Heinz Strunk im Interview: Jenseits des Mainstreams

Musik
Marvin Mertens
@MarvMertens

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Heinz Strunk – Autor, Schauspieler, Musiker. Am 30. Januar erschien sein neues Album „Sie nannten ihn Dreirad“ bei Audiolith. Im Interview spricht er über die Entstehung der Platte und seine Pläne für das Jahr 2015.

Mittendrin: Am 30. Januar erscheint deine neue Platte „Sie nannten ihn Dreirad“ bei Audiolith. Heinz Strunk und Audiolith, das ist eine ungewöhnliche Kombination. Wie kam das zustande?

Heinz Strunk: Eigentlich, weil ich nicht genau wusste, an wen ich mich mit dem Zeug wenden sollte, als es fertig war. Ich habe einen Freund bei Universal gefragt und der hat gleich gesagt, dass ich eine breitere kommerzielle Verwertung wohl vergessen könnte. Mir ist gar nicht so bewusst, dass ich so „Spezialzeug“ mache. Ich denke immer, dass es eigentlich doch ganz verständlich wäre, was ich so fabriziere. Aber in der öffentlichen Wahrnehmung geht das eben nicht in Richtung Mainstream. Aber ich muss es ja gut finden. Irgendjemand hat mir Audiolith vorgeschlagen: Da bin ich jetzt sehr glücklich, die haben mich mit offenen Armen empfangen.

Wie lange hast du an dem Album gearbeitet?

Strunk: Brutto ein Jahr, netto vier Monate.

…und alles selbst gemacht oder mit Anderen eingespielt?

Strunk: Bis auf die Gesänge von Frauen hab ich alles komplett alleine gemacht. Flöte spiele ich selbst und alles andere habe ich programmiert, das ist ja elektronische Musik.

Weil du das lieber in der eigenen Hand hast oder einfach, weil du nun mal Solokünstler bist?

Strunk: Ich hätte auch nichts dagegen gehabt, mit einem Produzenten zusammenzuarbeiten, aber das war nicht angesagt. Ich frickel da allein in meinem Studio dran rum. Ich habe ohnehin auch nur angefangen, weil ich Songs für das neue Fraktus-Album gemacht habe. Es war nicht beabsichtigt, eine Platte zu machen. Das hat sich eher zufällig ergeben, weil der Output so hoch war: Ich kann für die Fraktus-Platte nur drei oder vier Stücke beisteuern, weil wir  eben zu dritt sind. Dann hatte auf einmal mehr als 20 Songs und damit wollte ich dann raus.

Einiges auf der neuen Platte klingt nach Analog- oder Modularsynthesizer. Nutzt du die Geräte im Studio oder entsteht das alles am Computer?

Strunk: Das mag alles analog klingen, aber ich habe kein einziges Keyboard mehr im Studio. Es gibt genug Leute, die haben im Studio die ganzen alten Moogs stehen, schließen die aber an den Computer an. Der Aufwand ist so immens mit so einem Riesenmischpult.

Wie schreibst du deine Songs? Daddelst du einfach auf der Tastatur herum, bis es gut klingt?

Strunkt: Exakt! Manchmal hat man auch so ein Klangbild im Kopf, aber keine Akkordfolgen oder so. Ne, einfach anmachen. Alles beginnt mit einem Beat, dann hat man schon mal so einen Grundrhythmus und schließlich baut sich der Song Baustein für Baustein auf.

Die neue Platte heißt „Sie nannten ihn Dreirad“. Ist Dreirad mal ein Spitzname von dir gewesen?

Strunk: Tatsächlich nicht. Aber es gibt diese alten Bud-Spencer-Filme, die heißen „Sie nannten ihn Pferd“, „Sie nannten ihn Mücke“ und so weiter. Ich sitz oft einfach nur da und versuche mir etwas auszudenken, Slogans oder Buchtitel, halt einfach irgendwas: Gag, Gag, Gag. So bin ich in einem frei flottierenden Assoziationsvorgang auf die Zeile „Sie nannten ihn Dreirad“ gekommen. Ich hatte so sechs oder sieben derartige Zeilen. Die hab ich an Lars Lewerenz von Audiolith geschickt und hab gesagt „Nimm irgendwas, mir ist alles Recht“. Lars hat sich dann für „Sie nannten ihn Dreirad“ entschieden.

