Stadtgespräch

Trouble Orchestra: Melancholie und Euphorie verbinden

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Tobias Johanning
@tobiasjohanning

Redakteur | E-Mail: johanning@hh-mittendrin.de

Die Indie-Hip-Hop-Band Trouble Orchestra bringt ihr erstes Album „Heiter“ am 16. Mai auf den Markt. Mittendrin hat mit ihnen über melancholische Euphorie, die ungelöste Flüchtlingsproblematik in Hamburg und zwei Wochen in Leipzig gesprochen.

Zwei Wochen vor dem Releasestart lädt das Label Audiolith zum Interviewtag mit Trouble Orchestra zu sich ins Büro ein. In der Küche des Labels sitzen die sechs Jungs der Band und machen ein Interview nach dem nächsten. Noch mit Fritz-Kola, später am Tag dann auch schon mit einem Bier in der Hand.

Mittendrin: Ihr habt alle schon selber Musik gemacht. Wie kam es dazu, dass sich die Band Trouble Orchestra entwickelt hat?

Trouble Orchestra: Als erstes bin ich als Johnny Mauser dabei gewesen, ich habe alleine Musik gemacht, dazu sind dann Skar am Schlagzeug und Kralle am Bass gekommen. Sie haben mich auf der Bühne mit ihren Instrumenten bei den vorhandenen Beats unterstützt. Nach und nach sind dann die anderen auch dazu gestoßen. Wir hatten aber bis dahin nur Cover-Songs gemacht, das war aber irgendwann zu unbefriedigend. Wir sind als Freunde so zusammen gewachsen und haben schließlich eigene Songs geschrieben. Das war eigentlich nie so geplant. Dabei ist jetzt etwas ganz anderes entstanden, es hat nichts mehr mit Johnny Mauser zu tun.

Ab wann kann man Euer Album live erleben?

Trouble Orchestra: Mit Livegesang und Liveinstrumenten machen wir eine Releaseshow am 16. Mai in Berlin und dann einen Tag später im Knust in Hamburg.

Es ist Euer erstes Album. Mit wievielen Leuten rechnet man dann bei der ersten Show?

Trouble Orchestra: 1430! Etwa! Wir wollen in einem kleinen sehr gemütlichen Rahmen anfangen. Aber das Knust müssen wir natürlich erst einmal voll bekommen, es ist noch eine experimentelle Phase bei uns. Wir müssen auch selbst alle Strippen ziehen, die Leute dafür mobilisieren, Flyer verteilen.

Ihr müsst vieles also noch selber organisieren?

Trouble Orchestra: Wir wollen noch viel selber machen, weil wenn ich die Band nicht kennen würde und die bringt ihr erstes Album raus, was für Gründe hätte ich da auf die Releaseshow zu gehen? Außer, dass jetzt schon ein ziemlich cooler Song draußen ist mit einem coolen Video. (Lachen)

Werden die Liveauftritte anderes klingen als die Songs auf der Platte?

Trouble Orchestra: Es sollte eigentlich nicht anders klingen. Wir haben uns bei der Produktion der Platte dafür entschieden, dass die Instrumente auch wirklich noch nach Instrumenten klingen sollen. Dennoch haben wir uns nicht gesträubt noch zweite Stimmen oder eine Gitarre einszuspielen, aber auch so, dass man das live nicht unbedingt mitbekommt.

Was steht nach den Releaseshows an?

Trouble Orchestra: Über den Sommer haben wir einzelne Termine, auch auf Festivals. 2014 noch die kleineren und dann 2015 natürlich die größeren. Ab Oktober spielen wir dann auch eine zusammenhängende Tour.

Letztes Jahr habt ihr unter anderem schon die Single „Staub der Straßen“ herausgebracht. Wie lange arbeitet Ihr jetzt schon an diesem Album?

Trouble Orchestra: Ein Jahr etwa sitzen wir schon dran und dann noch zwei Wochen im Studio in Leipzig, um es aufzunehmen.

Warum gerade Leipzig?

