“, woran sich gut ablesen lässt, warum der Entertainer heute zu den wenigen Lichtblicken des Metiers zählt.

Lichtblicke und Wiederholungen

Zu den Lichtblicken früherer Kinokunst zählt die farbige „Wiederholung der Woche“: Hitchcocks „Immer Ärger mit Harry“ (Montag, 20.15 Uhr, Arte), die 1955 niemand geringeres ins Rampenlicht spülte als die fabelhafte Shirley MacLaine. Schwarzweiß ratsam ist zum 100. Geburtstag von Frank Sinatra sein heroinsüchtiger Drummer im Drama „Der Mann mit dem goldenen Arm“ aus dem gleichen Jahr. Und dokumentarisch geraten: „Jesus und der Islam“, ein aufwändiger Siebenteiler, mit dem Arte von Dienstag bis Donnerst die Entstehung der orientalischen Religion und die Rolle des christlichen Gottessohns darin beleuchtet.

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