Da steckt also kein tieferer Sinn dahinter?

Strunk: Nein, null!

Auf der neuen Platte rappst du auch, bei „Scheißhaus Alien“ gibt es zumindest Sprechgesang. Bist du vom Hip Hop beeinflusst?

Strunk: Eigentlich nicht. Das ist Zufall. Das ist teilweise rhythmisiertes Sprechen, ich will das nicht mal „Rap“ nennen. Im Grunde genommen läuft die Musik und ich spreche die Texte darüber, mal mehr, mal weniger präzise. Bei „Rien ne vas plus“ ist ja zumindest die Abfolge der Silben festgesetzt, damit es diese Rhythmik bekommt. Andere Stücke sind komplett frei. Das ist auch das, was die Musik ausmacht – wenn man fragt: „Was ist das Besondere an Heinz-Strunk-Songs?“ Dass sie eben so sind. Ohne das gewollt zu haben, hat sich das einfach so entwickelt.

Du machst ja außer Musik auch noch viele andere Sachen, bist Schauspieler und Autor…

Strunk: In erster Linie Autor!

..gibt es irgendetwas, das du nicht bist?

Strunk: Bildhauer!

Hast du dich daran mal versucht?

Strunk: Nein! Es gibt zwar viele Sachen, die man machen kann, ohne ein Handwerk gelernt zu haben. Ich habe ja auch nicht Literaturwissenschaft studiert und habe trotzdem fünf Romane geschrieben, die alle nicht so schlecht sind. Schauspielerei habe ich auch nicht gelernt. Bei Regie ist das schon schwieriger, das würde ich mir allein nicht zutrauen. Das geht nur im Kollektiv mit Studio Braun, weil die Kollegen das Know-How haben. Doch solche Sachen wie Bildhauerei oder auch Malen, das muss man lernen.

Würdest du es mal ausprobieren wollen?

Strunk: Ich bin jetzt 52. Ich bin froh, wenn ich mit dem Kram, den ich im Moment mache, durchkomme: Musik, Schreiben, Schauspiel. Und ich bin ja auch viel auf Tour. Entertainer ist ja nochmal ein Beruf, das sind dann schon vier Sachen. Das mit der Musik ist ja noch relativ neu. Das reicht mir. Jetzt noch mal etwas anzufangen, dass ich neu erlernen müsste – das sprengt komplett den Rahmen des Möglichen.

 

Das Jahr ist noch jung, was kommt 2015 noch von dir?

Strunk: Erstmal kommt das Album raus, dann gehe ich bis Mai auf Tour. Im August erscheint ein Studio-Braun-Buch. So ein richtig dickes Kunstbuch, mit Dokumenten aus mehr als 20 Jahren des Braun-Daseins. Und im Oktober kommt das nächste Fraktus-Album. Meine Kolumne „Das Strunk-Prinzip“, läuft aus, da beginne ich etwas Neues – und bleibe beim Fernsehen, als Kommentator bei Extra3.

…wann kann man Studio Braun wieder auf der Bühne sehen?

Strunk: Erstmal bleiben wir Fraktur – unsere Konzerte sind immer ausverkauft, erfreulicherweise. Das nächste Stück – wenn wir noch eins machen – wird erst im Herbst 2016, eher 2017 aufgeführt. Wir sind ja keine Profi-Regisseure, die im Jahr zwei, drei oder vier Inszenierungen machen.

Die Stücke, die ihr bisher gespielt habt, habt ihr alle selbst geschrieben?

Strunk: Ja, bis jetzt schon. Es wurde uns allerdings geraten, mal einen Klassiker zu machen – Hamlet wäre das dann wohl. Ich fand die Idee erstmal total seltsam. Aber es ist vielleicht mal ganz gut, eine Geschichte zu inszenieren, die es schon gibt und diese in den üblichen Studio Braun-Wahnsinn zu verwandeln. Es ist bestimmt ganz entlastend, etwas zu haben, das schon fertig ist – und diese Geschichte dann zu verändern.

 

Heinz, danke für das Gespräch.

 

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