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Jan Freitag

Freier Journalist und Autor | Blog: http://freitagsmedien.com/ | Schreibt bei Mittendrin über die "Wahnsinnsstadt" Hamburg und den wöchentlichen TV-Dschungel

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Jan Freitag hat sich durch den Fernsehdschungel dieser Woche gekämpft und dabei schlichte Klinikserien und großes Kino im Kulturkanal gefunden.

Nun ist sie also Geschichte, die unheilige Allianz des brachialpopulistischen Rechtsauslegers Nicolaus Fest beim brachialpopulistischen Revolverblatt „Bild“. Aus freien Stücken, so heißt es, hat deren Vize dem brachialpopulistischen Chefredakteur Diekmann die Kündigung eingereicht. Seine rassistische Islamkritik war offenbar selbst dem Sturmgeschütz der Dummokratie zu krass. Wobei offen bleibt, ob das nun gegen Fest oder für „Bild“ spricht. Geschichte ist fortan auch der Deutsche Fernsehpreis, den die Springer-Presse dank der RTL-Involvierung im Gegensatz zu relevanteren TV-Trophäen sogar öfter mal thematisiert hatte.

Gewonnen haben dort die üblichen Gewinner früherer Jahre wie Annette Frier für „Danni Lowinski“ oder das ZDF mit der „heute-Show“. In seiner Ödnis erinnerte die zugehörige Gala zudem ans einstige Testbild, vertont mit einer Folge „DSDS“. Sogar der prämierte Mitmoderator Klaas Heufer-Umflauf vermochte es nicht, den vorgeschriebenen Witzen auch nur den allerwinzigsten Funken Esprit zu verleihen. Die einzigen, die dem Selbstbeweihräucherungspokal vier führender Sender eine Träne nachweinen, dürften also Sat1 und RTL sein, denen auf lange Sicht gar nichts mehr von irgendwem ausgezeichnet wird.

Doch auch ARZDF fehlt fortan ein adäquates Forum fürs Eigenlob. weshalb sich etwa der Odenwaldaufarbeitungsfilm „Die Auserwählten“ 2015 dem Urteil des Grimme-Instituts stellen muss – wenngleich mit besten Chancen. Denn Christoph Röhls Missbrauchsstück war nicht nur die überaus gelungene Fiktionalisierung des Unerklärlichen; sie ging auch durch die juristische Instanz verletzter Persönlichkeitsrechte zweier Betroffener, die sich mit ihrer Klage gegen angebliche Verharmlosung jedoch gottlob nicht durchsetzen konnten. So etwas ist stets die beste Werbung für Realitätsadaptionen, was sich auch in gut fünf Millionen Zuschauern ausdrückte. Trotz Konkurrenz von der Champions-League. Wegen Ulrich Tukur, der seinem verstörend realistischen Schulleiter Pistorius alias Gerold Becker diabolisches Charisma verlieh.

Die Frischwoche

Sonntag ist der zurzeit fabelhafteste Schauspieler im Land übrigens gleich wieder im Einsatz. Dann in seiner Rolle als Kommissar Felix Murot, der im „Tatort“ weniger mit dem karzinogenen Anagramm seines Namens zu tun hat, sondern vielmehr mit Zählen. Leichen nämlich. „Im Schmerz geboren“ überbietet schließlich nicht nur spielend Nick Tschillers bisherige Rekorde; mit 47 Toten pulverisiert er sie geradezu. Dabei geht es in der wilden Rachegeschichte gar nicht so sehr um die Zahl der Opfer als darum, wie viel Shakespeare und Tarantino massentaugliche Abendunterhaltung verträgt.

Ansonsten ist das bekanntlich ja nicht sooo viel. Das zeigt sich zum Beispiel am Freitag, wenn es das ZDF für geboten hält, eine Klinkserie mit der 1,32 Meter großen ChrisTine Urspruch alias Alberich zu besetzen und allen Ernstes „Dr. Klein“ zu nennen. Immerhin geht es in dem fiktiven Krankenhaus nicht ausschließlich um Zwergenwitze. Auch Schwule kriegen ihr Fett weg, Blondinen und vermutlich irgendwann Stotterer oder Adlige. Womit in etwa das Scherzpotenzial von „Dating Daisy“ umrissen wäre. Dort geht es parallel im Ersten zwar endlich mal nicht um ulkige Mordermittler; eine junge Großstädterin auf der Suche nach ihrem Traummann zur Serienheldin zu machen, erinnert aber dennoch eher an „Doctor’s Diary“ als eine gute Idee. Fernsehen kann so schlicht sein…

Umso schöner, wenn es sich mal ernst nimmt. Was die Öffentlich-Rechtlichen zur besten Sendezeit aber wie gewohnt ihren Spartenablegern überlassen. Zum Beispiel Arte, das ab morgen die verwirrendste aller zeitgenössischen Fragen im Bereich der Politik stellt: „Kapitalismus, quo vadis“. Dienstags wird fortan also auf allen Ebenen nach Antworten gesucht, wieso die globale Revolte gegen ein Wirtschaftssystem unterbleibt, dass Ungleichheit im Rahmen einer immerwährenden Dauerkrise nur immer mehr vergrößert.

Seltsam. So wie dieses Land insgesamt.

Das versucht der Besonderheitendetektor Manuel Möglich ab Samstag zur besten Sendezeit auf ZDFneo gerade mal wieder neu zu ergründen. Nach seiner Reportagereihe „Wild Germany“ wirft er nun vom Ausland aus einen Blick auf Deutschland und wird abermals auf unterhaltsame Weise fündig. Ein Format schafft es diese Woche allerdings aus der Nische ins Hauptprogramm: „extra 3“, seit fast vier Jahrzehnten im NDR ein Garant für launige Gegenwartsanalysen, denen keine Fallhöhe zwischen Satire und Klamauk zu hoch ist. Ab Donnerstag um 22.45 Uhr läuft es nun, unterstützt von Komikern wie Max Giermann und Wigald Boning, monatlich im Ersten.

Nur einmal, nämlich heute um 20.15 Uhr, läuft dagegen der „Tipp der Woche“ auf Arte: „Die Wand“ nach Marlen Haushofers gleichnamigen Beststeller. Mit Martina Gedeck als unfreiwillige Einsiedlerin. Großes Kino im Kulturkanal.

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