Rollerderby ist auf dem Vormarsch: Nicht nur in den USA, auch in Europa erfreut sich die rasante Sportart immer größerer Beliebtheit. Diese Faszination wird im Film mit feministischen Untertönen in Szene gesetzt, die sich am Ende leider in neuen Rollenmustern verlieren.
Wer noch nie etwas von Rollerderby gehört hat, findet mit der Dokumentation „Derby Crazy Love“, die während der Lesbisch Schwulen Filmtage gezeigt wurde, den perfekten Einstieg in die schillernde Welt dieser faszinierenden Sportart. Die Kamera folgt den „New Skids on the Block“ in Montreal auf dem Weg zu den regionalen Meisterschaften. Dabei beschränkt sich der Blick der Filmemacher nicht alleine auf die rasante Action auf dem Spielfeld, sondern schafft auch eine persönliche Nähe zu den Spielerinnen. Nach und nach wird so klar, was den besonderen Reiz der fast ausschließlich von Frauen betriebenen Sportart ausmacht – und warum die Mischung aus Rugby und Rollschuhlaufen auch ein feministisches Statement ist.
„Das ist unser Sport“
Die Filmemacher arbeiten ohne einen eigenen Kommentar der Szenen, die von Training, Spielen und Privatleben der Spielerinnen erzählen. Stattdessen kommen Spielerinnen von Teams aus Kanada, den USA und England zu Wort und erläutern in Interviews oder aus dem Off ihren Weg zum Rollerderby. Besonders bemerkenswert ist dabei die emotionale Nähe, die zwischen dem Publikum und einigen der Protagonistinnen entsteht. Schnell wird deutlich, dass der Sport für die Frauen mehr als ein Hobby ist.
Hartes Training und voller Körpereinsatz sind für die Spielerinnen selbstverständlich. Das komplette Teammanagement, die Spiele und andere Aufgaben werden in Eigenregie organisiert. Die Rollerderby-Szene ist daher auch über Grenzen und Kontinente wie eine kleine Familie – Spielerinnen, die wegen einer Verletzung pausieren müssen, fühlen sich schnell eines wichtigen Teils ihres Lebens beraubt.
In den Erzählungen der Rollerderby-Frauen schwingen aber auch immer wieder feministische Untertöne mit. Rollerderby ist hier eine Abkehr von dem üblichen Rollenmodell der schwachen Frau, die froh sein darf, auch Männersportarten ausüben zu dürfen. Beim Rollerderby sei das anders: „Das ist unser Sport“, sagt eine der Spielerinnen. Frauen könnten hier stark und selbstbewusst so auftreten wie sie wirklich sind. Zudem sei Rollerderby keine Kopie einer Männersportart, sondern werde von Anfang an aktiv von Frauen gestaltet.
Schade ist dabei aber, dass die Filmemacher so unhinterfragt neue Rollenmodelle erzeugen, die ebenfalls nicht von allen Frauen unkritisch gesehen werden dürften. Auf der anderen Seite setzt der Film aber ein starkes Zeichen dafür, dass Homosexualität im Sport Normalität sein sollte: Lesbische Spielerinnen spielen zwar eine Rolle, werden jedoch nicht explizit hervorgehoben. Sie gehören einfach dazu.
Rollerderby live in Hamburg
Die spannende Erzählweise und die zahlreichen Hintergründe über die Entstehung von Rollerderby machen den Film nicht nur für Fans der Sportart sehenswert. Eine große Frage kann die Dokumentation aber nicht beantworten: Wird Rollerderby durch zunehmende Professionalisierung seinen jetzigen Charme verlieren und zur Massenware werden? Einen Blick in die Kristallkugel wirft der Film also nicht, macht aber definitiv Lust auf Rollerderby.
Wer das Rollschuhspektakel live und garantiert im Original-Charme erleben will hat dazu gleich in der kommenden Woche die Gelegenheit: Hamburgs Rollerderby-Team, die Harbor Girls, stürzen sich am 25. Oktober wieder auf den Track. Selbstverständlich war das Team im Passage Kino anwesend und präsentierte dem Publikum „Derby Crazy Love“ – inklusive Applaus an der ein oder anderen Stelle im Film. Details zum nächsten Heimspiel lest ihr natürlich auf Mittendrin
Unsere Filmtipps für Samstag:
Alex und Ali, 15:15 Uhr, Passage Kino
Gerontophilia, 17:30 Uhr, Metropolis
Lilting, 20:00 Uhr, Metropolis
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