Rund 200 Menschen haben am Donnerstag gegen die Wohnsituation in der Flüchtlingsunterkunft Schnackenburgallee demonstriert. Auch Bewohner der Unterkunft waren vor Ort, um auf die Überfüllung der Einrichtung aufmerksam machen.
„Wir wollen ein Leben in Würde“ und „Wir kamen nicht nach Deutschland, um unter solchen Bedingungen zu leben“ ist auf Plakaten und Schildern zu lesen: Die Botschaft ist klar, die Forderungen sind deutlich. Etwa 200 Menschen haben am Donnerstagnachmittag in der Hamburger Innenstadt demonstriert. Mit dem Protestmarsch wollten Flüchtlinge aus der Zentralen Erstaufnahmestelle Schnackenburgallee und ihre Unterstützer auf die prekären Lebensbedingungen in der Unterkunft aufmerksam machen. Da die Zahl der ankommenden Flüchtlinge in Hamburg in den vergangenen Wochen gestiegen ist und nicht genügend Folgeunterkünfte zur Verfügung stehen, leben derzeit rund 1200 Menschen in der Einrichtung.
In Redebeiträgen stellten die Flüchtlinge das Leben in der Flüchtlingsunterkunft aus ihrer Sicht dar. Immer wieder hieß es, das Leben im Lager sei unmenschlich. „In unseren Heimatländern haben wir Krieg und Diktatur erlebt, nun müssen wir wieder unter katastrophalen Bedingungen leben“, sagte ein syrischer Familienvater. Weitere Kritikpunkte betrafen die hygienischen Bedingungen, die Behandlung der Bewohner durch das Sicherheitspersonal im Lager und die Enge der Unterbringung: Sechsköpfige Familien müssten sich einen Raum von 12 Quadratmetern teilen, berichtete einer der Flüchtlinge.
Der Soziologe Martin Dolzer hat die Zentrale Erstaufnahme vor zwei Wochen besucht. „Das Essen ist schlecht, es ist dreckig, die Toiletten können schon mittags nicht mehr benutzt werden“, sagt er. Eine zentrale Unterbringung von Flüchtlingen in einer Größenordnung wie der Schnackenburgallee hält Dolzer für das falsche Konzept: „Das ist keine langfristige Lösung. Dezentrale Unterbringungen sind kostengünstiger und getthoisieren die Menschen nicht – das ist ein humanes Konzept, das auch in Hamburg verstärkt umgesetzt werden sollte“. Der Senat erklärt die Überfüllung der Flüchtlingsunterkünfte mit dem Mangel an Wohnraum. Dieses Argument lässt Dolzer nicht gelten: „Es gibt in Hamburg massiven Leerstand, insbesondere Büroräme stehen jahrelang leer – hier sollte die Politik eingreifen und diese Räume nutzbar machen.“
Den ganzen Bericht von Martin Dolzer über die Lebensbedingungen in der Unterkunft Schnackenburgallee gibt es hier zum Nachhören:
Auch in Hamburg-Mitte werden derzeit rund 2000 Flüchtlinge untergebracht, die in zentralen Erstaufnahmestellen oder Folgeunterkünften im Bezirk verteilt leben. In den folgenden Monaten sollen neue Unterkünfte entstehen – wo diese neuen Standorte liegen, erfahrt ihr in unserer Faktenübersicht zum Thema Flüchtlingsunterkünfte in Hamburg.
Fotos: Henry Lührs
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