In ihrer Bilderserie „Utopien von gestern“ setzt sich die Künstlerin Chantal Maquet mit der Architektur der Nachkriegszeit in Hamburg auseinander. Dabei beschäftigt sie sich auch mit dem vom Abriss bedrohten City Hof am Klosterwall.
Die Künstlerin Chantal Maquet sich mit der Menschen der Wechselwirkung zwischen stadtplanerischen Visionen und gesellschaftlichen Ideen auseinander. Dafür hat sie sich zunächst mit Bauten beschäftigt, deren Ästhetik sich heute nicht mehr auf Anhieb erklärt – der Architektur der Nachkriegszeit in Hamburg. Mit der Serie „Utopien von gestern“ begibt sich die Maquet auf Spurensuche nach der Aufbruchstimmung und dem architektornischen Glanz dieser Zeit. Mittendrin hat mit der luxemburgischen Künstlerin über den vom Abriss bedrohten City Hof gesprochen.
Wie sind Sie auf die Häuser aufmerksam geworden, die für viele heute nur graue Klötze sind?
In erster Linie stand bei mir nicht der City Hof im Fokus, ich habe mich prinzipiell mit den architektonischen Visionen der Nachkriegszeit auseinandergesetzt. Also mit Gebäuden, die wir heute meistens häßlich finden, weil wir die Zeit und die Architektur nicht verstehen. Ich habe mir gedacht, die Gebäude sind nicht einfach nur häßlich, irgendjemand hat sich was dabei gedacht. Irgendwann war das mal der ganz große Wurf. Ich habe mich gefragt, wieso wir das heute nicht mehr sehen, dieser Wechsel in der ästhetischen Wahrnehmung hat mich interessiert. Deshalb heißt die Serie auch „Utopien von gestern“.
Wie haben Sie die Häuser in Ihren Werken dargestellt?
Grade beim City Hof ist die Frage der Fassade und der Farbigkeit ein sehr großes Thema. Ich zeige die Gebäude in einem andere Licht, anders als man sie gemeinhin wahrnimmt. Ich arbeite dabei mit einem extrem farbigen Licht. Das soll die Wahrnehmung der Betrachter schärfen, sie dazu bringen auch mal genauer hinzusehen.
Welche anderen Utopien von gestern haben Sie gemalt?
Ich hab mich auch viel mit der Randbebauung auseinandergesetzt. Also auch unprominente Beispiele Hamburger Architektur, die man auch gar nicht genau verorten kann, wenn man sich nicht gerade in Jenfeld auskennt. Mir ging es nicht nur um die prominenten Beispiele, sondern genau um die normale Bebauung, das Unspektakuläre. Das alte Unilever-Haus, das Emporio, ist auch Teil der Serie. Ganz spannend: Davor schwebt gerade eine Godelbahn vorbei, die es 1963 tatsächlich in Planten un Blomen gegeben hat.
Die Bilder sind zu der Zeit entstanden, als über die Seilbahn über die Elbe diskutiert worden ist. Auch der City Hof war dann gerade in den Medien. Es ist spannend zu sehen, dass gerade die Sachen, die vor fünfzig, sechzig Jahren schon Thema waren, gerade wieder diskutiert werden. Ich setze mich mit der Vergangenheit auseinander und bin dann doch topaktuell.
Sollte der City Hof erhalten bleiben?
Schönheit und Hässlichkeit sind keine Abrisskriterien. Man kann Gebäude nicht abreißen, weil man sie häßlich findet. In zehn Jahren finden wir sie vielleicht großartig, aber dann sind sie weg. Das haben wir auch beim Altonaer Bahnhof erlebt. Nur weil uns das heute nicht in den Kram passt, heißt das nicht, dass es grundsätzlich schlecht ist.
Was hat der Denkmalschutz noch für eine Bedeutung, wenn Gebäude dann trotzdem abgerissen werden. Die Stadt soll eigentlich vorbildlich mit ihren Denkmälern umgehen. Was wäre ein Abriss für ein Signal an Privatleute, die ein Denkmal pflegen sollen?
Womit werden Sie sich als nächstes beschäftigen?
Ich denke darüber nach unter dem Arbeitstitel „Distopien von heute“ darzustellen, wie die heutige Archtitektur wohl in fünfzig Jahren wahrgenommen wird.
Vielen Dank für das Gespräch.
Foto: Andreas Sibler
Peer
31. Oktober 2014 at 10:40
Was für ein pseudo-intelektuelles Gesabbel. Die City-Hof Häuser waren zu keiner Zeit ‚großartig‘, sondern sie waren schon am Tag ihrer Fertigstellung mittelmässige Architektur. In der Tat kann man Architektur nicht (nur) nach schön und häßlich bewerten. Allerdings kann man sie sehr wohl nach städtebaulich-funktionalen Maßstäben bewerten – durchaus objektiv.
Hier jedoch versagen die City-Höfe gänzlich. Völlig unabhängig von ihrem ‚Look‘ sind die Häuser funktional eine Katastrophe: Niedrige Deckenhöhen, monostrukturelle Nutzung, schlechte Raumausnutzung, Maßstabsbruch zum Kontorhausviertiel, kein Nutzen als Lärmschutz fuer das Kontorhausviertel gegen die Bahn und die vielbefahrene Straße, enregetisch ineffizient, die innenliegende Passage mit den diversen Höhenunterschieden hat nie funktioniert.
Mich stört die Arroganz der selbsternannten Wächter der Nachkriegsmoderne, mit der fragwürdige ästhetische Kriterien über alle sachlichen Schwächen der Bauten gestellt werden.
Hinzu kommt auch noch, dass sich die urbane Situation komplett geändert hat – die ehemalige Randlage hat sich zu einem der Eingangstore zur Hafencity gewandelt. An dieser Stelle versagt die gegenwärtige Architekur komplett. Es helfen nur Abriss und Neubau.