Im November spielt die Punkband Feine Sahne Fischfilet zwei Konzerte in Hamburg. Mittendrin verlost jeweils zwei Karten für die restlos ausverkauften Konzerte im Uebel&Gefährlich. Henry Lührs hat sich auf St. Pauli mit Sänger Monschi getroffen und mit ihm über die Tour, das Leben als Künstler und seine politischen Statements gesprochen.
Hallo Monchi, wir haben uns zum Anfang der Tour, bevor das Album rauskam, schon einmal getroffen, jetzt ist die Festivalsaison vorbei und ihr spielt im November wieder in Hamburg. In der Zwischenzeit ist viel passiert. Was hat sich grundlegend geändert und was kommt nach der Tour?
Monchi: Was wir auf der Tour im Sommer erlebt haben, kann man nicht mal eben zusammenfassen oder auf ein Wort runterbrechen. Es ist für mich zum Beispiel einfach immer noch total absurd, dass hier gerade gegenüber einer mit einem Feine Sahne Fischfilet-Pulli rumläuft. Ich find das geil. Wir freuen uns alle immer darüber.
Aber ich könnte jetzt Stunden lang reden. Es war einfach eine krasse Tour. 20 von 22 Shows die wir gespielt haben, waren komplett ausverkauft. Das waren teilweise Läden, die 800 bis 1.000 Leute gefasst haben. Das sind für mich völlig neue Dimension im Gegensatz zudem, was die vorherigen Jahre war. Wir haben uns natürlich den Arsch ab gefreut, wenn bei riesen Festivals zigtausende Leute zu unserer Musik abgegangen sind. Das ist zwar eine altbekannte Floskel aber sie passt. Für uns ist immer noch der Weg das Ziel. Es ist nichts abgeschlossen. Aber wir freuen uns sehr, dass es so läuft.
Mit dem Album wart ihr ja teilweise in den Charts und die Tour war bis auf zwei Mal ausverkauft. Wie habt ihr die ganze Abfeierei um euch herum erlebt?
Monchi: Das ist ja nie schwarz-weiß. Manchmal findet man das alles total geil und manchmal nervt die Feierei und ist einfach nur peinlich. So wie man selbst. Ich finde man sollte für Kritik offen sein. Mir ist aber auch egal ob die Leute jetzt sagen, dass wir Helden oder Schweine sind. Wichtig ist es auf gute Freunde zu hören. Natürlich gibt es diese „High life“ Momente, wenn man zum Beispiel auf dem Rock am Ring im Backstage ist und total abdreht, wo alles umsonst ist und man Party macht. Es ist aber auch total normal, dass es nicht nur geil ist sondern auch manchmal scheiße. Dann ist es mir aber zu blöd rumzuheulen. Wir fahren als Band so viel rum. Erleben so viele geile Sachen die andere nie erleben werden, fahren auf Festivals und nehmen Freunde mit, saufen gemeinsam. Klar, schwierige Zeiten gibt’s immer.
Auf eurer Tour hattet ihr viele Stationen innerhalb kurzer Zeit. Fällt es immer leicht, weiter zuziehen oder möchte man auch manchmal bleiben?
Monchi: Ganz oft. Das ist so wie in einem Film. Man ist für drei Stunden auf einem Festival und die drei Stunden drauf schon wieder ganz wo anders. Da würde man gerne mal Ruhe haben oder den Moment einfach genießen. Wir versuchen immer, nicht nur im Backstage rumzuhängen, sondern auch möglichst viele Dinge anzugucken, auch wenn das nicht immer gut funktioniert. Natürlich gibt es auch die Tage, an denen man richtig Bock hätte, länger zu bleiben.
Nachdem ihr in Hamburg ein spontanes Geheimkonzert in der Roten Flora gespielt habt, tauchte ein Foto von dir auf, wie du einen KoZe-Flyer hältst. Wie kam es dazu?
Monchi: Vor ein paar Wochen haben wir sozusagen ein Dankkonzert gespielt, für die, die dort seit Wochen arbeiten. Freunde von mir haben uns einfach angefragt, ob wir das machen wollen. Ich finde das sehr geil, dass die Flora nicht vergammelt und Menschen da Mühe reinstecken, damit das Kulturzentrum langfristig erhalten bleibt. Dort hat man mich auch gefragt, ob ich so ein Foto machen möchte. Ich wusste, dass Jonathan von Neonschwarz das geteilt hatte. Ich hab denen auch gesagt, ich mach das nur, weil ich weiß, dass Jonathan das geteilt hat und dahinter steht.
