Mehr als 15.000 Besucher, ein abwechslungsreiches Programm und ein außergewöhnlicher Veranstaltungsort – das war das Elbjazz-Festival 2014.
Musik erklingt am Freitag aus der alten Maschinenhalle auf dem Gelände von Blohm und Voss. Davor sitzen Menschen, die Elbcidre, Bier oder Wein trinken. Sie essen, rauchen und lauschen der Musik. Es erklingen klassische Jazztöne alleine oder gemischt mit Electro, Rock, Punk und Folk. Leise Töne wechseln sich mit lauten ab, sanfte Stimmen mit rauen. Zwischendurch stimmt schräg und röhrend die Queen Elizabeth aus Dock Elbe 17 mit ein, die dort gerade repariert wird.
Während die Fenster des Schiffes stundenlang gesäubert werden, spricht und singt der afrikanische Sänger Hugh Masekela auf der Hauptbühne über Adam und Eva, über Zäune, die als Grenzen zwischen Menschen aufgebaut werden und über den „Coal train“, der afrikanische Männer zur Minenarbeit nach Johannisburg bringt, damit sie dort für wenig Geld arbeiten. Während er das Geräusch einer fahrenden Eisenbahn nachmacht, tutet Queen Elizabeth nochmals mit. Passt irgendwie, ist lustig, aber unpassend zum Inhalt der Lieder. Was Masakela singt, regt zum Nachdenken an und macht trotz jazziger Musik fast schon traurig. „Der Mann geht ab wie eine Rakete, zum Niederknien“, so der 64-jährige Elbjazz-Besucher Rolf J., der begeistert von dem Festival ist. Auch Renate W. (65) ist eigentlich keine Freundin des Jazz und ist trotzdem angetan von der Vielzahl der Bands, dem Veranstaltungsort und der Atmosphäre. An den zwei Tagen gibt es insgesamt 45 Konzerte, außerdem ein Rahmenprogramm mit Filmen im Savoy-Kino in St. Georg oder Poetry Slams beim Unilever-Gebäude.
„Heulboje mit Friedhofscharacter“
Bekannte Musiker spielen auf den Bühnen bei Blohm und Voss, während sich am Hafen auf der anderen Seite der Elbe die unbekannten Newcomer und Underdogs tummeln. Doch nicht jeder groß angekündigte Star kommt bei den Besuchern gut an. Die norwegische Sängerin Rebekka Bakken wird von Jens K. aus Leipzig als „Heulboje mit Friedhofscharacter“ beschrieben. Enttäuscht sei er von ihr gewesen.
„Girls in Airports“ bei Regen
Am Samstag scheint die Sonne, die Kleidung der Besucher ist kürzer und bunter geworden, außerdem sind viele junge Menschen dabei. Vor allem gegen Abend, als bunte Lichter die Wände der Fabrikhallen anstrahlen und die Scheinwerfer die Bühnen in blaues oder rotes Licht hüllen, sind die unterschiedlichen Veranstaltungsorte gefüllt. Ulita Knaus sorgt bei Blohm und Voss für eine volle Halle, Pink Freud überrascht mit ihrer abwechslungsreichen Musikmischung und enormer Bühnenpräsenz. Das Publikum hüpft mit, vor allen Dingen in den vorderen Reihen wird mitgesungen.
Trotz Unwetterwarnung am Samstagabend bleiben viele Besucher auf dem Festivalgelände. Sie quetschen sich zusammen unter die wenigen Unterstellmöglichkeiten, teilen sich mit Fremden einen Regenschirm oder lassen sich einfach mal berieseln. Gemeinsam wippt man dicht an dicht zu der Musik von Girls in Airports. Während diese voriges Jahr noch im kleinen Golem auftraten, lassen die Männer mit Saxophon, Fender-Rhodes und Percussion das Publikum in diesem Jahr durch ihre Klangkompositionen den Regen vergessen.
Nachdem das Unwetter vorüber ist, füllt sich das Festivalgelände gegen 23 Uhr wieder. Denn viele wollen den hoch gelobten Sänger Gregory Porter hören. Porter fängt das Publikum mit seiner Bühnenpräsenz, seiner Publikumsnähe und seiner kraftvollen, klaren Stimme ein. Das Publikum singt und tanzt ausgelassen mit, die Queen Elizabeth tutet erneut. Die Stimmung scheint nach dem Regen noch besser als zuvor.
„Bejazzt“
Im vergangenen Jahr wurde von vielen BesucherInnen bemängelt, dass zu wenig „klassischer Jazz“ auf dem Festival gespielt wurde. „Was ist überhaupt Jazz?“, fragt Waldemar B. daraufhin lachend. „Also ich fühle mich ziemlich bejazzt und ziemlich gut“.
Fotos: Bernd Willeke
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