Freitags Montag

Medienkolumne
Jan Freitag

Freier Journalist und Autor | Blog: http://freitagsmedien.com/ | Schreibt bei Mittendrin über die "Wahnsinnsstadt" Hamburg und den wöchentlichen TV-Dschungel

freitagsmedien_Spukki-2_Seite_1Jan Freitag hat sich durch den Fernsehdschungel dieser Woche gekämpft und dabei neben penetrantem Pegidageruch und Balleraction ein Stück Weihnachten gefunden.

Existent ist nur, schreibt die politische Philosophie von Adorno bis Habermas, was auch benannt werden kann. Erst dank der Sprache werde die Wirklichkeit real. Spräche also keiner von Gott oder Gulasch, es würde beides ebenso wenig geben, wie sagen wir: Rasse. Ein widerliches Wort, menschenverachtendes Nazivokabular, eigentlich ausgestorben. Außer im Wortschatz von Andreas Witte. In der „Sportschau“ nannte er vorige Woche ein Fußballspiel allen Ernstes „rassig“. Nun wollen wir dem Reporter, Jahrgang 1955, keine Rechtsradikalität unterstellen.

Aber wer diesen Begriff benutzt, sagt womöglich auch, dass das doch mal gesagt werden dürfen müsse. Mindestens aber geht da ein Sprachprofi so sorglos mit seinem Werkzeug um, dass es nach Pegida stinkt. So oder so passt Wittes Rassegefasel ins Repertoire von „Abwehrschlacht“ über „Heimatfront“ bis „Triumpf des Willens“, mit dem deutsche Sportreporter bis heute im Vorgestern verharren.

Öffentlich-rechtliche Redakteure gehen steil

Im Übermorgen ist dagegen Nina Hoss gelandet, die es grad in die zukunftsweisendste TV-Serie der Gegenwart geschafft hat – auch wenn die vierte Staffel von „Homeland“ hierzulande erst online läuft. Hoss spielt die Ex-Geliebte einer Hauptfigur und darf in Folge 11 gar ein längeres Gespräch mit der Haupthauptfigur Carrie Mathison führen, was für eine deutsche Schauspielerin so ziemlich der Gipfel des Erreichbaren ist.

Das wäre auch der Part einer Reihenkommissarin für die zugegeben bildschöne, schauspielerisch aber doch eher schlichte Yvonne Catterfeld gewesen, hätte Sie die Ausschreibung zum neuen „Tatort“ Sachsen gewonnen. Das hat sie zum Glück nicht, darf als Trostpreis aber an der Seite von Götz Schubert demnächst einen einzelnen Krimi namens „Wolfsland“ drehen. Und das Ermittler-Duo soll – Achtung! – ganz doll unterschiedlich sein. Wenn öffentlich-rechtliche Redakteure mal steil gehen…

Frischwoche

… dann kommt ein zugegeben unterhaltsames, dramaturgisch aber doch eher biederes Team wie Christian Ulmen und Nora Tschirner raus, die am Neujahrstag ihren zweiten Weimarer „Tatort“ spielen, zur Einstimmung am Montag aber nochmals im ersten zu sehen sind. Oder, noch schlimmer, es kommt der ulkige Saarländer Jens Stellbrink raus, dem selbst der famose Devid Striesow am Freitag kein Esprit verleihen wird, wenn es zum Feiertag um irgendwas mit Weihnachtsgeld geht. Hätten wir das Wort zum Fest also auch irgendwie in den Titel gebracht – dachte man sich wohl im Ersten und kreierte das Restprogramm zu Christi Geburt. Es steht, wie jedes Jahr ab Heiligabend, voll im Zeichen blutjunger Zuschauer, die drei Tage beschäftigt werden wollen.

Eine schöne Gewohnheit ist es da, alte Märchen zu sanieren. Während der ARD-Kanon von 30 neuen Filmen vormittags ohne Unterlass abgespult wird, gibt es an den Weihnachtstagen je zwei frische, zuzüglich des Zweiteilers „Till Eulenspiegel“ mit Jakob Matschenz als modernisierter Schelm, was durchweg ansehnlich ist. Und mit „Von einem, der auszog, das Fürchten zu lernen“ gibt es Freitag ein kleines Horror-Sahnehäubchen, das erstaunlicherweise keine Altersbeschränkung hat.

Tipp der Woche

Da könnten die Kleinen auch Pro7 schauen, wo die besinnliche Zeit wie immer mit allem konterkariert wird, was Hollywood an Balleraction zu bieten hat. Dazu gibt‘s natürlich das Standardrepertoire zum Fest. „Ben Hur“ am Dienstag (Arte). „Weihnachten bei den Hoppenstedts“, Heiligabend, 15.45 Uhr, ARD. Um 20.15 Uhr Chevy Chases legendäre „Schöne Bescherung“ von 1989 auf RTL. Oder parallel Brandneues wie das napoleonische Arte-Spektakel „Sturm über Portugal“ mit John Malkovich als General Wellington. Und ohne ihrem Werk irgendwas Innovatives hinzuzufügen, kriegt selbstredend Helene Fischer ihre kostenlose Werbeshow im ZDF.

Damit wären wir beim Montag, dem erstaunlichsten Sendeplatz der Woche. Während RTL am Abend „10 Jahre Bauer sucht Frau“ feiert, was anspruchsvolle Zuschauer nur noch ratlos macht, restauriert Jörg Pilawa zeitgleich im NDR Carrells „Am laufenden Band“, was anspruchsvolle Zuschauer nur traurig macht. Froh macht sie dagegen die zweite Staffel der wundervollen Geschichtsserie „Downton Abbey“, deren neun Teile ZDFneo an zwei Tagen ab 13 Uhr quasi durchsendet. Binge Watching auf öffentlich-rechtlich.

Hoffentlich bleibt da noch Kraft für den „Tipp der Woche“, in Farbe diesmal „Poppea – Kaiserin der Gladiatoren“, eine Erotikkomödie von 1969, (Montag, 1.15 Uhr, MDR), die jedes Niveau spielend unterläuft und gerade deshalb famos ist. Famos und niveauvoll dagegen ist der Schwarzweißtipp mit dem suizidgefährdeten James Stewart im herzzerreißenden Christmas-Melodram „Ist das Leben nicht schön“ von 1947. Antwort: Dank solcher Filme ist es! Hier geht es zum Medienblog von Jan Freitag!

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