Ich selbst kenne mich mit dem Kollektiven Zentrum nicht besonders gut aus. Sowas machen wir nicht immer, obwohl wir oft bei Aktionen oder so gefragt werden. Manchmal habe ich keinen Bock oder es passt einfach nicht. Dort geht es um ein besetztes Haus und wenn Johnny Mauser das teilt, dann muss es gut sein. Dann bin ich solidarisch. Der ist ein sehr cooler Typ.
Ihr habt euch immer wieder als klar antifaschistische Band positioniert und bringt mehr oder weniger auch eine politische Note in ein Festival ein. Wie nehmen das andere Künstler auf?
Monchi: Das ist mir relativ egal, was andere Künstler sagen. Das soll gar nicht rebellisch klingen, aber wir machen einfach das, was wir für richtig halten und worauf wir Bock haben. Wenn Leute das schlecht finden, ist das okay. Wir haben aber nicht den Anspruch, dass uns alle abfeiern sollen. Manchmal hat man mit anderen Künstlern direkt eine Basis und findet sie sympathisch. Aber es gibt auch Leute auf die man direkt keinen Bock hat. Bestimmt denken die von uns auch, dass sind die Zecken und Asis, die das Bier klauen. Bisher kam aber noch keiner an und hat gesagt, dass er die „Nazis aufs Maul“ Fahne scheiße findet.
Als wir am Anfang der Tour über das Album gesprochen haben, hast du mir erzählt, dass Musik machen ein Stück weit Selbsttherapie ist und das Album auch zur Verarbeitung und Selbstreflektion diente. Wie fühlt es sich an, diese teilweise sehr ernsten, tiefsinnigen und auch privaten Songs live auf einem Festival zu spielen?
Monchi: Manchmal ist das sehr schwierig, manchmal spielen wir die entsprechenden Songs auch nicht, manchmal ist es aber auch gut. Ich habe nicht das Bedürfnis, einen auf Hampelmann zu machen. Nach dem Motto, jetzt schmeißen wir uns alle noch Glitzer in die Schnauze und alles ist immer super und wild, und geil. Das turnt mich total ab und ich finde es einfach peinlich. Das bin ich nicht, und das ist nicht die Band. So wie wir vielleicht manchmal geile Typen sind, sind wir auch manchmal Idioten. Da gibt es Scheißmomente. Manchmal ist man selbst dafür verantwortlich und manchmal auch nicht. Unsere Lieder spiegeln Erlebnisse und unser Leben wieder, zumindest zum Großteil. Solche Scheißmomente gehören genauso dazu wie dass man manchmal total abgeht. Unglaubliche Dinge passieren, wie das mein Bruder auf einmal bei St.Pauli spielt, worüber ich mir den Arsch ab gefreut habe. Aber es gibt eben auch total erbärmliche, beschissene Sachen die passieren. Wenn man zum Beispiel nicht aus dem Bett kommt, man Liebeskummer hat oder einfach Scheiße baut. Jeder Mensch hat das. Ich finde, es ist ein komisches Gefühl, wenn Leute nur dabei sind, sich einen auf sich selbst abzuwichsen. Wenn jemand nur fröhliche Lieder spielt, dann muss irgendwas komisch sein. Aber ich erlebe es oft, dass viele Leute nur Party machen wollen.
Im Song „Ruhe“ vermittelst du, dass es schwer fällt mal zur Ruhe zu kommen aber das es unheimlich wichtig ist um wieder Kraft zu schöpfen und Dinge zu verarbeiten. Wie ist es Dir gelungen, während der Tour mal Ruhe zu finden?
Monchi: Punktuell ist das schon sehr schwierig. Wenn ich mal wirklich frei habe, versuche ich an der Ostsee mit Freunden zu sein und runterzukommen. Oder ich besuche meine Familie. Während dieser Tour hatten wir allerdings nur drei, vier Wochenenden frei. Wir sind wirklich sehr viel unterwegs. Zuhause mach ich dann aber wirklich etwas Entspanntes.