Trouble Orchestra: Coole Leute, gutes Studio. Das sind sehr gute Freunde von uns, die uns schon früher begleitet haben. Sie haben ein tolles Verständnis dafür, wie wir klingen wollen. Es ist auch gut, das so abgeschieden aufzunehmen und nicht zum Beispiel in Hamburg. Man hat eben nicht die Gelegenheit nach Hause zu gehen, sondern muss sich wirklich 14 Tage intensiv mit der Musik beschäftigen.

14 Tage habt ihr Euch in Leipzig eingesperrt?

Trouble Orchestra: Ja, haben dann auch im Studio gepennt und sind eigentlich auch kaum aus dem Studio raus gekommen.

Wie würdet Ihr selber Eure Musikrichtung beschreiben?

Trouble Orchestra: Die Musik ist etwas ganz anderes als Zecken-Rap, was es vorher eher schon war. Es trifft ganz andere musikalische und emotionale Facetten. Wir haben nicht bewusst gesagt ‚Wir hören jetzt auf, ganz krass politische Parolen in die Musik einzubauen“, das ist einfach so passiert. Wenn man sich immer wieder trifft, dann entsteht bei sechs kreativen Köpfen natürlich etwas. (Lachen) Wir behaupten schon, dass wir etwas eigenständiges und neues sind.

Ihr meintet vor einem Jahr, Eure Musik sei intensiv und euphorisch. Stimmt das immer noch?

Trouble Orchestra: Wir sagen euphorisch und melancholisch gerne in einem Satz. Das merkt man auch in der Musik. So heißt ja unser Albumtitel „Heiter“, normalerweise würde man ja bei heiter eher an eine positive, euphorische Stimmung denken, trotzdem ist das bei uns eher noch mit einem ruhigen Schleier verhangen. Das ist die Verarschung des eindeutig Fröhlichens. Das hört man bei eher politisch kritischeren Songs genauso, wie bei eher persönlicheren raus. Man kann aber ja auch in der Melancholie Euphorie entwickeln.

Braucht Ihr das Melancholische?

Trouble Orchestra: (nicken) Ja, es ist ziemlich klar, dass man das braucht. Einmal um einen Kontrast aufzubauen und weil man es erlebt, ohne dass man jetzt total depressiv und frustriert ist. Es ist ein Weg, mit seiner Melancholie umzugehen. Dadurch rücken auch die gute-Laune-Songs wieder weiter nach vorne. Hip-Hop ist ja seit kurzem nicht mehr nur „auf dicke Hose machen“ und wir machen das mit den Instrumenten dann noch in einer anderen Richtung.

Eure Songs beschäftigen sich aber nicht nur mit Melancholie sondern auch mit politischen Themen.

Trouble Orchestra: Wir haben auch Songs, die sich mit „Danger-Zones“ und Flüchtlingen beschäftigen. Wir wollen nicht nur als Emo-Band wahrgenommen werden, die auf gute Laune macht, sondern auch wenn es verschleiert ist, sind wir eine Band, die einen politischen Anspruch hat.

Ihr habt das Gefahrengebiet angesprochen…

Trouble Orchestra: Wir haben einen Song, wo wir es direkt kritisieren und die ganze Repressions-Scheiße ansprechen. Wir wohnen auch alle im ehemaligen Gefahrengebiet. Es ist eben auch eine Sache, dass wir neben der Musik auch politisch aktiv sind und uns da auf anderen Ebene einbringen.

Auch in Bezug auf die Lampedusa-Flüchtlinge habt Ihr einen Song geschrieben…

Trouble Orchestra: Das Flüchtlingsthema ist ein ganz wichtiges, das gelöst werden muss. Welches mit dem Zuspruch des Bleiberechts gehen würde. Wir haben direkt auch einen Song, gewagter Weise, aus der Sicht eines Flüchtlings. Wo wir auf eine emotionale Art und Weise auf das Thema Angst aufmerksam machen. Es ist wichtig, dies mit der Musik zu versuchen – was aber auch zu gewagt sein könnte und scheitern könnte. Aber sind eben immer noch schwelende Konflikte, die nicht politisch gelöst wurden.

 

Interview und Foto: Tobias Johanning 

 

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