Du fährst als ehrenamtlicher Unterstützer regelmäßig nach Kobane und unterstützt die Menschen vor Ort gegen den IS-Terror. Mit vielen anderen Unterstützern sammelt ihr Geld und Hilfsgüter. Vor kurzem tötete ein mutmaßlicher IS-Selbstmordattentäter zahlreiche Helfer. Vier Personen aus Mecklenburg-Vorpommern, darunter Du seid einem Selbstmordanschlag nur knapp entgangen. Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie sich so etwas anfühlt. Wirst du deine Unterstützung uneingeschränkt fortsetzen? Und wie kann man als sich als normaler Bürger für Kobane engagieren?
Monchi: Jeder muss das selbst wissen, ob und inwiefern er sich engagiert. Ich hab da keinen Bock mit erhobenen Zeigefinger zu kommen und den Leuten irgendwas vorzuschreiben. Ich mache auch einfach das, was ich für sinnvoll halte. Und ich mache das nicht alleine. „MV für Kobane“ heißt die Kampagne. Das läuft nach dem Learning by doing Prinzip. Ich hatte kein Bock darauf, nur zu jammern, wie scheiße alles ist, sondern ich will wirklich da runter gehen, mit den Leuten vor Ort sprechen, helfen und wissen was sie brauchen. Das ist nichts Revolutionäres. Das kann jeder. Wir sind zusammengewürfelt aus Lehrern, Anwälten, Schülern, Erwerbslosen, Studenten etc.
Natürlich ist es krass dort unten zu sein und dann passiert etwas, dass dich ernsthaft in Lebensgefahr bringen kann. Den Samstag vorher war ich noch auf dem Deichbrand Festival vor tausenden Menschen und 36 Stunden später stehe ich zwischen 31 Leichen. Ich muss das erstmal verarbeiten. Das setzt einfach komplett alles ins Verhältnis. Die eigenen Probleme. Probleme von anderen Menschen. Eigene Peinlichkeiten werden deutlich. Wichtig ist es jetzt, sich nicht einschüchtern zu lassen von diesen religiösen Fundamentalisten. In meinen Augen sind das Faschisten und Schweine. Die Leute und die Kurden und Kurdinnen die dort kämpfen und auch erfolgreich sind, hat man meiner Meinung nach aus einer antifaschistischen Perspektive zu unterstützen!
Wie kommt es nun dazu, dass ihr nun zwei weitere Konzerte in Hamburg spielt?
Monchi: Wir hatten nach der Tour noch mehrere Sachen in Planung. Es war einfach krass, wie schnell Berlin und Hamburg ausverkauft waren. Auf einmal waren alle Karten weg und viele Menschen hatten noch keine. Dass es so läuft ist irre. Gestern saß ich mit meinen WG-Leuten zusammen und habe einfach nur den Kopf geschüttelt als ich gesehen habe, wie schnell auch die Konzerte ausverkauft waren. Wir als Band hoffen natürlich immer, dass die Shows ausverkauft sind, aber wir haben drei Monate vor dem Konzert in Hamburg angefangen, das Ding zu bewerben. Innerhalb von 30 Minuten war das Uebel und Gefährlich ausverkauft. Das Zusatzkonzert war ebenfalls innerhalb eines Tages ausverkauft. Das Astra Kulturhaus in Berlin, dass etwa 1.500 Leute fasst, war innerhalb von vier Stunden ausverkauft. Das muss man erst mal für sich einordnen.
Oberaffengeil ist das! Zu besseren Menschen macht uns das auch nicht, aber geile Abende werden es auf jeden Fall, denke ich. Wir machen uns auch immer einen großen Kopf, was man machen kann. Wir haben auch keinen Bock auf immer den gleichen Scheiß. Wir wollen uns als Band auch weiterentwickeln und bei den kommenden Shows neue Sachen ausprobieren und ein paar neue Komponenten reinbringen. Aber, dass das alles so krass wird und mit der Intensität passiert, dass sogar Server zusammenbrechen, damit hätten wir nicht gerechnet. Und das ist keine Floskel. Einfach absurd, aber geil wie sau.
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